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grundlagen der immobilienwirtschaft (2009)

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Kerry-U. Brauer (Hrsg.)
Grundlagen der Immobilienwirtschaft
Kerry-U. Brauer (Hrsg.)
Grundlagen der
Immobilienwirtschaft
Recht – Steuern – Marketing –
Finanzierung – Bestandsmanagement –
Projektentwicklung
6., vollständig überarbeitete Auflage
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
abrufbar.
1. Auflage 1999
2., überarbeitete Auflage Oktober 2000
3., vollständig überarbeitete Auflage November 2001
4., vollständig überarbeitete Auflage Oktober 2003
5., vollständig überarbeitete Auflage Oktober 2006
6., vollständig überarbeitete Auflage 2009
Alle Rechte vorbehalten
© Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Lektorat: Jutta Hauser-Fahr | Walburga Himmel
Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.
www.gabler.de
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berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im
Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher
von jedermann benutzt werden dürften.
Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in the Netherlands
ISBN 978-3-8349-0810-0
Frau Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer ist Leiterin der Studienrichtung Immobilienwirtschaft an der
Staatlichen Studienakademie Leipzig.
Vorwort
V
Vorwort
Seit dem Jahre 1999 liegt nunmehr bereits die sechste vollständig überarbeitete Auf-
lage des Lehrbuchs vor. Das Buch hat sich damit erfreulich schnell zum Grundlagen-
werk für die Branche entwickelt. Es wird gleichermaßen im Rahmen des immobilien-
wirtschaftlichen Hochschulstudiums und von Fach- und Führungskräften in der Praxis
genutzt.
Die hier vorliegende sechste Auflage wurde wiederum in allen Kapiteln umfassend
überarbeitet.
Aktuelle Rechtssprechungen fanden in den juristischen Ausführungen Berücksichti-
gung. Das betrifft vor allem die zahlreichen höchstrichterlichen Rechtssprechungen im
Mietrecht. Die Novelle des Baugesetzbuches, insbesondere die Erleichterung von Pla-
nungsvorhaben für die Innenentwicklung von Städten sowie das novellierte Woh-
nungseigentumsgesetz wurden eingearbeitet. Die Unternehmenssteuerreform und der
Regierungsentwurf zur Erbschaftssteuerreform fanden im Kapitel „3 Steuerliche Be-
trachtungen zu Immobilien“ Eingang. Das Kapitel „5 Renditeberechnung bei Immo-
bilieninvestitionen“ wurde um die Methode des vollständigen Finanzplans als weitere
dynamische Methode der Investitionsrechnung ergänzt.
Das bewährte methodische Konzept der Orientierung am Lebenszyklus der Immobilie

wurde beibehalten.
So ist auch die sechste Auflage des Lehrbuchs eine Symbiose aus Tradition und Mo-
derne.

Leipzig, im September 2008 Kerry-U. Brauer







Vorwort
VI
Vorwort zur ersten Auflage
Die Immobilienwirtschaft ist in Deutschland eine vergleichsweise junge Wirtschafts-
und Wissenschaftsdisziplin. Ursache hierfür ist, dass die Immobilie in der Vergangen-
heit fast ausschließlich als wertstabiles Anlagegut und als bloße „Hülle“ für den be-
trieblichen Leitungsprozess gesehen wurde. Erst in jüngster Vergangenheit, bedingt
durch qualitative Veränderungen betrieblicher Leitungsprozesse und zunehmende
nationale und internationale Konkurrenz, wird die Immobilie als das betrachtet was
sie ist. Ein Wirtschaftsgut, mit dem es zu wirtschaften gilt.
Parallel dazu wächst der Bedarf an hoch qualifiziertem Fachpersonal, das in der Lage
ist, Immobilien gemäß den Markterfordernissen zu entwickeln, zu vermarkten, zu
bewirtschaften und schließlich neuen Nutzungen zuzuführen. Die in der sehr hetero-
genen Branche der Immobilienwirtschaft Tätigen müssen gleichermaßen Generalisten
und Spezialisten sein. Generalisten dahingehend, dass sie auf der Grundlage der ge-
nauen Kenntnis volkswirtschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge in
der Lage sind, die wirtschaftlichen Erwägungen ihrer Geschäftspartner und Auftrag-
geber zu verstehen. Spezialisten dahingehend, dass sie Geschäftspartner und Auftrag-

