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DIE DARSTELLUNG DER „VATERKINDBEZIEHUNG“ IN ZWEI KURZGESCHICHTEN „DIE KIRSCHEN“ VON WOLFGANG BORCHERT UND „CHIẾC LƯỢC NGÀ“ VON NGUYỄN QUANG SÁNG

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FREMDSPRACHENHOCHSCHULE DER NATIONALUNIVERSITÄT HANOI
FAKULTÄT FÜR DEUTSCHE SPRACHE UND KULTUR
*******************************

Bachelorarbeit
DIE DARSTELLUNG DER „VATER-KIND-BEZIEHUNG“
IN ZWEI KURZGESCHICHTEN
„DIE KIRSCHEN“ VON WOLFGANG BORCHERT UND
„CHIẾC LƯỢC NGÀ“ VON NGUYỄN QUANG SÁNG

Name: Nguyen Anh Van
Geburtsdatum: 14.10.2000
Jahrgang: QH.2018
Betreuerin: MA. Le Hong Van

HANOI – 05.2022


TRƯỜNG ĐẠI HỌC NGOẠI NGỮ - ĐẠI HỌC QUỐC GIA HÀ NỘI
KHOA NGƠN NGỮ VÀ VĂN HĨA ĐỨC

*******************************

KHĨA LUẬN TỐT NGHIỆP

KHẮC HỌA “MỐI QUAN HỆ CHA-CON”
TRONG HAI TRUYỆN NGẮN
“DIE KIRSCHEN” CỦA WOLFGANG BORCHERT VÀ
“CHIẾC LƯỢC NGÀ” CỦA NGUYỄN QUANG SÁNG

Họ và tên:



Nguyễn Ánh Vân

Ngày sinh:

14.10.2000

Khóa:

QH.2018

Giáo viên hướng dẫn:

ThS. Lê Hồng Vân

HÀ NỘI – THÁNG 05, 2022


Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und nur unter
Zuhilfenahme der im Literaturverzeichnis genannten Werke anfertigt habe. Sämtliche
Stellen der Arbeit, die im Wortlaut oder dem Sinn nach anderen gedruckten oder im
Internet verfügbaren Werken entnommen sind, habe ich durch genaue Quellenangaben
kenntlich gemacht.

_____________________

_____________________

Ort, Datum


Unterschrift


Danksagung
Mit dieser Seite möchte ich mich bei allen Personen bedanken, die auf unterschiedliche
Art und Weise zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.
Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Betreuerin Frau MA. Lê Hồng Vân für ihre
hilfreichen und wertvollen Ratschläge und Ermutigungen. Sie hat mir viel Inspiration
für mein Interesse für die Literatur und die Motivation beim Schreiben der Arbeit
gegeben. Ohne ihre Unterstützung hätte ich diese Bachelorarbeit nicht fertig stellen
können.
Ich bedanke mich nachdrücklich bei Herrn Alex Nguyễn Thành für seine Vorschläge
und sprachliche Korrektur meiner Arbeit.
Des Weiteren möchte ich mich bei den Dozentinnen und Dozenten an der Deutschen
Abteilung bedanken, die mir ein Austauschsemester an der Universität Greifswald
gegeben haben, damit ich viele wertvolle Materialien für diese Arbeit suchen kann.
Mein nächster Dank gilt meiner Schwester Phương Uyên, die mich bei der Suche nach
Materialien für meine Arbeit unterstützt und mich sehr ermutigt hat.
Ich möchte meinen drei besten Freundinnen Ngân, Nhung und Thắm dafür danken,
dass sie in der schwierigen Zeiten immer zur Stelle sind und mir so sehr helfen.
Abschließend möchte ich mich bei meinen Eltern und meiner jüngeren Schwester
bedanken, die mich beim Studium immer unterstützt und mir viel Kraft gegeben haben.


Inhaltsangabe

1. Einleitung ................................................................................................................... 1
2. Theoretische Grundlagen ....................................................................................... 2
2.1. Zum Begriff „Kurzgeschichte“ .......................................................................... 2

2.1.1. Definition ........................................................................................................ 2
2.1.2. Entstehung und Entwicklung des Genres ....................................................... 3
2.1.3. Textsortenspezifische Merkmale .................................................................... 8
2.2.

Charakteristika der Trümmerliteratur und Wolfgang Borchert ............. 12

2.2.1. Historische Hintergründe .............................................................................. 12
2.2.2. Stil und Thematik ......................................................................................... 13
2.2.3. Ein Überblick über das Leben und Werk Wolfgang Borcherts .................... 14
2.3. Die vietnamesische Kriegsliteratur im 20. Jahrhundert und Nguyễn Quang
Sáng ........................................................................................................................... 16
2.3.1. Historische Hintergründe .............................................................................. 16
2.3.2. Stil und Thematik ......................................................................................... 17
2.3.3. Ein Überblick über das Leben und Werk Nguyễn Quang Sángs ................. 18
3. Praktische Untersuchung ........................................................................................ 22
3.1. Inhaltsangabe..................................................................................................... 22
3.1.1. Die Kirschen (1947) ..................................................................................... 22
3.1.2. Chiếc lược ngà (1966) .................................................................................. 22
3.2. Die Vater-Kind-Beziehung in der Kurzgeschichte „Die Kirschen“ von
Wolfgang Borchert ................................................................................................... 23


3.2.1. Die Figur „der Vater“ ................................................................................... 23
3.2.2. Die Figur „Der Sohn“ ................................................................................... 26
3.2.3. Das Missverständnis zwischen dem Vater und dem Sohn ........................... 29
3.3.

Die Vater-Kind-Beziehung in der Kurzgeschichte „Chiếc lược ngà“ von


Nguyễn Quang Sáng ................................................................................................. 31
3.3.1.

Die Figur „Herr Sáu“ – der Vater ............................................................. 31

3.3.2.

Die Figur „Thu“ – die Tochter .................................................................. 34

3.3.3.

Das Missverständnis zwischen dem Vater und der Tochter ..................... 38

3.4

Forschungsergebnisse .................................................................................... 41

3.4.1. Die Väter ....................................................................................................... 41
3.4.2.

Die Kinder ................................................................................................. 41

3.4.3.

