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Gredleriana Vol 003-0231-242

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Gredleriana

Vol. 3 / 2003

pp. 231 - 242

Landschaftsnutzung der Großen Mausohren (Myotis
myotis Borkh., 1797) (Chiroptera: Vespertilionidae)
in Südtirol:
Teil 1: Telemetrie – Methodenentwicklung und -evaluation
Christian Drescher & Oskar Niederfriniger

Abstract
Landscape use by the Great Mouse Eared Bats (Myotis myotis) in South Tirol:
Telemetry
To survey the landscape use by a big colony of Greater Mouse Eared Bats (Myotis myotis) in the
Etsch Valley (South Tyrol) a new method of radiotelemetry was developed. This method, that
combines line transects and point countings with radiotracking, was called “transect telemetry”.
The new method was tested for two years. In the same time the same animals were also tracked
with the standard radiotracking method, the “Homing in on the animal”. Comparing both methods, it proved that with the transect telemetry more animals could be surveyed in the same time
with the same effort. Since they are localised from greater distances, the accuracy of the new method is less. Additionally, less data was gathered per animal. The distribution of the localisations
to different landscapes was the same with both methods. So the transect telemetry is considered
useful for this kind of query.

Einleitung
Fledermäuse (Chiroptera) stellen in Europa die überwiegende Zahl an nachtaktiven liegenden Arthropodenjägern (ihre Beutetiere sind hauptsächlich Insekten, daneben aber
auch Spinnen und Hundertfüsser). Deshalb sind große Fledermauspopulationen nicht
nur für die Stabilität eines Ökosystems, sondern auch für Land- und Forstwirtschaft
wichtig (GEBHARD 1991, GAISLER 1979). Allerdings gehören die Fledermäuse auch zu den
gefährdetsten Säugetieren Mitteleuropas. Viele Arten haben in den letzten 30 Jahren einen starken Rückgang erlitten, z.T. auf ein Zehntel des ursprünglichen Bestandes (siehe
z. B. HORÁCEK 1984, HEIDECKE & STUBBE 1989). Sie wurden deshalb in die Rote Liste der


gefährdeten Tierarten der Bundesrepublik Deutschland, ebenso in jene Südtirols aufgenommen (BLAB et al. 1984, NIEDERFRINIGER 1994). Auch das Große Mausohr (Myotis myotis)
hat diesen Bestandesrückgang erlitten. Als Gründe dafür werden angeführt: Störungen
der Sommerquartiere (HENKEL et al. 1982, ROER 1986, HEDDERGOTT 1992), Klimaveränderungen (HORÁCEK 1984), sowie der Verlust von Jagdgebieten und die Abnahme der Populationen von Beutetieren durch die in den letzten Jahrzehnten geänderte Nutzung der
Landschaft (GEBHARD 1986, 1991, ARLETTAZ 1995).
Zum Schutz der Fledermäuse ist eine gute Kenntnis ihrer Lebensweise unerläßlich. Aus
den in Südtirol bekannten Fortplanzungskolonien des Großen Mausohrs (Myotis myotis)
wurde eine repräsentative Kolonie in der Gemeinde Gargazon (Provinz Bozen) ausgewählt. Die Anforderungen dieser Großen Mausohren an ihr Quartier wurden bereits ermittelt (DRESCHER 1997, 2000). Über die Nutzung der umliegenden Landschaft durch die
Tiere dieser Kolonie, die Lebensstrategien der Männchen (welche zum überwiegenden
Teil abseits der Wochenstuben einzeln leben) und die Winterquartiere ist dagegen noch

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CH. DRESCHER & O. NIEDERFRINIGER – Landschaftsnutzung Großer Mausohren in Südtirol

wenig bis gar nichts bekannt. Als ersten Schritt hin zu einer umfassenden Kenntnis ihrer
Biologie erschien es notwendig, die Landschaftsnutzung durch die in der Gargazoner
Wochenstube versammelten Weibchen des Großen Mausohrs zu klären.