geber immobilienspezifisch beraten können. Das setzt gleichermaßen solides wirt-
schaftliches und juristisches Wissen in Verbindung mit immobilienspezifischem Wis-
sen voraus.
Anliegen des Buches ist es, dieses Wissen zu vermitteln. Der Aufbau orientiert sich am
Lebenszyklus der Immobilie. Die übergreifenden juristischen und steuerlichen Aspek-
te werden voran gestellt. Auf dieser Grundlage werden die wesentlichen Wissensin-
halte zum Immobilienmarketing als Ausgangspunkt jeglicher immobilienwirtschaftli-
cher Tätigkeit, zur Renditeberechnung und zur Finanzierung von Immobilieninvestiti-
onen, zur Verwaltung und damit Bestanderhaltung der Immobilien und schließlich
zusammenfassend zur Immobilienentwicklung dargelegt. Die umseitige Übersicht
verdeutlicht die Struktur des Buches.
Hervorgegangen ist dieses Buch aus meinen Vorstellungen zu einer optimalen Gestal-
tung eines Hochschulstudiums auf dem Gebiet der Immobilienwirtschaft und damit
verbunden aus den von mir und von den Mitautoren gehaltenen Vorlesungen an der
Berufsakademie Sachsen, Staatliche Studienakademie Leipzig. Für die konstruktive
Zusammenarbeit mit allen Autoren des vorliegenden Buches möchte ich mich sehr
herzlich bedanken. Ebenso danke ich sehr für die wertvollen Anregungen meiner
Freunde, Kolleginnen und Kollegen Heike Hallmann, Silvia Horn, Renate Luderer,
Lutz Güldner, Siegfried Patzig und Wolfram Schwalm. Für die Erstellung des Layouts
für das vorliegende Buch danke ich sehr herzlich Mario Brauer. Ebenso gilt mein Dank
für die erwiesene Rücksicht und Geduld Olaf Brauer, Eva Katharina Brauer und Ursu-
la Welzel.
Kerry-U. Brauer
Aufbau des Buches

VII

Aufbau des Buches
Einführung in die Immobilienwirtschaft (1)


Rahmenbedingungen für den Lebenszyklus einer Immobilie


Rechtsgrundlagen der
Immobilienwirtschaft (2)

Steuerliche Betrachtungen
zu Immobilien (3)



Lebenszyklus einer Immobilie


Phase bis zur
Investitions-
entscheidung
Entstehungs-
phase
Erhaltungs-
phase
Phase erneuter
Investitions-
entscheidung
Vermarktungsphase


Immobilien-
marketing (4)
Rendite-

berechnung(5)
Immobilien-
finanzierung/
-bewertung (6)

Immobilienbe-
stands-
management (7)

Beginn eines er-
neuten Lebens-
zyklusses
Immobilienprojektentwicklung(8) Management von Immobilien und von
Immobilienbeständen (9)

Inhaltsverzeichnis

IX
Inhaltsverzeichnis
Vorwort V
Vorwort zur ersten Auflage VI
Aufbau des Buches VII
Inhaltsverzeichnis IX
Abkürzungsverzeichnis XIII
Autorenverzeichnis XVII
1 Einfühung in die Immobilienwirtschaft 1
Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer
1.1
Einordnung der Immobilienwirtschaft in die Wirtschaftswissenschaft 5
1.2 Systematisierung der Immobilienwirtschaft 23

1.3 Entwicklungstrends in der Immobilienwirtschaft 43
1.4 Literaturverzeichnis 53
2 Rechtsgrundlagen der Immobilienwirtschaft 55
2.1 Grundstücksrecht 59
Monica Steinforth
2.2 Öffentliches und privates Baurecht 115
Prof. Dr. Bernd Dammert
2.3 Mietrecht 203
Prof. Raphael Tobias Huber
2.4 Bauträger, Makler-, Wohnungseigentumsrecht 259
Dr. Ulrich Schwering
3 Steuerliche Betrachtungen zu Immobilien 305
Prof. Dr. Claudia Siegert
3.1
Überblick über wesentliche Steuerarten 309
3.2 Steuern bei Immobilienerwerb, -besitz und -abgabe 310
3.3 Vermögenszuordnung und steuerliche Bewertung von Immobilien 313
3.4 Immobilien im Einkommensteuerrecht 328
3.5 Förderung von Immobilieneigentum 352
3.6 Immobilien im Umsatzsteuerrecht 354
3.7 Immobilien im Gewerbesteuerrecht 368
3.8 Immobilien im Erbschaftsteuerrecht 372
3.9 Literaturverzeichnis 376
Inhaltsverzeichnis

X
4 Immobilienmarketing 379
Friedhelm Kavalirek
4.1
Einordnung und Grundlagen des Immobilienmarketings 383


4.2 Marketing von Projektentwicklern und Bauträgern 388

4.3 Marketing von Immobilienmaklern 411

4.4 Marketing von Immobilienverwaltern 414

4.5 Literaturverzeichnis 417

5 Renditeberechnung bei Immobilieninvestitionen 419
Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer
5.1
Abgrenzung zwischen Wirtschaftlichkeit, Rentabilität und Rendite 423

5.2 Einnahmen- und Ausgabengrößen bei Immobilieninvestitionen 425

5.3 Renditeberechnung aus Sicht eines Endinvestors 429

5.4 Möglichkeiten der Objektivierung der Renditeberechnung mit Hilfe der
Monte Carlo Analyse 439

5.5 Renditeberechnung aus Sicht eines Zwischeninvestors 440

5.6 Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen aus Sicht einer Bank 443