Stilistische Merkmale ................................................................................ 42

4. Fazit und Ausblick ................................................................................................ 45
LITERATURVERZEICHNIS
ANHANG



1. Einleitung
1.1. Themenwahl
Bisher war Familienliebe immer ein wertvolles Thema, von dem sich viele Autoren
sowohl in Vietnam als auch auf der ganzen Welt in ihren Werken inspirieren lassen.
Beispielhaft hierfür sind die beiden französischen Romane Sans Famille (Heimatlos)
und En Famille (Ein Mädchen findet heim) von Hector Malot, die deutsche
Kurzgeschichte Das Holz für morgen von Wolfgang Borchert, die dänische Märchen
Historien om en moder (Die Geschichte von einer Mutter) von Hans-Christian
Andersen, das vietnamesische Gedicht Bếp lửa (Der Holzofen) von Bằng Việt usw.
Unter den Werken zum Thema Familie nehmen die Werke zur Vaterschaft im
Vergleich zur Mutterschaft oft eine geringere Zahl ein. Dies hat in mir meine Neugier
geweckt, mehr über Werke zur Vaterschaft in der deutschen und vietnamesischen
Literatur zu erfahren. Ich frage mich, ob es in diesen beiden Literaturen Werke gibt, die
Ähnlichkeiten bei der Darstellung der Vater-Kind-Beziehung aufweisen. Ich habe
versucht, mehr darüber zu finden, aber gibt es leider bisher keine Forschungsarbeit
über

den

Vergleich

dieser

Vater-Kind-Beziehung

in

der


deutschen

bzw.

vietnamesischen Literatur. Daher habe ich mich entschieden, einen kontrastiven
Vergleich der Vater-Kind-Beziehung durch die Analyse beider Kurzgeschichten Die
Kirschen von Wolfgang Borchert und Chiếc lược ngà von Nguyễn Quang Sáng für
meine Bachelorarbeit anzustellen.
1.2. Forschungsgegenstand, Forschungsfrage und Forschungsmethoden
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Darstellung der Vater-Kind-Beziehung
in zwei Kurzgeschichten „Die Kirschen“ von Wolfgang Borchert und „Chiếc lược ngà“
von Nguyễn Quang Sáng”, um eine Frage zu beantworten, welche Gemeinsamkeiten
und Unterschiede in der Darstellung der „Vater-Kind-Beziehung“ bestehen.
Um die oben genannte Frage zu beantworten, kommen Analysieren, Interpretation und
Vergleichen hauptsächlich in meiner Arbeit zum Einsatz. In der praktischen
Untersuchung werde ich die Hauptfiguren durch ihre äußere Handlung, d.h. das

1


äußerlich sichtbare Tun und innere Handlungen, also die Gedanken und Gefühle der
Figuren, charakterisieren. Basierend auf der Ursache, der Entwicklung, der Lösung und
der Folge werde ich das Missverständnis in der Vater-Kind-Beziehung analysieren.
Schließlich

werde

ich

die


vergleichende

Methode

verwenden,

um

die

Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung der Vater-Kind-Beziehung zu
bestimmen, insbesondere die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der zwei Väter, der
Kinder und der stilistischen Merkmalen in beider Kurzgeschichten.
1.3. Zielsetzung der Arbeit
Meine Bachelorarbeit hat drei Ziele. Zunächst beschreibt meine Arbeit die historischen
Hintergründe kontrastiv bzw. kontextualisiert die Kurzgeschichten. Das zweite Ziel
ist, die textsortenspezifischen Merkmale in den beiden Kurzgeschichten zu
identifizieren und miteinander zu vergleichen. Schließlich zeigt die Arbeit die
Charakterisierung der Figuren und die Analyse der entstandenen Missverständnissen
und vergleicht die Darstellung der Vater-Kind-Beziehung in beiden Kurzgeschichten.
1.4. Aufbau der Arbeit
Ich habe meine Bachelorarbeit in vier Teile gegliedert. Zuerst kommt die Einleitung.
Im zweiten Teil wird die Gattung “Kurzgeschichte” dargestellt. In diesem Teil finden
sich die Trümmerliteratur und der Autor Wolfgang Borchert bzw. die vietnamesische
Kriegsliteratur im 20. Jahrhundert und der Autor Nguyễn Quang Sáng. Die
Inhaltsangaben der beiden Kurzgeschichten werden im nächsten Kapitel beschreibt.
Daneben

werden


die

ausgewählten

Kurzgeschichten

basierend

auf

der

Charakterisierung sowie den Missverständnissen analysiert, interpretiert und
miteinander verglichen. Meine Arbeit endet mit einem Fazit und dem Ausblick für die
Zukunft.
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Zum Begriff „Kurzgeschichte“
2.1.1. Definition
Neben der Fabel, dem Märchen und der Legende ist die Kurzgeschichte eine Kleinform
der Epik. Bereits 1886 bezeichnet der Begriff „short story“ die Werke einer Generation
2


amerikanischer Schriftsteller um 1850 wie z.B. Edgar Allan Poe, Nathaniel Hawthorne
u.a.(vgl. Meyer 2014: 15). Das Wort „Kurzgeschichte“ ist eine Lehnübersetzung, die
erst nach 1945 populär wurde. Im Buch Die deutsche Kurzgeschichte (2005) schreibt
Marx:
„Das Wort ›Kurzgeschichte‹ geht auf eine Lehnübersetzung aus dem
angloamerikanischen short story = ›kurze Geschichte‹ zurück, deckt sich mit der

englischen Bezeichnung aber nur teilweise, da short story auch längere Erzählungen
wie die Novelle umfasst.“ (Marx 2005: 1)

Gegenstände der Kurzgeschichte sind häufig die Ereignisse und Zustände aus dem
Alltagsleben. (vgl. ebd.: 57)
„Kurzgeschichte“ ist auf Vietnamesisch „truyện ngắn“, was auch eine Übersetzung der
„short story“ auf Englisch ist (vgl. Bùi Việt Thắng 2007: 9). Im vietnamesischen
literarischen Wörterbuch Từ điển Văn học definiert Bùi Việt Thắng die
Kurzgeschichte:
„Hình thức tự sự loại nhỏ. Truyện ngắn khác với truyện vừa ở dung lượng nhỏ hơn,
tập trung mổ tả một mảnh cuộc sống: một biến cố hay một vài biến cố xảy ra trong một
giai đoạn nào đó của đời sống nhân vật, biểu hiện một mặt nào đó của tính cách nhân
vật, thể hiện một khía cạnh nào đó của vấn đề xã hội.“(Bùi Việt Thắng 2007: 26) (Die
Kurzgeschichte wird als eine kurze Erzählform in Prosa definiert. Die Kurzgeschichte
unterscheidet sich von der Gattung Novelle der Prosa dadurch, dass sie einen kleinen
Umfang hat und sich oft darauf konzentriert, die kleinen Momente des Lebens, einige
Lebensereignisse, Eigenschaften der Figuren oder einen Aspekt eines Problems zu
darstellen.)

Somit kann man sehen, dass die Definition von „Kurzgeschichte“ sowohl in
Deutschland als auch in Vietnam ein paar Gemeinsamkeiten aufweist: die Übersetzung
der „short story“ auf Englisch, der kleine Umfang und die Ereignisse und die Zustände
aus dem Alltagsleben als die Gegenstände.
2.1.2. Entstehung und Entwicklung des Genres


Entstehung und Entwicklung der deutschen Kurzgeschichte

Im späten 19. Jahrhundert wurde die amerikanische short story zur „Lieblingsform
deutscher Erzähler“ (Marx 2005: 92). Die amerikanischen Kurzgeschichten wurden