Ziele der Untersuchung
Schon bei der vorerwähnten Arbeit wurden Hinweise darauf gefunden, dass die Fledermäuse in den Obstwiesen jagen. Diese Befunde führten zu der Frage, wie wichtig die intensiv bewirtschafteten Apfelkulturen des Talbodens als Jagdgebiete sind, und wie die
Großen Mausohren im Intensivkulturland überleben können, das in dieser Form erst
seit etwa 1940 existiert.
Deshalb hat das Archäologie- und Naturmuseum Südtirol im Rahmen des Forschungsschwerpunktes „Fledermausfauna Südtirols“ die Verfasser beauftragt, die Ernährungsgrundlagen der Kolonie, das heißt die Jagdgebiete und die dort vorkommenden Nahrungstiere, zu ermitteln.
Die Untersuchung wurde in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführt. Es zeigte sich, dass
die Großen Mausohren der Gargazoner Kolonie etwa zu gleichen Teilen Obstwiesen
und Buschwälder der Talhänge nutzten, während die montanen und alpinen Gebiete
über 1000 m ü. M. gemieden wurden. Dieser Befund dürfte auch für andere Kolonien
in Südtirol gelten.
Weiters wurden die Nahrungsspektren von telemetrierten Tieren untersucht und mit

dem Angebot an potentiellen Beutetieren in den Jagdgebieten dieser Tiere verglichen.
Es zeigte sich, daß die Fledermäuse entweder Maulwurfsgrillen oder Laufkäfer (Carabiden) und Hundertfüsser (Chilopoden) verzehrt hatten. Maulwurfsgrillen sind typisch
für Apfelplantagen; Carabiden, vor allem die öfters gefundene Gattung Abax, für Wälder.
Eine detaillierte Darstellung dieser Ergebnisse beindet sich in Vorbereitung, im vorliegenden Bericht wird die Entwicklung und Evaluation der dabei angewandten Telemetriemethode beschrieben.

Untersuchungsgebiet und untersuchte Tiere
Das Große Mausohr ist die größte Fledermaus Europas mit einer Spannweite von etwa
40 cm und einer Kopf-Rumpf-Länge von 7-8 cm. Die Weibchen dieser Art bilden im Sommer große Kolonien („Wochenstuben“) in geräumigen, warmen Dachböden, wo mehrere tausend Weibchen gemeinsam ihre Jungen gebären und aufziehen können (SCHOBER
& GRIMMBERGER 1998). Die untersuchte Wochenstube in der Pfarrkirche von Gargazon
besteht aus rund 2000 adulten Tieren.
Als Jagdhabitate des Großen Mausohrs wurden nachgewiesen: Wald, Mähwiesen und
Weiden (GÜTTINGER 1997), ebenso Intensiv-Obstkulturen und frisch gemähte Wiesen (ARLETTAZ 1995). Die Jagdgebiete können bis 15 km vom Quartier entfernt sein, im Schnitt
etwa 9 km (GÜTTINGER 1997, ARLETTAZ 1995). Nach dem Auslug bei einbrechender Dunkelheit halten sich die Fledermäuse die ganze Nacht dort auf, mit höchstens einer kurzen
Unterbrechung, um die im Quartier zurückgebliebenen Jungtiere zu säugen (z. B. ROER
1988; eigene Beobachtungen). Der Rückflug ins Quartier findet in der Morgendämmerung

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statt. Zur Untersuchungszeit Ende Juni jagen die Großen Mausohren der Gargazoner Kolonie ca. 5 Stunden pro Nacht, von etwa 23:00 Uhr bis etwa 4:00 Uhr (DRESCHER 1997).
Gargazon ist eine Gemeinde im Talboden des Etschtales (270 m ü. M.), 12 km südlich
und lußabwärts von Meran. Das Etschtal, ein eiszeitlich gebildetes Trogtal, wird im Osten von den steilen Porphyrhängen des Tschöggelberges begrenzt, die ab etwa 1000 m
ü. M. in weite Hochlächen übergehen, und im Westen von den ebenso steilen Hängen
des Mendelzuges, der auf etwa 600 m ü. M. die Mittelgebirgsterrasse von Tisens ausbildet. Die Ortschaft liegt auf dem Schuttkegel des Aschlbaches, welcher in einer engen