5.7 Literaturverzeichnis 445

6 Immobilienfinanzierung 447
Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer
6.1

Einführung in die Immobilienfinanzierung 451

6.2 Grundsatzentscheidungen bei der Kreditaufnahme zur
Immobilienfinanzierung 461

6.3 Prozess der Kreditgewährung 476

6.4 Bauträgerfinanzierung 496

6.5 Alternative Formen der Kapitalbeschaffung zur Realisierung von
Immobilieninvestitionen 510

6.6 Literaturverzeichnis 518

7 Immobilienbestandsmanagement 521
Reinhard Bruhn
7.1
Verwaltung von Immobilien 525

7.2 Bestandsmanagement 541

7.3 Die Umsatzsteuer bei der Verwaltung 580

7.4 Die Versicherung von Immobilien 584

7.5 Controlling in der Haus- und Grundstücksverwaltung 593

7.6 Exkurs: Einsatz von EDV-Programmen zur Hausverwaltung 602

7.7 Literaturverzeichnis 607



Inhaltsverzeichnis

XI
8 Immobilienprojektentwicklung 609
Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer
8.1
Grundlagen der Projektentwicklung 613
8.2 Phase bis zur Investitionsentscheidung 621
8.3 Konzeptions- und Planungsphase 638
8.4 Realisierungsphase und Vermarktung 652
8.5 Literaturverzeichnis 658
9 Management von Immobilien und
von Immobilienbeständen 659
Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer
9.1
Zusammenhänge zwischen den Immobilienmanagementbegriffen 663
9.2 Portfoliomanagement 665
9.3 Asset Management 669
9.4 Facility Management 671
9.5 Corporate und Public Real Estate Management 680
9.6 Literaturverzeichnis 683
Stichwortverzeichnis 685
















Abkürzungsverzeichnis

XIII
Abkürzungsverzeichnis

AfA Absetzung für Abnutzung
AG Amtsgericht
AGBG Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbe-
dingungen
AO Abgabeordnung
AVB Allgemeine Vertragsbedingungen
AVV Allgemeine Verwaltungsvorschrift

BauGB Baugesetzbuch
BewG Bewertungsgesetz
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
BGHZ Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen
BMF Bundesminister für Finanzen
BStBl Bundessteuerblatt

BV Berechnungsverordnung
BverfG Bundesverfassungsgericht

CD Compact Disc

DIN Deutsche Industrienorm
DWW Deutsche Wohnungswirtschaft (Zeitschrift)

EigZulG Eigenheimzulagegesetz
ErbSt Erbschaftssteuer
ErbStG Erbschaftsteuergesetz
Est Einkommenssteuer
EstDV Einkommenssteuerdurchführungsverordnung
Abkürzungsverzeichnis

XIV
EstG Einkommenssteuergesetz
EstH Einkommenssteuerhinweise
EStR Einkommenssteuerrichtlinien

FördG Fördergebietsgesetz

GBO Grundbuchordnung
GBVfg Grundbuchverfügung
GE Das Grundeigentum (Zeitschrift)
GewO Gewerbeordnung
GewSt Gewerbesteuer
GewStG Gewerbesteuergesetz
GFZ Geschossflächenzahl
GrESt Grunderwerbssteuer

GrSt Grundsteuer
GRZ Grundflächenzahl

HeizKVO Heizkostenverordnung
HGB Handelsgesetzbuch
HOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure

InvZulG Investitionszulagegesetz

KapST Kapitalertragsteuer
KSt Körperschaftssteuer

LG Landgericht

MaBV Makler- und Bauträgerverordnung
MEA Miteigentumsanteil

NJW Neue Juristische Wochenschrift
NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungsreport
Abkürzungsverzeichnis

XV

OLG Oberlandesgericht

PC Personalcomputer

SolZ Solidaritätszuschlag

TG Tiefgarage

TÜV Technischer Überwachungsverein

Ust Umsatzsteuer
UstG Umsatzsteuergesetz

VAG Versicherungsaufsichtsgesetz
VGB Allgemeine Wohngebäude-Versicherungsbedingungen
VOB Verdingungsordnung für Bauleistungen
VoSt Vorsteuer
VVG Versicherungsvertragsgesetz

WE Das Wohneigentum (Zeitschrift)
WEG Wohneigentumsgesetz
WEG Wohneigentumsgesetz, Wohneigentümergemeinschaft
WertR Wertermittlungs-Richtlinien
WertV Wertermittlungsverordnung
WM Wohnungswirtschaft und Mietrecht (Zeitschrift)

ZMR Zeitschrift für Miet- und Raumrecht
Abkürzungsverzeichnis

XVII
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. habil. Brauer, Kerry-U.: Studienrichtungsleiterin Immobilienwirtschaft,
Berufsakademie Sachsen, Staatliche Studienaka-
demie Leipzig und Leiterin des iSt. Institut für
immobilienwirtschaftliche Studien
Bruhn, Reinhard: Dozent, Berufsakademie Sachsen, Staatliche Stu-
dienakademie Leipzig
Prof. Dr. Dammert, Bernd: Rechtsanwalt, Dr. Dammert & Steinforth, Leipzig

Prof. Huber, Rafael Tobias: Rechtsanwalt, Prof. Dr. Thieler – Huber – Heike –
Wittmann-Partnerschaft, München
Kavalirek, Friedhelm: Unternehmensberater
Dr. Schwering, Ulrich: Rechtsanwalt, SSK Rechtsanwälte Schulz, Schwe-
ring, Kaupert, Leipzig
Prof. Dr. Siegert, Claudia: Studienrichtungsleiterin Steuerberatung/ Wirt-
schaftsprüfung, Berufsakademie Sachsen, Staatli-
che Studienakademie Leipzig
Steinforth, Monica: Rechtsanwältin, Dr. Dammert & Steinforth, Leipzig