übersetzt und in vielen deutschen Zeitungen veröffentlicht und erhielten viel
3


Aufmerksamkeit von den Deutschen (vgl. ebd.: 92f). Am Anfang des 20. Jahrhunderts
versuchten die meisten jungen deutschen Schriftsteller, Kurzgeschichten zu schreiben.
Diese Gattung entwickelte sich im Anschluss an die US-amerikanische short story
nach dem Vorbild von Ernest Hemingways (1899-1961) und Edgar Allan Poe (18091849). Außerdem galten die Kurzgeschichten europäischer Schriftsteller mit
internationalem Einfluss wie z.B. Guy de Maupassant (1850-1893) und Anton Cechov
(1860-1904) damals auch als Vorbild deutscher Kurzgeschichten (vgl. ebd.: 93f, 97;
Lahn 2016: 64f). In den 1920er Jahren wurden weiterhin deutsche Kurzgeschichten
verfasst und durch Preisausschreiben gefördert. Auch die Nachfrage nach deutschen
Kurzgeschichten in Zeitungen war groß. Trotzdem gab es Klagen von Lesern über den
Mangel an guten Kurzgeschichten deutscher Autoren und sogar eine scharfe Polemik
gegen die Kurzgeschichten, insbesondere gegen die amerikanischen Kurzgeschichten
(vgl. Marx 2005: 101f). 1934 nahmen die Klagen der Leser zu und gleichzeitig ging
die Zahl der deutschen Kurzgeschichten stark zurück. Außerdem durften wegen des
Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs die „Feindliteratur“ nicht mehr erscheinen und auch
ihre Übersetzungen wurden verboten (vgl. ebd.: 103ff). Deutsche Kurzgeschichten
waren zu dieser Zeit besonders von der nationalsozialistischen Literaturpolitik
beeinflusst und wurden in zwei Kategorien eingeteilt: „einmal die Hitlerjugend-,
Arbeitsdienst- und SA-Kurzgeschichte1 sodann die historische, die Kriegs- und
Soldaten-Kurzgeschichte“ (ebd.: 107). Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs
spielten die Erneuerung der Gattung Kurzgeschichte, insbesondere der amerikanischen
Kurzgeschichte, eine entscheidende Rolle in der Entwicklung der deutschen
Kurzgeschichte (vgl. ebd.: 114). Kurzgeschichten in der Zeit von 1945 bis 1950 waren
ziemlich entwickelt und hatten eine besondere Position innerhalb der deutschen
Literatur. Sie erschienen nicht nur in einer Vielzahl durch Zeitungen, sondern auch in
vielen Kurzgeschichtensammlungen der deutschen Autoren. Die bedeutenden Vertreter
dieser Zeit sind Gruppe 47, Heinrich Böll (1917-1985), Wolfgang Borchert (19211


Die Kurzgeschichte über die Sturmabteilung im Dritten Reich

4


1947),

Elisabeth

Langgässer

(1899-1950)

u.a.

Die

zentralen

Themen

der

Kurzgeschichten waren damals Nationalsozialismus, Widerstand, Judenverfolgung,
Krieg, Heimkehrerprobleme und Weltanschauungskonflikte in den Jahren nach 1945
(vgl. ebd.: 129f). In dieser Zeit wurde auch die Kurzgeschichte Die Kirschen von
Wolfgang Borchert über ein Missverständnis zwischen Vater und Sohn inmitten von
Hungersnot und Misstrauen nach dem Krieg verfasst. Am Ende der 1950er Jahren
entstand eine andere Generation von Kurzgeschichtenautor/innen. Die Kurzgeschichten

von diesen berühmten und neuen Autoren wie z. B. Herbert Eisenreich (1925-1986),
Siegfried Lenz (1926-2014), Josef Reding (1929) u.a. zeigen, wie die Trümmer
aussehen, „indem sie Einblicke in eine Gesellschaft gaben, in der Wohlstand und
einseitiger Fortschritt überbewertet wurden, die es versäumte, sich ihrer jüngsten
Vergangenheit zu stellen und stattdessen versuchte, diese unbewältigt hinter einer
Fassade von wirtschaftlichem Aufschwung und trügerischer Harmonie zu verdrängen“
(ebd.: 148f). Um die Mitte der 1960er Jahre gab es einen deutliche „Zäsur in der
Entwicklung“ der Kurzgeschichte: eine Abkehr von dieser Gattung. Nicht nur die
neuen Autoren, sondern auch die Schriftsteller, die nach 1945 oder am Anfang der
1950er Jahren mit dem Schreiben von Kurzgeschichten begannen, wie Böll und Lenz,
machten eine Pause vom Schreiben von Kurzgeschichten. Deshalb schrumpfte der
Raum für Kurzgeschichten in Tageszeitungen (vgl. ebd.: 150f). In den 1980er und
1990er Jahren wurden Kurzgeschichten jedoch in grưßerem Umfang durch
Wettbewerbe gefưrdert. Diese Wettbewerbe haben ein großes Interesse geweckt und
erreichten jedes Jahr eine verbreitete Anzahl von Lesern (vgl. ebd.: 159f). Der Grund
dafür ist eine offene Haltung gegenüber den eingereichten Kurzgeschichten. Aufgrund
der Verbreitung und Ausbreitung des Internets finden sich beim Übergang ins 21.
Jahrhundert auch immer mehr Kurzgeschichtensammlungen auf dem literarischen
Markt (vgl. ebd.: 164).


Entstehung und Entwicklung der vietnamesischen Kurzgeschichte

Aufgrund des tiefgreifenden Einflusses der westlichen Literatur erschien Anfang des
20. Jahrhunderts in Vietnam eine neue Kompositionsgruppe, meist zweisprachige
5


Intellektuelle. Aus dem Westen übersetzte Werke spielten eine immer wichtigere
Rolle, um den neuen literarischen Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden.

Viele Genres literarischer Werke wurden ins Vietnamesische übersetzt, wie z.B.
Theaterstücke, Gedichte, Romane oder Kurzgeschichten, insbesondere Maupassants
Kurzgeschichten (vgl. Trần Đình Sử 2021: 185f). Darüber hinaus hat das Erscheinen
von Kurzgeschichten in Nationalsprache von Phạm Duy Tốn (1883-1924), Nguyễn
Thái Học (1902-1930), Hồ Biểu Chánh (1884–1958) usw. zur Entwicklung der
vietnamesischen Kurzgeschichten im frühen 20. Jahrhundert beigetragen. Die meisten
dieser Werke wurden inspiriert und geschrieben nach dem Vorbild der Werke
westlicher Schriftsteller wie Guy de Maupassant (1850-1893), Victor Hugo (18021885), Hector Malot (1830-1907), Alphonse Daudet (1840-1897) u.a. (vgl. ebd.: 187).
Wenn die oben genannten vietnamesischen Autoren in den frühen Jahren des 20.
Jahrhunderts die Aussicht auf Kurzgeschichten geschaffen haben, hat Nguyễn Ái
Quốc2 in den 1920er Jahren dank seiner hervorragenden Kurzgeschichten in
Französisch dieser Gattung in Vietnam moderner, vielfältiger und künstlerischer
geholfen (vgl. Bùi Việt Thắng: 156ff). Von 1930 bis 1945 blühten vietnamesische
moderne Kurzgeschichten neben Romanen wirklich auf und erzielten in dieser Zeit
viele Erfolge mit den Beiträgen von Autoren wie Nguyễn Công Hoan (1903-1977),
Nam Cao (1917-1951), Thạch Lam (1910-1942), Kim Lân (1920-2007), Nguyễn Tn
(1910-1987), Tơ Hồi (1920-2014) u.a. (vgl. ebd.: 158). Die Themen der
Kurzgeschichte waren damals alltägliche Aspekte sowie das spirituelle Leben der
Menschen. Kurzgeschichten in dieser Phase zeigen auch deutlich die Kreativität der
Autoren, die das Alltagsleben als Stoff für neue Geschichten verwendeten.
Beispielsweise ist Thạch Lams Kurzgeschichte Hai đứa trẻ die Erinnerung an die
Kindheit des Autors. In dieser Kurzgeschichte sind die Figuren Thạch Lam selbst und
die Menschen um ihn herum oder die Szene in dieser Kurzgeschichte wird auch durch
seine Heimatstadt Cẩm Giàng nachgestellt (vgl. ebd.: 159f). Während dieser Zeit
beeinflussten
2