Klamm vom Tschöggelberg herabstürzt. Südlich, westlich und nördlich des Dorfes liegen die Auen- und Torfböden der ehemaligen Etschauen und Sümpfe (s. a. SOFFEL 1910,
WEBER 1845, S. 254).
Die aktuelle Vegetation des Talbodens besteht in der Umgebung von Gargazon vor allem aus Apfelplantagen. An den Hängen stockt thermophiler Buschwald mit Flaumeichen, Mannaeschen und Hopfenbuchen, die mit zunehmender Höhe immer stärker mit
Rotföhren durchsetzt werden. Dieser Niederwald wird stellenweise durch Trockenrasen und Geröllhalden unterbrochen. In Höhen über 1000 m, auf den Hochlächen von
Tschöggelberg und Nonsberg, geht er in Mähwiesen, Weiden und Fichtenwald über. In
der Hanglage von Tisens sind Apfelplantagen, Laub- und Nadelwald und Mähwiesen
gemischt.
Die Umgebung Gargazons und damit auch das Untersuchungsgebiet kann in drei unterschiedliche Landschaften gegliedert werden:
„Talboden“: tiefer als 300 m ü. M., hauptsächlich von intensiven Apfelanbaulächen und
von Siedlungslächen bedeckt.
„Hang“: zwischen 300 und 1000 m ü. M., großteils von thermophilem Buschwald bedeckt,
kleinere Anteile an Trockenrasen, Geröllhalden und Felsen.
„Berg“: oberhalb 1000 m Meereshöhe, mit Hochwäldern, Wiesen und Weiden bedeckt.

Methodenentwicklung
Das Aufspüren jagender Großer Mausohren im Gelände ist nur mit Hilfe radiotechnischer Verfolgung (Telemetrie) möglich (Z. B. GÜTTINGER 1997, ARLETTAZ 1995, AUDET 1990,
RUDOLPH & LIEGL 1990, LIEGL & HELVERSEN 1982).
Will man den Aufenthaltsort eines Tieres telemetrisch feststellen, so muss zuerst am zu
untersuchenden Tier ein Radiosender befestigt werden, der ein (üblicherweise pulsierendes) Signal sendet. Mit geeigneten Richtantennen und Empfängern können die Richtung,
aus der ein Signal kommt und die Stärke des empfangenen Signals festgestellt werden.
Zur Feststellung des Aufenthaltsortes des Senders kommen nun prinzipiell zwei Methoden in Betracht: die „Triangulation“ und das „Homing in on the animal“ (s. WHITE
& GARROTT 1990).
Zur Triangulation wird ein Sender zeitgleich von zwei oder mehr Antennen mit unterschiedlichen Standorten empfangen. Die unterschiedlichen Kompassrichtungen werden
auf eine Karte eingetragen und es wird angenommen, dass sich der Sender im Schnittpunkt der Linien beindet. Mit entsprechender Organisation kann mit dieser Methode
ein großes Gebiet überwacht werden (begrenzt von der Reichweite des Sender – Antenne – Empfänger – Systems). Ebenso kann eine grössere Anzahl von Tieren gleichzeitig

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CH. DRESCHER & O. NIEDERFRINIGER – Landschaftsnutzung Großer Mausohren in Südtirol