1

1 Einführung in die Immobilienwirtschaft

Erstes Kapitel
Einführung in die
Immobilienwirtschaft
3

1 Einführung in die Immobilienwirtschaft

Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer
1 Einführung in die Immobilienwirtschaft


1.1
Einordnung der Immobilienwirtschaft in die Wirtschaftswissenschaft 5

1.1.1 Betriebswirtschaftliche Einordnung 5


1.1.2 Charakteristik des Wirtschaftsgutes Immobilie und des
Immobilienmarktes 10

1.1.3 Volkswirtschaftliche Einordnung und Bedeutung der
Immobilienwirtschaft 18

1.1.3.1 Methodische Aspekte der volkswirtschaftlichen
Einordnung 18

1.1.3.2 Volkswirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft . 19

1.1.3.3 Interdependenzen zwischen Geld-, Kapital- und
Immobilienmarkt 21

1.2 Systematisierung der Immobilienwirtschaft 23

1.2.1 Einführung in die Systematisierung der Immobilienwirtschaft 23

1.2.2 Funktionelle Systematisierung 26

1.2.3 Institutionelle Systematisierung 32

1.2.4 Systematisierung nach den Zielstellungen der
Immobilieneigentümer 40

1.3 Entwicklungstrends in der Immobilienwirtschaft 43

1.3.1 Entwicklungstrends im Immobilienmanagement 43


1.3.2 Entwicklungstrends der Immobilienmärkte 46

1.3.2.1 Globalisierung der Immobilienmärkte 46

1.3.2.2 Entwicklungen ausgewählter Immobilienteilmärkte 48

1.4 Literaturverzeichnis 53




5

1 Einführung in die Immobilienwirtschaft

1.1 Einordnung der Immobilienwirtschaft in die
Wirtschaftswissenschaft
1.1.1 Betriebswirtschaftliche Einordnung
Die Immobilienbetriebslehre ist im Vergleich zur allgemeinen Betriebswirtschaftslehre
und zu einer Reihe spezieller Betriebswirtschaftslehren, wie z.B. der Bankbetriebslehre
oder der Handelsbetriebslehre, eine relativ junge Wirtschafts- und Wissenschaftsdis-
ziplin. Hieraus ergibt sich zunächst die Notwendigkeit zur inhaltlichen Bestimmung.
Wird die Immobilienwirtschaft als spezielle Betriebswirtschaftslehre gesehen, ist es
nahe liegend, für die inhaltliche Bestimmung von den herkömmlichen Strukturie-
rungsansätzen der Betriebswirtschaftslehre auszugehen. Zwei Varianten der Struktu-
rierung bestehen:
1. Gliederung der Betriebswirtschaftslehre nach den Funktionen des betriebli-
chen Leistungsprozesses
2. Gliederung der Betriebswirtschaftslehre auf Grundlage einer marktorientier-
ten Unternehmensführung - Marketingansatz.

zu 1: Gliederung der Betriebswirtschaftslehre nach den Funktionen des
betrieblichen Leistungsprozesses
In der Betriebswirtschaftslehre wird zwischen der allgemeinen und den branchenbe-
zogenen oder speziellen Betriebswirtschaftslehren unterschieden. Die allgemeine
Betriebswirtschaftslehre ist nach dem betrieblichen Leistungsprozess strukturiert. Sie
behandelt die einzelnen betrieblichen Funktionen, wie Beschaffung, Produktion und
Absatz aus materieller Sicht bei deren Widerspiegelung in finanziellen Prozessen. Es
wird hier eine funktionale Gliederung des betrieblichen Leistungsprozesses vorge-
nommen.
In den speziellen Betriebswirtschaftslehren finden die branchenspezifischen Aspekte
Berücksichtigung. Die Strukturierung baut ebenfalls auf der funktionalen Gliederung
auf, berücksichtigt aber den konkreten Produktions- oder Dienstleistungsprozess, der
in den Wirtschaftseinheiten erbracht wird. Beispielhaft sei die industrielle Fertigung
von materiellen Gütern, die in der Industriebetriebslehre systematisiert wird oder die
Erbringung von Finanzdienstleistungen, die in der Bankbetriebslehre oder in der Ver-
sicherungsbetriebslehre dargestellt wird, genannt.

6
Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer
Abbildung 1.1: Gliederung der Betriebswirtschaftslehre nach den Funktionen des betriebli-
chen Leistungsprozesses
B P R O D U K T I O N
E
S Produktions- und Dienstleistungsprozess A
C Kombination der Produktionsfaktoren B
A VWL BWL S
F Arbeit Arbeitskräfte A
F Boden Betriebsmittel T
U Kapital Werkstoffe Z
N