internationale

Kurzgeschichten


noch

Der Name von Hồ Chí Minh während seiner revolutionären Aktivitäten

6

die

vietnamesischen


Kurzgeschichten. Kurzgeschichten von Autoren in der Welt wie dem amerikanischen
Schriftsteller Edgar Allan Poe (1809-1849), dem russischen Schriftsteller Maxim
Gorky (1868-1936) oder Lu Xun (1881-1936), einem chinesischen Schriftsteller und
vieler anderer westlicher Autoren wurden in Vietnam übersetzt und gelesen (vgl. ebd.:
166). Der Sieg der Augustrevolution 1945 hat eine neue Literatur - Revolutionäre
Literatur geschaffen. Während des neunjährigen Widerstandskrieges gegen die
Franzosen entwickelten sich Kurzgeschichten weiter. Die berühmten Schriftsteller der
Vorperiode wie Nguyễn Công Hoan (1903-1977), Nam Cao (1917-1951), Kim Lân
(1920-2007), Tơ Hồi (1920-2014) usw. schrieben noch in der neuen Periode weiter.
Es entstand auch eine neue Generation von Schriftstellern, die mit dem Krieg
aufgewachsen waren, wie z.B. Trần Đăng (1921-1949), Nguyễn Đình Thi (1924-2003),
Đồn Giỏi (1925-1989) u.a. Obwohl die Kurzgeschichten nach der Revolution noch
einfach und nicht sehr vielfältig waren, gab es auch einige hervorragende
Kurzgeschichten wie Đôi mắt von Nam Cao, Vợ chồng A Phủ von Tơ Hồi und Vợ
nhặt von Kim Lân (vgl. Trần Đình Sử: 236). Diese Zeit war eine Übergangszeit und
die Vorbereitung für die Entwicklung einer neuen Phase von Kurzgeschichten (vgl. Bùi
Việt Thắng: 172). Kurzgeschichten im Zeitraum 1954-1975 mit unterschiedlichen
Themen und Stilen hatten neue Erfolge. Insbesondere entstand es in dieser Zeit die

Schriftsteller mit eigenen Schreibstilen wie Nguyễn Quang Sáng (1932-2014), Anh
Đức (1935-2014), Nguyễn Thành Long (1925-1991), Vũ Thị Thường (1930) usw (vgl.
Trần Đình Sử: 244). Die meisten Kurzgeschichten dieser Zeit haben eine gute und
dramatische Handlung und handeln von Momenten des Lebens und von Menschen
während des Krieges. Beispielsweise ist die Kurzgeschichte Chiếc lược ngà (1966)
eine berührende Geschichte über eine tiefe Vater-Kind-Liebe während der Kriegszeit.
Neben dem Rauch und dem Aergewưhnlichen des Krieges kamen auch Schưnheit
und Poesie als literarisches Material hinzu (vgl. Bùi Việt Thắng: 173). Kurzgeschichten
dieser Zeit waren eine solide Grundlage mit neuen Autoren mit ihrem eigenen
Schreibstil und unzähligen ausgezeichneten Werken, die diese Kurzgeschichten der
vorherigen Zeit nicht hatten (vgl. ebd.: 176). Nach der Wiedervereinigung des Landes
7


haben sich die Kurzgeschichten quantitativ und qualitativ stark entwickelt (vgl. ebd.:
176). Außerdem bringt die Innovation in den Kurzgeschichten auch viele Erfolge in
diesem Genre.
Das Genre der Kurzgeschichte sowohl in Deutschland als auch in Vietnam entstand
ungefähr zu Beginn des 20. Jahrhunderts und wurde von den Kurzgeschichten
westlicher Autoren wie z. B. Maupassant oder Poe inspiriert. Um 1945 befanden sich
die Kurzgeschichten in beiden Ländern in einer starken Entwicklungsphase und hatten
einige gemeinsame Themen wie den Krieg, den Widerstand oder das Leben der
Menschen in Kriegszeiten.
2.1.3. Textsortenspezifische Merkmale
Aufgrund von ziemlich ähnlichen Hintergründen weisen deutsche Kurzgeschichten und
vietnamesische Kurzgeschichten einige Ähnlichkeiten in Merkmalen auf, die in diesem
Teil präsentiert werden. Die Merkmale der Kurzgeschichte umfassen Kürze, Stoff und
Stil, Raum und Figuren, Titel, Anfang und Schluss, Zeit und Struktur.



Kürze

Die Kürze ist ein relationaler Begriff und keine objektiv messbare Grưße. Im Fall der
Literatur kann „kurz“ nicht genau bestimmt werden. Die Kürze in der Literatur ist ein
strukturelles Phänomen und hat eine Bedeutung in der Klassifizierung literarischer
Gattungen (vgl. Meyer 2014: 15). Laut Bui Viet Thang sollten wir die Kurzgeschichte
mit dem Roman vergleichen, um ihre Kürze besser zu verstehen: Während ein Roman
eine Großform der Epik ist, die einen Prozess beschreibt, ist eine Kurzgeschichte eine
Kleinform der Epik, die sich darauf konzentriert, ein Ergebnis, einen Wendepunkt oder
ein Problem zu beschreiben (vgl. Bùi Việt Thắng 2007: 61f).
Schon seit den frühen theoretischen Stellungnahmen zur deutschen Kurzgeschichte
wird sie auf etwa 250 bis 300, später auf 100 und weniger Druckzeilen gesetzt. Und
diese Kürze ändert sich auch mit der Zeit. Rohner zeigte in einer Forschung, dass
Kurzgeschichten zwischen 1945 und 1960 einen Durchschnittsumfang von 8 Seiten
hatten. Im 21. Jahrhundert gibt es viele Kurzgeschichten auf Internetseiten, die
meistens eine Länge von 2 bis 3 Seiten haben (vgl. Marx 2005: 56f).
8




Stoff und Stil

Laut Marx sind der Stoff der Kurzgeschichte alltägliche Lebensbedingungen,
Alltagskrisen und -konflikte. Die Menschen werden in alltäglichen Ereignissen und in
Lebensproblemen dargestellt (vgl. Marx 2005: 57f). Beim Schreiben von
Kurzgeschichten entstammt die Inspiration des Autors aus dem realistischen Leben,
täglichen Ereignissen und Problemen. Die Kurzgeschichte Paris, die erste
Kurzgeschichte von Nguyễn Ái Quốc, zeichnete beispielsweise die Szene des täglichen
Lebens rund um ihn in einer Gasse in Paris auf (vgl. Bùi Việt Thắng 2007: 156).