überwacht werden. Signalrelexionen können bei dieser Methode zu falschen Ortungen führen.
Beim „Homing in on the animal“ wird die Richtung eines Senders bestimmt und der
Empfänger bewegt sich mit seiner Richtantenne auf diese Richtung zu, immer wieder
peilend. Die Bewegungsrichtung des Empfängers wird gegebenenfalls korrigiert, bis
der Empfänger sich in unmittelbarer Nähe zum Sender beindet. Dies wird entweder
durch direkten Sichtkontakt, die Lautstärke des Signals, starke Richtungsänderungen
in kurzer Zeit, oder dadurch, dass der Empfänger den vermuteten Aufenthaltsort des
Senders umrunden kann, festgestellt. Die Methode ist zeitaufwendig, aber sehr genau,
da Annahmen durch das weitere Vorgehen des Untersuchers veriiziert werden. Es kann
jeweils nur ein Sender verfolgt werden.
Bei Untersuchungen an Fledermäusen wurden zumeist Einzeltiere aus Kolonien von
einigen hundert Tieren mit Miniatursendern markiert und deren Aufenthaltsort mit
Hilfe von “homing in“ festgestellt. Die hier zu untersuchende große Kolonie machte es
aber notwendig, viele Tiere zu telemetrieren, um das Verhalten eines repräsentativen
Anteils der Kolonie zu ermitteln. Da Fledermäuse zu unterschiedlichen Jahreszeiten unterschiedliche Jagdgebiete aufsuchen (z. B. GÜTTINGER 1997), ist es weiters wichtig die
Tiere parallel zu verfolgen. Ähnliche Fragestellungen werden für Großsäuger mit Hilfe
der Triangulation bearbeitet (WHITE & GARROTT 1990).
Bei Fledermäusen sind die nächtlichen Aktionsradien um einiges größer als die Reichweiten der Sender (diese liegen beim Mausohr bei 1 bis 2 km, nur in Extremfällen konnten wir mehr erreichen), weshalb diese Methode nicht anwendbar ist. Wir beschlossen
deshalb, eine bei Vögeln und auch Fledermäusen oft verwendete Methode zu adaptieren:
die Linientaxierung oder Transekt-Methode (OELKE 1980, MASING et. al. 1998). Normalerweise werden dabei festgelegte Wege („Linien“ oder „Transekte“) begangen und Tiere
visuell oder anhand ihrer Lautäußerungen akustisch geortet und gezählt. Wir spürten
mit dieser Methode mit Sendern versehene Tiere nachts im Jagdgebiet auf.
Diese Methode der „Transekttelemetrie“ ist zwar weniger genau als das klassische „Homing in on the animal“. Die Umgebung des Quartiers kann aber gut in drei unterschiedliche Landschaften unterteilt werden („Talboden“, „Hang“ und „Berg“), welche in sich
relativ homogen sind, und für eine Zuordnung zu diesen Landschaften reicht die Genauigkeit.
Parallel zur Transektbefahrung wurden einzelne Tiere von einem zweiten, unabhängigen Team mit „Homing in“ verfolgt, so daß Stärken und Schwächen der neu entwickelten Methode durch direkten Vergleich geprüft werden konnten.

Durchführung
Von den etwa 2000 Großen Mausohren der Wochenstube wurden im Laufe von zwei Jahren 29 Tiere telemetriert. Im ersten Jahr wurden zehn Fledermäuse untersucht, im zweiten Jahr neunzehn. Die Daten der untersuchten Tiere werden in Tabelle 1 wiedergegeben.
Die Tiere wurden jeweils Mitte Juni mit einer Harfenfalle (TUTTLE 1974) gefangen und

mit Sendern versehen. Mitte Juni war das Gros der Weibchen beim Säugen und hatte
deshalb einen hohen Energiebedarf. Außerdem haben die bisherigen Untersuchungen
gezeigt, daß in diesem Zeitraum die Kolonie ihre Nahrung von Maulwurfsgrillen auf

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Carabiden umstellt (DRESCHER 2000). Die Sender hatten eine Batterielebenszeit zwischen
6 und 15 Tagen, was die Dauer des Untersuchungsintervalls begrenzte.