G Geldausgänge Geldeingänge
Lehnt man sich an die funktionale Gliederung nach den Leistungsphasen: Beschaf-
fung, Produktion und Absatz an, müssen diesen die adäquaten Leistungsphasen in
der Immobilienwirtschaft zugeordnet werden. Eine solche Betrachtung ist relativ un-
problematisch, wenn die Immobilienwirtschaft in der Weise definiert wird, dass im
Ergebnis des Leistungsprozesses die Immobilie als materielles Produktionsergebnis
entsteht. Der Investor investiert in die Immobilie und schafft im Ergebnis davon durch
Neubau, Umbau oder umfangreiche Modernisierung ein neues materielles Produkt.
Abbildung 1.2: Funktionale Gliederung der Immobilienwirtschaft, bei der die Immobilie
Produktionsergebnis ist
BESCHAFFUNG PRODUKTION ABSATZ
Grundstück Baugenehmigung Verkauf
Arbeitskräfte Baufertigstellung Vermietung
Betriebsmittel
Werkstoffe/Material
In diesem Fall wird die Immobilienwirtschaft ausschließlich aus der Entstehung der
Immobilie heraus definiert. Der Leistungsprozess ist abgeschlossen, wenn die Immobi-
lie entwickelt, gebaut und verkauft ist.
STRATEGIE
PLANUNG
ORGANISATION
KONTROLLE
7

1 Einführung in die Immobilienwirtschaft

Infolge der Langlebigkeit der Immobilie als Wirtschaftsgut reicht eine solche Betrach-
tung nicht aus. Vielmehr ist es erforderlich, neben der Entstehungsphase auch die
Nutzungsphase in die inhaltliche Bestimmung mit einzubeziehen. Hier wird die Im-
mobilie nicht als das Ergebnis des betrieblichen Leistungsprozesses betrachtet, son-

dern als Produktionsfaktor. Das heißt, die Immobilie ist der entscheidende Produkti-
onsfaktor und damit das Trägermedium für das Erbringen einer Dienstleistung durch
ein Immobilienunternehmen. Diese Dienstleistung kann in der Vermietung, im Ver-
kauf, in der Verpachtung oder in der Bewirtschaftung der Immobilie bestehen. Ziel ist,
dass im Ergebnis der Dienstleistung ein einmaliges wirtschaftliches Ergebnis (Provisi-
onseinnahme im Ergebnis von Verkauf oder Vermietung) oder ein dauerhaftes wirt-
schaftliches Ergebnis (Einnahmen aus Bestandsmanagementtätigkeit) erzielt wird.
Charakteristisch für diesen Leistungsprozess ist, dass von der „klassischen“ Reihen-
folge Beschaffung – Produktion – Absatz abgewichen wird. So fallen bei Dienstleis-
tungsprozessen, infolge der Immaterialität der Leistung, Produktion und Absatz zu-
sammen. Beim Verkauf der Immobilie wird mit dem Erbringen der Dienstleistung des
Immobilienmaklers die Immobilie abgesetzt. Bei der Bewirtschaftung von Immobilien
wird die Dienstleistung durch den Verwalter ebenfalls parallel erbracht und abgesetzt.
Abbildung 1.3: Funktionale Gliederung der Immobilienwirtschaft, bei der die Immobilie
Produktionsfaktor ist
BESCHAFFUNG PRODUKTION ABSATZ
Informationen
Aufträge
Arbeitskräfte
Betriebsmittel Verwaltung
Werkstoffe/Material Facility Management
Verkauf/ Vermietung
Immobilienbewertung
zu 2: Gliederung der Betriebswirtschaftslehre auf Grundlage einer
marktorientierten Unternehmensführung - Marketingansatz
Marketing beinhaltet eine umfassende Philosophie und Konzeption des Planens und
Handelns, bei der alle Aktivitäten eines Unternehmens konsequent auf die gegenwär-
tigen und künftigen Erfordernisse der Märkte ausgerichtet werden
1
. Eine solche

marktorientierte Führung eines Unternehmens gewinnt für die Immobilienwirtschaft


1 Vgl. Weis (2004) S.19
8
Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer
aufgrund tendenziell gesättigter Immobilienteilmärkte an Bedeutung. Analog den
Entwicklungen in allen anderen volkswirtschaftlichen Bereichen dominieren auch in
der Immobilienwirtschaft die Nachfrager und weniger die Anbieter den Markt. Das
heißt, dass das Angebot die Nachfrage übersteigt. Das betrifft gleichermaßen die
Wohnimmobilienmärkte und die Gewerbeimmobilienmärkte. Diese Entwicklung wird
sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch künftig vollziehen. Ursachen hierfür liegen in
der demographischen und in der wirtschaftlichen Entwicklung. Bis zum Jahr 2020
werden zwar trotz sinkender Bevölkerungszahlen noch steigende Haushaltszahlen,
aufgrund der Verkleinerung der privaten Haushalte, in Deutschland prognostiziert,
dennoch ist nicht mit einem Angebotsengpass in den meisten regionalen Teilmärkten
zu rechnen
2
. Im Gewerbeimmobilienbereich ist die Ursache im fortschreitenden Inten-
sivierungsprozess in Produktion und Dienstleistung mit damit einhergehender effi-
zienterer Flächeinanspruchnahme zu sehen
3
.
Hinzu kommt, dass Immobilieninvestitionen immer mit einer langfristigen und hohen
Kapitalbindung verbunden sind. Damit erhält die marktorientierte Unternehmensfüh-
rung einen besonderen Stellenwert. Fehlentscheidungen sind im Immobilienbereich
regelmäßig mit überdurchschnittlich hohen Kapitalverlusten verbunden. Die Informa-
tionsbeschaffung über den jeweiligen Immobilienteilmarkt gewinnt daher ganz ent-
scheidend an Bedeutung. In tendenziell gesättigten Märkten ist es unumgänglich, die
spezifischen Zielgruppen im Nachfrageverhalten nach Immobilien zu analysieren. Das