Da der Stoff der Kurzgeschichte aus dem alltäglichen Leben stammt, ist nicht nur ihre
Sprache einfach, alltäglich, unprätentiös, sondern ihre Worte sind banal mit
sinngerichteter und andeutender Funktion. In Kurzgeschichten wird dies oft im
untertreibendem Stil ausgedrückt, insbesondere in der Verkürzung und Verdichtung
des Dialogs. Der Ausdruck des Verhaltens der Figuren durch direkte Rede führt zwar
zu der Aussparung der Beschreibung, trägt jedoch dazu bei, eine Offenheit für den
Leser in der Visualisierung des Dargestellten zu schaffen (vgl. Marx 2005: 59).
Darüber

hinaus

werden

auch

einfache

Satzstrukturen

wie

z.B.

Parataxe,

konjunktionlose Fügungen oder verbloser elliptische Sätze verwendet (vgl. Marx 2005:
59). Beispielsweise ist die Kurzgeschichte Das Brot von Wolfgang Borchert eine
Parataxe in einfacher Sprache und mit einer Reihe kurzer Hauptsätze. Es gibt auch
Ellipsen und einen direkten Dialog zwischen dem Ehepaar.



Raum und Figuren

Im Vergleich zur Zeit spielt Raum eine untergeordnete Rolle. Die Behandlung des
Erzählraums in der Kurzgeschichte wird oft ziemlich skizzierend gehandhabt, z. B. gibt
es in der Kurzgeschichte Die Kirschen von Wolfgang Borchert nur ein Krankenzimmer
des Sohnes und einen weiteren Raum, in dem der Vater auf dem Boden saß, ohne
weitere räumliche Perspektivierung. Die Häufigkeit des Auftretens von Raum richtet
sich nach seiner Funktion im Geschehensverlauf. Raum dient als Hintergrund für das
Geschehen und kann offen, ohne feste Begrenzungen auftreten. Er wird oft zu Beginn
der Kurzgeschichte mit einem Wort eingeleitet z.B. nebenan, Bahnhof, Kino usw. Die
9


Einheit des Ortes wird oft gewahrt und durch das Einfügen verschiedener Örtlichkeiten
wie durch Traum oder Erinnerung oder die Darstellung ineinander verschränkter
Örtlichkeiten durch Überblendung erweitert (vgl. Marx 2005: 60).
In Kurzgeschichten erscheinen nur wenige Figuren, normalerweise nur drei Personen
einschließlich des Ich-Erzählers. Diese Figuren sind keine idealisierten Figuren,
sondern Durchschnittsmenschen, denen wir im alltäglichen Leben begegnen können.
Diese Menschen tragen eine allgemeingültige Bedeutung, damit der Leser durch ihre
individuelle Situation seine persönliche Lebenslage und Probleme erkennen kann. Die
Menschen in den Kurzgeschichten werden nicht nur mit charakteristischen Eigenarten
in Aussehen und Verhalten, sondern auch durch das Andeuten wie Namensgebung,
Gestik, Gefühlslage und Sprache dargestellt (vgl. ebd.: 60ff). In Nam Caos
Kurzgeschichte Chí Phèo beginnt es beispielsweise mit einem Satz „Hắn vừa đi vừa
chửi“ (Er fluchte beim Gehen). Nur durch sein Verhalten „vừa đi vừa chửi“ (fluchen
beim Gehen) wird die Figur Chí Phèo als eine Person dargestellt, die betrunken und
ungebildet ist.



Titel

Gutmann und Rohner stellen fest, dass der Titel den direkten und entschlüsselnden
Hinweis auf das Thema der Geschichte ausdrückt. Rohner fügt hinzu, dass die
berühmten Kurzgeschichten herausragender Autoren wie Poe, Maupassant, Tschechow
und Hemingway die Art der Titelgebung deutscher Kurzgeschichten entscheidend
beeinflusst haben. Rohner teilte auch die Titelgebung in 4 Kategorien ein: Dingtitel,
Situationstitel, Figurentitel und Vorgangstitel (vgl. Guttmann und Rohner z.n. Marx
2005: 62f). Beispielsweise gehört der Titel der beiden Kurzgeschichten Die Kirschen
von Wolfgang Borchert und Chiếc lược ngà von Nguyễn Quang Sáng zur Art
Dingtitel.


Anfang und Schluss

Die Unabgeschlossenheit ist ein „gattungsspezifisches Strukturmerkmal“ für Anfang
und Schluss der Kurzgeschichte. Der Anfang kann betont und auch unbetont sein. Ein
10


betonter Anfang kann „die Ankündigung eines ungewöhnlichen Ereignisses erhalten
oder dieses ungewöhnliche Ereignis selbst“ (Meyer 2014: 21). Dadurch ist es möglich,
die Aufmerksamkeit des Lesers auf die nächsten Ereignisse, Hintergründe, Ursachen
und Folgen zu lenken. Mit einem unbetonten Anfang wird eine Kurzgeschichte mit
zufälligen Ereignissen begonnen, um Leitmotive beiläufig einzuführen oder Figuren
und Szene zu evozieren, die auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen (vgl. ebd:
21).
Ein offenes Ende ist typisch für Kurzgeschichten des 20. Jahrhunderts. In dieser
Kurzgeschichte werden aufgezeigte Probleme und Konflikte nicht gelöst. Ein offener

Schluss fordert dazu auf, Standpunkt zu beziehen, um die Meinung des Lesers zu
bilden (vgl. ebd: 21).


Zeit und Struktur

In der Kurzgeschichte wird die Struktur, also das Bauschema, meistens geradlinig auf
eine Schlusspointe oder auf einen Höhepunkt zulaufend beschrieben. Daneben können
die vergebenen Höhepunkte auch gleichmäßig über das gesamte Geschehen in der
Kurzgeschichte verteilt werden (vgl. Marx 2005: 73) Zu Ereignissen mit kausalem
Zusammenhang gehören nach Marx drei Situationen: eine Ausgangssituation, eine
mittleren, in der eine Veränderung erscheint, und eine Schlusssituation, in der die
Lösung oder Veränderung der Anfangssituation sichtbar ist. Der Geschehen innerhalb
der

Struktur

der

Kurzgeschichte

wird

in

einem

Zeitgefüge

nach


dem

Hauptgestaltungsprinzip dieser Gattung entwickelt, d.h. nach der umfassenden
Reduktion. Die Wirkung dieser Verkürzung auf die Entwicklung der Ereignisse in der
Kurzgeschichte

kann

von

der

Zeitbehandlung

durch

Komprimierung

oder

Verlängerung der erzählten Zeit abhängen (vgl. ebd.: 74f) Die Zeit in einer
Kurzgeschichte ist begrenzt und oft passieren die Ereignisse darin sehr schnell:
innerhalb eines Tages, innerhalb von ein paar Stunden oder sogar weniger als fünfzehn
Minuten. (vgl. Marx 2005: 33, Rohner 1973: 200) Hinzu kommt eine experimentelle
Form der „zeitlosen“ Erzählung, in der Ereignisse nicht chronologisch erzählt, sondern