Nachfrageverhalten muss dabei sowohl quantitativ (Anzahl von Wohn- bzw. Gewer-
beimmobilien, Größen, Flächeninanspruchnahme) als auch qualitativ (Lage, Ausstat-
tung, Grundrissanforderungen etc.) analysiert werden. Hierauf aufbauend sind die
Entscheidungen zur jeweiligen Produkt-, Kontrahierungs- Distributions- und Kom-
munikationspolitik zu treffen. Das betrifft gleichermaßen die Immobilienunterneh-
men, bei denen die Immobilie Produktionsergebnis ist, als auch die Immobilienunter-
nehmen, bei denen die Immobilie Produktionsfaktor ist. Abbildung 1-4 gibt hierfür
eine Orientierung.







2
Vgl. 1.3.2.2 Entwicklung ausgewählter Immobilienteilmärkte
3
Vgl. Ebenda
9

1 Einführung in die Immobilienwirtschaft

Abbildung 1.4: Anwendung marketingpolitischer Instrumentarien in der Immobilienwirt-
schaft
Marketingpolitische
Instrumentarien
Immobilie als Produktionser-
gebnis
Immobilie als Produktionsfak-

tor
Produktpolitik Investitionen in:
x Wohnimmobilien
x Gewerbeimmobilien
x Serviceleistungen im Zu-
sammenhang mit der In-
vestitionstätigkeit (z.B. Fi-
nanzierung/ Versicherung)

Vermarktung/ Verwaltung von:
x Wohnimmobilien
x Gewerbeimmobilien
x weitere Serviceleistungen
(z.B. Finanzierung/ Versi-
cherung)

Kontrahierungspolitik x Kaufpreishöhe
x Mietpreishöhe
x Zahlungsmodalitäten
x Maklercourtage
x Verwaltergebühr
x Zahlungsmodalitäten

Distributionspolitik x Verkauf/ Vermietung
durch eigene Mitarbeiter
x Verkauf/ Vermietung
durch Fremdfirmen
x Leistungserbringung durch
eigene Mitarbeiter
x Leistungserbringung durch

Tochter- oder Partnerun-
ternehmen
x Leistungserbringung durch
freie Mitarbeiter

Kommunikationspolitik zielgruppenspezifische Ansprache im Rahmen von:
x Öffentlichkeitsarbeit
x Werbung
x Verkaufsförderung
x Verkauf
Zusammenfassung
Die Immobilienwirtschaft umfasst alle wirtschaftlichen Funktionen, bei denen
a) das Wirtschaftsgut Immobilie im Ergebnis des Leistungsprozesses entsteht
und
b) die Immobilie wesentlicher Produktionsfaktor ist, der in den Leistungspro-
zess des Immobilienunternehmens eingebracht wird, um letztendlich ein
wirtschaftliches Ergebnis aus der Immobilie erzielen zu können.
Damit umfasst die Immobilienwirtschaft all jene Leistungsprozesse, die unmittelbar
an den Lebenszyklus der Immobilie gebunden sind. Besonderes Merkmal der Immobi-
lienwirtschaft ist die unmittelbare Verschmelzung von Produktions- und von Dienst-
leistungsprozessen. Nach der Entstehung der Immobilie im Ergebnis des Produkti-
10
Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer
onsprozesses schließt sich ein vergleichsweise langer Nutzungs- und Bewirtschaf-
tungszeitraum an, in dem aus der Dienstleistungserbringung an der Immobilie wirt-
schaftliche Erträge generiert werden. Die hiermit verbundenen Aufgabenfelder wer-
den von mehr oder weniger auf diese Leistungsphasen spezialisierten Unternehmen
erbracht. Eine marktorientierte Unternehmensführung gewinnt dabei für alle immobi-
lienwirtschaftlichen Unternehmen an Bedeutung.
1.1.2 Charakteristik des Wirtschaftsgutes Immobilie und des

Immobilienmarktes
Fasst man die Immobilienwirtschaft als eine spezielle Betriebswirtschaftslehre, so
resultieren deren Besonderheiten gegenüber anderen speziellen Betriebswirtschafts-
lehren aus der Charakteristik des Wirtschaftsgutes Immobilie.

1. Standortgebundenheit
Wesentliches Charakteristikum des Wirtschaftsgutes Immobilie gegenüber anderen
Wirtschaftsgütern ist deren Immobilität, d.h. Unbeweglichkeit und damit Standortge-
bundenheit.
Aus diesem Merkmal lassen sich zwei Betrachtungsweisen ableiten:
a) die Bindung an den Boden gemäß § 94 BGB, wonach zu den wesentlichen Be-
standteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen
Sachen, insbesondere Gebäude gehören;
b) der Boden als komplementäres Gut zum Gebäude. Hier wird der Bodenmarkt als
dem Immobilienmarkt vorgelagerten Markt betrachtet. Das heißt, dass die Mög-
lichkeiten und Grenzen immobilienwirtschaftlicher Marktentwicklung maßgeb-
lich von der Baulandausweisung in Quantität und Qualität (nach der Nutzungsart
gemäß Baunutzungsverordnung) abhängen.
Diese Standortgebundenheit bedingt die Abhängigkeit der Vermarktung (Verkauf und
Vermietung und damit dauerhafte Nutzung) von der regionalen Wirtschafts- und
Arbeitsmarktsituation, von der technischen und kulturellen Infrastruktur sowie von
ökologischen Faktoren. Aufgrund der Standortgebundenheit existiert eine Vielzahl
von Teilmärkten und ergibt sich zwangsläufig die Besonderheit der Einmaligkeit jeder
Immobilie.
2. Einmaligkeit
Jede am Markt befindliche Immobilie ist ein Unikat. Ein Unikat insofern, dass selbst
bei gleichem Grundriss keine Immobilie völlig identisch mit einer anderen ist. Diese
Einmaligkeit resultiert aus der Standortgebundenheit. Der Standort kann weiter –
Region, Stadt, Gemeinde – oder enger – Stadtbezirk, Straße – gefasst werden. Selbst bei
11