11



nach der Ideenassoziagramm im inneren Monolog eines Ich-Erzählers dargestellt
werden. (vgl. Marx 2005: 78).
2.2. Charakteristika der Trümmerliteratur und Wolfgang Borchert
2.2.1. Historische Hintergründe
Die Epoche „Trümmerliteratur“, die zusammen mit der Kahlschlagliteratur in der
frühen Nachkriegszeit entstand, dauerte von 1945 bis 1949 (vgl. Beutin 2019: 496). In
diesem Teil wird ein kurzer Überblick über die historischen Begebenheiten dieser Zeit
gegeben.
Am 7. Mai 1945 ergab sich die deutsche Wehrmacht bedingungslos vor den
Westalliierten und am 8. Mai vor der Sowjetunion. Der Nationalsozialismus brach
völlig zusammen. Gleichzeitig endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Deutschland
war damals nichts anderes als ein schreckliches Trümmerfeld. Morin hat Deutschland
in seinem Buch „Europa denken“ beschrieben:
„Der Alexanderplatz war dem Erdboden gleichgemacht worden. In der Leipzigerstraße
hingen an den Gerippen der früheren Bank-, Verwaltungs- und Warenhausgebäude die
nackten eisernen Aufzugskäfige. Die riesigen, schräg herunterhängenden
Reklameschilder, auf denen keine vollständigen Worte mehr zu erkennen waren, boten
einen jämmerlichen Anblick. Der Tiergarten, einstmals ein elysischer Park mit vielen
Bäumen, war nun völlig kahl…“ (Morin 1988, z. n. Ruffing 2013: 239)

Fast alle Häuser wurden stark beschädigt. Viele Menschen wurden vermisst, vertrieben
oder waren sogar tot. Aus dieser trostlosen Situation leitet sich der Begriff
„Trümmerliteratur“ ab, der auch als „Heimkehrerliteratur“ und „Literatur der Stunde
Null“ bekannt ist. In dieser Bezeichnung wurde die Realität von Trümmern, Krieg, Tod
und Heimkehr durch die Literatur nachgestellt (vgl. Beutin 2019: 496).
Deutschland ist im August 1945 in vier Besatzungszonen aufgeteilt (britische,
amerikanische, französische und sowjetische Besatzungszone) worden. Im Jahr 1949
wurden die zwei deutschen Staaten DDR und BRD gegründet. Die BRD wurde ein
Verbündeter der Westalliierten und die DDR ein Verbündeter der Sowjetunion. Daher
hatten


die

beiden

Staaten

unterschiedliche

12

wirtschaftliche

und

politische


Entwicklungspfade, was sich teilweise auch auf die damalige Literaturentwicklung
auswirkte.
2.2.2. Stil und Thematik
Rothmann hat in seinem Buch Kleine Geschichte der deutschen Literatur (2014: 182f)
zwei Autorengruppen in Deutschland genannt, die sich seit der NS-Zeit gebildet hatten
und in der Nachkriegszeit noch existierten. Die eine Gruppe der Autoren der
Exilliteratur wie Heinrich Mann, Joseph Roth, Alfred Döblin u.v.m., die sich um eine
Verarbeitung der NS-Diktatur bemüht hatten, bedroht und ins Exil gegangen waren,
sind nach Deutschland zurückgekehrt. Die andere Gruppe waren Autoren der
sogenannten

„Inneren


Emigration“.

Einige

von

ihnen

versuchten,

den

Nationalsozialismus durch historische Erzählungen und Romane zu kritisieren (vgl.
ebd.: 183). Die Literatur nach 1945 dieser Generation war durchweg „konservativ“.
Nach dem Krieg beriefen sie sich „auf überlieferte Wertvorstellungen der Antike, des
christlichen Abendlands, des Humanismus und auf das klassische Erbe einer als
autonom begriffenen Kunst und Kultur.“ (ebd.183).
In der Nachkriegszeit entstand eine „junge Generation“. Die Autoren dieser Generation
waren hauptsächlich junge Männer, die „meist zwischen 1905 und 1915 [geboren]“
wurden und „bei Kriegsende bereits vielfältige lebensgeschichtliche Erfahrungen,
politische wie intellektuelle, gesammelt hatten.“ (Beutin 2019: 486). Diese Autoren
setzten keine Tradition fort, weder die nationalsozialistische Literatur noch die
Exilliteratur oder die Literatur der Inneren Emigration. Stattdessen schrieben sie
normalerweise möglichst realistisch über die Trümmer, den Krieg als Schauplatz sowie
das Leben der Menschen in Kriegs- und Trümmerzeiten (vgl. Burgess 1996: 24). Die
bedeutenden Vertreter der „Trümmerliteratur“ waren Wolfgang Borchert (1921-1947),
Wolfgang Koeppen (1906-1996), Heinrich Böll (1917-1985) und noch andere Autoren
der Gruppe 47 wie Günter Eich (1907-1972), Wolfdietrich Schnurre (1920-1989) usw.
Diese jungen Autoren bemühten „sich um einen einfachen, klaren, und präzisen

Realismus des Unmittelbaren. […] Als Vorbilder dienten besonders Autoren der
ehemaligen amerikanischen ‚lost generation„. Unter dem Einfluss der Erzähler
13


Hemingway, Steinbeck und Faulkner begann man Berichte, Reportagen und vor allem
Kurzgeschichten zu schreiben.“ (Rothmann 2014: 185). Die bekanntesten Gattungen
dieser literarischen Epoche sind Kurzgeschichte, Roman und Drama. Die Sprache der
Trümmerliteratur war einfach, unmittelbar und wahrhaftig. Wahrheit wurde in dieser
Zeit sehr geschätzt und war nämlich wichtiger als Schönheit wie der Schriftsteller
Wolfgang Weyrauch formulierte: „Die Schönheit ist ein gutes Ding. Aber Schönheit
ohne Wahrheit ist böse. Wahrheit ohne Schönheit ist besser.“ (Wolfgang Weyrauch, z.
n. Beutin 2019: 499).
2.2.3. Ein Überblick über das Leben und Werk Wolfgang Borcherts
Wolfgang Borchert, geboren am 20. Mai 1921 in Hamburg, stammte aus einer
bürgerlichen Familie mit dem Vater als Volksschullehrer und der Mutter als
Heimatschriftstellerin. Durch seine Eltern kam er schon früh mit Literatur und Kunst in
Berührung. 1937 wollte er Schauspieler werden und studierte heimlich Schauspiel. Mit
17 Jahren veröffentlichte Wolfgang Borchert seine ersten Gedichte im Hamburger
Anzeiger. Ab 1939 begann er auf Wunsch seines Vaters den Beruf der
Buchhändlerlehre zu erlernen, gab diese Lehre jedoch danach auf. 1941 trat er als
Schauspieler in ein Theater in Lüneburg ein (vgl. Brandes 2018: 58f). Leider wurde er
im Juni desselben Jahres im Alter von 20 Jahren zur Wehrmacht einberufen, was auch
seinem Traum, Schauspieler zu werden, ein Ende machte. Während seiner Zeit als
Soldat war er verletzt und schwer krank, deshalb musste er oft zur Behandlung in seine
Heimat Hamburg zurückkehren. Er wurde in diesen Jahren auch wiederholt wegen
Selbstverstümmelung, Verstoß gegen das Heimtückegesetz, Goebbels-Parodie und
Wehrkraftzersetzung festgenommen und inhaftiert. Während der Kriegs- und
Gefängnisjahre schrieb er fast nichts, aber seine Erfahrungen aus dieser Zeit wurden zu
Gegenständen und Motiven seiner literarischen Nachkriegsschaffung (vgl. Burgess

2007: 117). 1945, als der Krieg allmählich zu Ende ging, kehrte er nach Hamburg
zurück und lag schwerkrank im Krankenhaus. Ab dieser Zeit begann er seine Werke zu
schreiben, zunächst Kurzgeschichten wie Die Hundeblume, Das Brot, Tui Hoo, Die
Kirschen usw. und dann das Schauspiel Draußen vor der Tür. Diese Werke waren
14


überall in Deutschland berühmt und machten ihn zu einem der bekanntesten und
bedeutendsten Schriftsteller der Literatur dieser Zeit – der „Trümmerliteratur“. Er starb
am 20. November 1947 mit nur 26 Jahren in einem Spital in Basel.
Borcherts Leben war mit Krieg, Krankheiten und Gefängnis verbunden. Aus diesem
Grund wurde seine eigenen Erfahrungen zum zentralen Thema seiner Werke, die in
verschiedenen Genres wie Gedichte, Kurzgeschichte und Drama sind. Diese Werke
beschreiben realistisch die Auswirkungen des Krieges und die junge Generation, die
„nach dem Zweiten Weltkrieg ohne Bildung, ohne Vergangenheit und ohne
Anerkennung“ zurückkehrte. (Burgess 2007: 186). Mit seinen Werken gab er der
jungen Generation eine Stimme, die ihre Jugend an verbrecherische Angriffskriege
vergeudet hatten, und er hoffte auch auf die Zukunft: „Borcherts Werke sind keine
Unterhaltungs-, sondern Motivierungsliteratur.“ (ebd.) Die Figuren in seinen Werken
werden normalerweise mit Erfahrungen im Krieg und im Gefängnis dargestellt. Was
Borchert schrieb, entstammte seinen eigenen Kriegs- und Gefängniserlebnissen oder
seiner Kindheit. Während er im Krankenhaus war, wurden seine Geschichte von
Menschen inspiriert, die in der gleichen Umgebung wie er lebten, wie z. B. seine erste
Kurzgeschichte Die Hundeblume wurde von dem ihm gegenüberliegenden Patienten
inspiriert oder die Eingebung für Ludowico in Tui Hoo kam von seinem Bettnachbarn
(vgl. ebd.: 187).
Da die Themen seiner Werke von seinen eigenen Erlebnissen und seinem vom Krieg
zerstörten Leben inspiriert sind, hat Borchert einen sehr realistischen Schreibstil mit
einfacher und alltäglicher Sprache. Nach dem Vorbild von Ernest Hemingway (18991961) wiesen Borcherts Kurzgeschichten auch einige Kennzeichen auf wie „eine
knappe Episode mit offenem Anfang und Schluss, Skizzierung, nicht eingehende

Charakterisierung der Figuren, Fortgang äußeren Geschehens, Alltagssprache,
reduzierte Dialoge, Parallelismus u.a.m.“ (Brandes 2018: 148). Auch rhetorische
Mittel wie Personifikation, Metapher, Gleichnis, Ironie usw. tauchen in seinen Werken
häufig auf. Charakteristisch für Borcherts Schreibstil ist die Verwendung der
Interpunktion, Adjektive oder Wiederholungen. Dies lässt sich durch die folgende
15


Textstelle aus der Kurzgeschichte Die Kirschen deutlich erkennen: „Dabei habe ich
das Fieber. Sie hat die Kirschen extra vors Fenster gestellt, damit sie ganz kalt sind.
Jetzt hat er das Glas hingeschmissen. Und ich hab das Fieber. [...] Alles voll Kirschen,
dachte der Kranke, alles voll Kirschen. Dabei sollte ich sie essen. Ich hab doch das
Fieber.“ Der Gebrauch kurzer und einfacher Sätze beschreibt die schwache und müde
Stimme des kranken Jungen und die Wiederholung des Satzes „Ich hab das Fieber“
betont seine Krankheit. In Borcherts Werken sind Farben meist Ausdrucksignale, um
die Emotionen, Atmosphäre oder Kontexte zu unterstreichen wie z. B. gilt lila als
Symbol für die Nacht, blauschwarz steht für die Angst, rot für Krieg u.a.m. (vgl. Wolf
1984: 91f) In Bezug auf die Erzählperspektive in Geschichten verwendet Borchert oft
die Ich-Perspektive und die personale Perspektive (Er-Perspektive). Diese beiden
Personen „ich“ und „er“ werden nicht vorgestellt, sondern erscheinen erst durch innere
Monologe und werden von außen beschrieben (vgl. ebd.: 101).
2.3. Die vietnamesische Kriegsliteratur im 20. Jahrhundert und Nguyễn Quang
Sáng
2.3.1. Historische Hintergründe
Die vietnamesische Kriegsliteratur im 20. Jahrhundert ist mit Revolutionen und
Widerständen verbunden und lässt sich in drei Phasen einteilen: die erste Phase 19451954 bzw. die Phase des Widerstandes gegen den Franzosen; die zweite Phase 19551964 bzw. die Phase des Aufbaus der sozialistischen Kunst und Kultur und die dritte
Phase 1965-1975 bzw. die Phase des Widerstands gegen die Amerikaner. Die
vorliegende Forschungsarbeit konzentriert sich auf die dritte Phase, wo Nguyễn Quang
Sáng als ein Stellvertreter der vietnamesischen Literatur dieser Zeit aktiv war.
Der große Sieg bei Dien Bien Phu im Jahr 1954 beendete den Krieg der Vietnamesen

gegen die Franzosen. Nachdem der Frieden wiederhergestellt war, wurde Vietnam in
zwei Regionen (Nordvietnam - Südvietnam) mit zwei unterschiedlichen politischen
Institutionen, Volkswirtschaften und Ideologien geteilt. Trotzdem haben die
Vietnamesen immer noch den gleichen Willen und den gleichen Wunsch, die
Unabhängigkeit zu erlangen und das Land zu vereinen. 1964 begann die USA einen
16


Krieg zur Zerstörung Nordvietnams und schickte 1965 US-Truppen nach Südvietnam.
Dies zwang Vietnam zu einem Widerstandskrieg gegen die USA, um den Norden zu
schützen, den Süden zu befreien und das Land wieder zu vereinen. Mit unzähligen
Opfern und Verlusten wurde der mehr als zehnjährige Krieg vollständig gewonnen und
am 30. April 1975 beendet (vgl. Trần Đình Sử 2021: 227). In diesem heftigen
Widerstandskrieg gilt die Literatur als ein Lichtstrahl und trug dazu bei, den gerechten
Widerstand zu loben und Schmerzen bzw. Verluste des Krieges zu lindern.
2.3.2. Stil und Thematik
Der Widerstandskrieg gegen die USA war mit unzähligen Schwierigkeiten und
Herausforderungen konfrontiert. Dieser Krieg brachte Vietnam in eine Situation, in der
es nicht nur Kraft, sondern auch Geist einsetzen musste. In dieser Zeit ist die Literatur
eine großartiges Medium gewesen, um die Menschen zum Kampf zu ermutigen.
„Trong hoàn cảnh ấy, văn học nhất thiết phải trở thành một vũ khí tinh thần quan
trọng, phục vụ cho những mục tiêu cao cả và sống còn của dân tộc.“ (Unter solchen
Umständen muss die Literatur notwendigerweise zu einer wichtigen spirituellen Waffe
werden, die den edlen und lebenswichtigen Zielen der Nation dient.) (Nguyễn Văn
Long 2020: 16). In dieser Zeit schrieben die Schriftsteller und die Dichter nicht nur um
die Menschen zum Kampf zu ermutigen, sondern griffen auch direkt zu den Waffen,
um an diesem harten Krieg teilzunehmen. Viele von ihnen starben als Soldat wie z. B.
Nguyễn Thi (1928-1968), Nguyễn Mỹ (1935-1971), Lê Vĩnh Hòa (1932-1967), Lê
Anh Xuân (1940-1968) usw. (vgl. Trần Đình Sử 2021: 245).
In den ersten Jahren des Widerstandskrieges gegen die USA (1965-1968) wurden in