1 Einführung in die Immobilienwirtschaft

gleichem Grundriss von Wohnungen in ein und demselben Haus bleibt jede Wohnung
ein Unikat, z.B. aufgrund von Unterschieden in der Belichtung und in der Beschal-
lung. Aus dieser Einmaligkeit jeder Immobilie ergibt sich wiederum die Heterogenität
des Wirtschaftsgutes Immobilie.

3. Heterogenität
Die oben beschriebene Einmaligkeit bedingt zwangsläufig die Heterogenität, d.h.
Ungleichartigkeit der Immobilien. Die Heterogenität kann größer oder sehr klein sein
und damit bereits in Richtung homogener Güter gehen. Größer insofern, wenn bspw.
Drei- und Vier-Raum-Wohnungen in unterschiedlichen Stadtbezirken miteinander
konkurrieren. Diese Drei- und Vier-Raum-Wohnungen befinden sich zwar auf dem
Teilmarkt Wohnimmobilien, werden aber nach Lage und Ausstattung unterschiedli-
chen Ansprüchen gerecht. Das gleiche gilt für Büroimmobilien in verschiedenen Städ-
ten. Diese konkurrieren insofern miteinander, wie die Entscheidung zwischen ver-
schiedenen Standorten für die Ansiedlung eines Unternehmens getroffen wird. Die
Ungleichartigkeit ist sehr klein, tendiert gegen Null, wenn bspw. zwei Zwei-Raum-
Wohnungen in einem Haus in unterschiedlichen Etagen miteinander konkurrieren. In
dem Fall ist eine völlige Substituierbarkeit möglich. Trotz oben beschriebener Einma-
ligkeit können diese in dem Fall tendenziell als homogene Güter eingestuft werden.

4. Lange Produktionsdauer
Ein weiteres Charakteristikum besteht in der langen Produktionsdauer der Immobilie.
Gemeint ist hier nicht nur der unmittelbare Bau der Immobilie, sondern vor allem
auch das lange Planungs- und Genehmigungsverfahren, das der Bauphase unmittel-
bar vorgelagert ist. Der Zeitraum zwischen Investitionsentscheidung und Fertigstel-
lung und damit Nutzungsübergabe kann in Abhängigkeit von der Größenordnung
des zu realisierenden Projekts zwischen 2 und 5 Jahren oder länger betragen. Unsi-

cherheiten über die Produktionsdauer resultieren aus der nicht exakt vorhersehbaren
Dauer des Genehmigungsverfahrens, aus der Unabwägbarkeit witterungsbedingter
Verzögerungen in der Bauphase und häufig aus einem mangelhaften Planungs- und
Baumanagement.
Infolge der langen Produktionsdauer besteht zwangsläufig eine geringe Angebotselas-
tizität. Es kann nur mit Zeitverzögerung auf eine veränderte Nachfrage reagiert wer-
den. Gleichzeitig geht damit eine erhöhte Unsicherheit für den Investor einher. Verän-
dert sich die Nachfrageentwicklung während der „Produktionszeit“ der Immobilie,
lassen sich die noch in Realisierung befindlichen Immobilien gegebenenfalls nur mit
Preisabschlägen vermarkten. Die eingangs kalkulierten Verkaufs- oder Vermietungs-
preise lassen sich nicht mehr erzielen mit allen damit verbundenen wirtschaftlichen
Konsequenzen für den Investor.
12
Prof. Dr. habil. Kerry-U. Brauer
Das in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur als „Spinnwebtheorem“ oder
„Schweinezyklus“ bezeichnete Phänomen ist ein typisches für die Immobilienwirt-
schaft. Das Angebot jedes Wirtschaftsgutes hängt von der Gewinnerwartung ab. Mit
wachsender Immobiliennachfrage steigen die Immobilienpreise und erhöht sich die
Gewinnspanne. Folglich wird die Immobilienproduktion gesteigert und etablieren
sich auch Bauträger und Projektentwickler mit geringerer Produktivität am Markt.
Auch diese können infolge gestiegener Preise Gewinne erzielen. Mit zeitlicher Verzö-
gerung von 2 bis 5 Jahren kommen diese Immobilien auf den Markt. Sie drängen,
bedingt durch die lange Produktionsdauer, selbst dann noch auf den Markt, wenn die
Sättigung der Nachfrage bereits erreicht ist. Die Folge ist ein Überangebot, das einen
mehr oder weniger drastischen Preisverfall bedingt. Dieser Preisverfall hat vor allem
im Hinblick auf die mit der Immobilieninvestition verbundene hohe Kapitalbindung
wirtschaftliche Konsequenzen.