der Literatur vor allem sowohl die aktuellen Ereignisse, die Atmosphäre sowie der
Schauplatz des Krieges als auch die Kampfaufrufe und die Lobe des Sieges
nachgestellt. Typische Autoren dieser Zeit waren Tố Hữu und Chế Lan Viên. In den
späteren Phasen des Krieges (1969-1975) wurden literarische Werke nicht nur über die
großen Ereignisse des Krieges und das Leben der Soldaten, sondern auch über den
Schmerz und den großen Verlust wegen der Verwüstungen des Krieges
geschrieben (vgl. ebd.: 245f).
17


Die Literatur in der Zeit des Widerstandskrieges gegen die USA hatte eine recht
umfassende Gattungsentwicklung. Aufgrund der Existenz vieler Generationen von
Dichtern war die vietnamesische Poesie in diesem Widerstandskrieg sehr reich.
Außerdem machten die zahlreichen Beiträge junger Dichter wie z. B. Xuân Quỳnh
(1942-1988), Hữu Thỉnh (1942), Nguyễn Khoa Điềm (1943), Phạm Tiến Duật (19412007) u.a. die Poesie dieser Zeit vielfältiger und reicher (vgl. ebd.: 247). Die Prosa war
mit vielen Genres bereits recht entwickelt, insbesondere Kurzgeschichte und Roman.
Auch das Drama hatte an Popularität gewonnen, obwohl es an Werken, die
literarischen Wert hatten, mangelte (vgl. ebd.: 251, Nguyễn Văn Long 2020: 16f).
2.3.3. Ein Überblick über das Leben und Werk Nguyễn Quang Sángs
Nguyễn Quang Sáng ist einer der typischsten südvietnamesischen Autoren in der Zeit
des Vietnamkriegs gegen die USA. Er wurde am 12. Januar 1932 in Südvietnam
geboren. Schon in jungen Jahren trat er der Armee bei. Nach dem Erfolg der
Augustrevolution meldete er sich im Alter von 14 Jahren freiwillig als
Verbindungsoffizier für eine Militäreinheit in Südvietnam. 1950 wechselte er zur
Militäreinheit

als

Religionsforscher


für

die

Politische

Abteilung

des

Divisionskommandos Südwest. Im selben Jahr wurde er in die Kommunistische Partei
Vietnams aufgenommen. 1953 arbeitete er in der Redaktion der Zeitung Quân
Đội. 1955 trat er der Militäreinheit in Nordvietnam bei. Er wurde Offizier der
Kunstabteilung des Radiosenders Die Stimme Vietnams. Dort begann er seine erste
Kurzgeschichte Con chim vàng (Der gelbe Vogel) zu schreiben und zu veröffentlichen.
Seine späteren Werke wie z. B. die Kurzgeschichte Ông Năm Hạng (Herr Nam Hang)
oder der Roman Đất lửa (Boden des Feuers) wurden geliebt und wegen der
einzigartigen Erzählweise hoch geschätzt. 1966 kehrte er auf das Schlachtfeld in
Südvietnam zurück und nutzte seine Werke als Kampfwaffe gegen die einfallenden
amerikanischen Truppen. Das war auch eine sehr wichtige Zeit, um sein Talent und
seine literarische Karriere mit renommierten Werken wie den Kurzgeschichten Chiếc
lược ngà, Bông cẩm thạch usw. zu bestätigen. Nach der Wiedervereinigung des Landes
schrieb er weiterhin Kurzgeschichten und Drehbücher mit tiefgründigen Inhalten und
18


hoher künstlerischer Qualität. Mehr als 60 Jahre lang hat er mit Enthusiasmus und
Talent viele Werke mit tiefgründiger Betrachtung und humanistischen Werten
geschaffen. Mit großen Beiträgen zur Literatur des Landes hat er viele Auszeichnungen
aus dem In- und Ausland erhalten. Im Jahr 2000 wurde ihm insbesondere der Ho-ChiMinh-Preis für Literatur und Kunst verliehen. Er starb am 13. Februar 2014 in seinem

eigenen Haus in Ho Chi Minh-Stadt. 3
Als eine Person, die mit den beiden Kriegen Vietnams gegen die Franzosen und gegen
die USA aufgewachsen ist, erlebte er direkt den Krieg, den Schmerz und Verlust.
Daher sind seine Werke hauptsächlich im Kontext des harten Krieges angesiedelt, in
dem die Südvietnamesischen Menschen die Hauptfiguren sind. Er erzählte über ihr
Leben, ihren einzigartigen Charakter und ihre leidenschaftliche Liebe für die Menschen
und das Land (vgl. Frank Gerke 2015: 22). Außerdem enthalten seine Werke auch
Szenen über den beschwerlichen Widerstandskrieg in Südvietnam. Die sehr
realistischen Situationen des Lebens im Krieg werden in seinen Werken
wiedergegeben, wie z. B. die Szene, in der der Hals eines Hahns zugenäht wird, weil
die Leute Angst haben, vom Feind entdeckt zu werden, wenn er kräht (Kurzgeschichte
Con gà trống - Der Hahn) oder die Situation, in der eine Mutter ihr Kind in eine
Plastiktüte steckt und es im Wasser ertränkt, um feindlichen Kugeln zu entgehen
(Drehbuch Cánh đồng hoang) (vgl. Phan Hoàng 2015: 37, 40). Dies sind Situationen,
die man sich nicht selbst ausdenken kann, sondern mit eigenen Augen sehen muss und
dann niederschreibt. Mit seinem Talent und seiner Kreativität drückte der Schriftsteller
Nguyễn Quang Sáng mit einfachen Geschichten der Soldaten oder Alltagsgeschichten
der Südvietnamesen nicht nur die Liebe zwischen den Menschen, die Menschlichkeit
des Lebens, sondern auch die Härte und Grausamkeit des Krieges aus.
Nguyễn Quang Sáng stammte nicht aus einer Familie mit literarischen und
künstlerischen Traditionen, sondern er kam zufällig und natürlich durch Erfahrungen
3

vgl. Tiểu sử cuộc đời và sự nghiệp của nhà văn Nguyễn Quang Sáng [online]:
/>[Zugriff am 30.10.2021]

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