5. Hohe Kapitalbindung
Die Entscheidung für eine Immobilieninvestition ist immer mit der Entscheidung für

eine relativ hohe immobile Kapitalbindung verbunden. Die Dauerhaftigkeit dieser
hohen immobilen Kapitalbindung hängt vom Zeitraum des Immobilieneigentums ab.
Bei einem Zwischeninvestor, d.h. einem Investor der zwischenzeitlich in eine Immobi-
lie zum Zwecke des Verkaufs investiert (Bauträger, Projektentwickler), ist die hohe
Kapitalbindung relativ kurz. Dennoch trägt dieser das Risiko veränderter Marktlage
und damit veränderter Verkaufspreise vollständig (vgl. „Schweinezyklus“), sofern
nicht der Verkauf bereits vor Fertigstellung erfolgte.
Beim Endinvestor, der die Immobilie zum Zwecke dauerhafter Vermietung oder Ei-
gennutzung im Bestand behält, ist die hohe Kapitalbindung entsprechend lang. Auch
er trägt das Risiko einer veränderten Marktlage in Form stagnierender oder sinkender
Mietpreise, was die langfristige Werthaltigkeit der Immobilie beeinflusst. Waren in der
Vergangenheit regelmäßig kontinuierliche Immobilienwertsteigerungen erzielbar, sind
diese nunmehr wesentlich volatiler und hängen maßgeblich von der konkreten wirt-
schaftlichen und demographischen Entwicklung des regionalen Standortes ab. Weite-
rer Faktor für die Wertstabilität oder Wertsteigerung von Immobilien ist deren nach-
frageadäquate Nutzung. Gemeint ist damit deren Anpassungsmöglichkeit an eine
veränderte Nachfrage in der Nutzungsart und -qualität (Ausstattung, Grundrissgestal-
tung etc.).
6. Dauerhaftigkeit/ Langlebigkeit
Im Unterschied zu den meisten anderen Gütern zeichnet sich eine Immobilie durch
ihre Dauerhaftigkeit oder Langlebigkeit aus. Das bedeutet, dass Immobilien während
ihrer Lebensdauer oft mehrfach gekauft und verkauft werden. Somit konkurrieren
13

1 Einführung in die Immobilienwirtschaft

Immobilienbestand und Neubauten miteinander. Quantitativ dominiert bei weitem
der Bestand an Immobilien gegenüber den neu gebauten Objekten.

7. Hohe Übertragungskosten

Übertragungskosten entstehen sowohl bei der Übertragung des Eigentums an Immo-
bilien als auch bei der Übertragung der Nutzung von Immobilien. Bei der Eigentums-
übertragung entstehen Übertragungskosten in Form der Erwerbsnebenkosten. Das
sind: Grunderwerbssteuer, Notar- und Amtsgerichtsgebühren und Maklercourtage.
Mit der Nutzungsübertragung sind Übertragungskosten in Form von Umzugskosten,
Aufwendungen für Adressenumschreibung etc. und ggf. Maklercourtage verbunden.
Übertragungskosten sind insbesondere dann von Bedeutung, wenn man die Immobi-
lieninvestition als eine Möglichkeit der Geldanlage betrachtet. Der Einfluss auf die
Rendite dieser Geldanlage ist umso größer, je kürzer die Immobilie im Bestand gehal-
ten wird. So bedingen allein schon die Übertragungskosten eine vergleichsweise lange
Haltedauer von Immobilien.
Charakteristik des Immobilienmarktes
Der Markt im Ursprung seiner Bedeutung ist der „Ort“, auf dem Angebot und Nach-
frage aufeinander treffen. In der wirtschaftswissenschaftlichen Theorie wird zwischen
vollkommenen und unvollkommenen Märkten unterschieden. Diese Unterscheidung
geht auf das Modell der vollständigen und der unvollständigen Konkurrenz zurück.
Merkmale vollständiger Konkurrenz sind:
1. Homogenität angebotener Güter;
2. absolute Angebotselastizität;
3. vollständige Markttransparenz;
4. unendlich große Anzahl von Anbietern und Nachfragern.
Diese Merkmale drücken die Idealvorstellung für einen vollkommenen Markt aus. Je
weniger der aufgeführten Merkmale auf einen Markt zutreffen, desto unvollkomme-
ner ist dieser. Werden diese Merkmale auf den Immobilienmarkt bezogen, kann kons-
tatiert werden:
1. Die angebotenen Güter sind heterogen. Damit bestehen zwangsläufig Präferenzen
für einen bestimmten Anbieter oder ein bestimmtes Angebot.
2. Es besteht eine geringe Angebotselastizität gegenüber Nachfrageänderungen,
bedingt durch die lange Produktionsdauer von Immobilien.
3. Markttransparenz ist infolge der nebeneinander existierenden verschiedenen

Organisationsformen bei der Vermarktung von Immobilien nur partiell gegeben.
4. Auf den jeweiligen Teilmärkten ist die Anzahl agierender Anbieter und Nachfra-
ger begrenzt.

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