Tab. 1: UntersuchteTiere.
Frequenz: Senderfrequenz der Tiere, zugleich deren Nummer.
Ab Datum: Fangdatum = Sendebeginn. Sex: Geschlecht. f = weiblich, m = männlich
Frequenz

ab Datum

Sex

Zustand

149...kHz

bis Datum

letzter Kontakt

541.1

25.06.00

f

laktierend

27.06.00

580.1

25.06.00

f

lakt. mit Jungtier

05.07.00

600

25.06.00

f

lakt. mit Jungtier


06.07.00

638.1

25.06.00

f

laktierend

10.07.00

651.1

25.06.00

f

laktierend

01.07.00

656.1

25.06.00

f

laktierend


04.07.00

697.1

25.06.00

f

laktierend

25.6.00?

716

25.06.00

f

laktierend

29.06.00

678.2

30.06.00

f

nicht lakt.


30.06.00

697.2

30.06.00

f

laktierend

02.07.00

260

28.06.01

f

nicht lakt., juvenil ?

14.07.01

281

28.06.01

m

reproduktiv


12.07.01

322

28.06.01

f

laktierend

12.07.01

339

28.06.01

f

nicht lakt.

13.07.01

359

28.06.01

f

laktierend


13.07.01

378

28.06.01

f

laktierend

12.07.01

398

28.06.01

m

juvenil

07.07.01

422

28.06.01

f

laktierend


14.07.01

442

28.06.01

f

laktierend

12.07.01

481

28.06.01

f

laktierend

14.07.01

522

28.06.01

f

laktierend


11.07.01

541.2

28.06.01

f

laktierend

12.07.01

560

28.06.01

f

juvenil

07.07.01

580.2

28.06.01

f

laktierend


09.07.01

619

28.06.01

f

laktierend

11.07.01

638.2

28.06.01

f

laktierend

10.07.01

651.2

28.06.01

f

laktierend


07.07.01

656.2

28.06.01

f

laktierend

07.07.01

668

28.06.01

f

laktierend

14.07.01

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Das Untersuchungsgebiet wurde als Kreisläche mit dem Mittelpunkt in Gargazon und
einem Radius von 15 km ausgewählt. Dieses Gebiet umfasst den gesamten Talboden
einschließlich besiedelter Bereiche der Städte von Meran und Bozen, die Talhänge und

einen großen Teil der anschließenden Hochlächen (siehe Abb. 1).

Abb.1: Untersuchungsgebiet

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Der abendliche Auslug der Tiere, welche einen Sender trugen, und die Richtung, in
welche sie dabei logen, wurde protokolliert und sodann wurden mit dem Auto in den
untersuchten Landschaften (Tal, Hang, Berg) Transekte befahren und die Fledermäuse
zu orten versucht. Es wurden hierbei kleinere Straßen mit geringer Geschwindigkeit befahren. Eine Person steuerte das Fahrzeug, die andere ortete die Tiere mit eingebautem
Scan – Empfänger (Titley Australis 26k) und Peitschenantenne (Titley AO, ungerichteter Empfang). Die Straßen führten entweder mitten durch eine Landschaft oder lagen
am Rand des Talbodens:
Transektroute 1 „Tal“: 58 km lang, verläuft Großteils an der Grenze Talboden – Hang,
die zugleich die Obstwiesen vom Flaumeichenbuschwald trennt. Geortete Fledermäuse
können deshalb leicht einem von beiden Lebensräumen zugeordnet werden, je nachdem
auf welcher Seite der Straße sie sich beinden.
Transektroute 2 „Tschöggelberg“: 47 km lang, führt teils durch die Landschaft „Hang“,
teils am Rand von „Hang“ und „Berg“ entlang, teils verläuft sie innerhalb der Landschaft „Berg“.
Transektroute 3 „Tisens“: 12 km lang, verläuft Großteils durch die Landschaft „Hang“,
teilweise auch über eine intensiv landwirtschaftlich genutzte (Obstbau, Grünland) Mittelgebirgsterasse.
Zur Lage der Transektrouten siehe Abb. 2. Die Routen 2 und 3 wurden immer mit einem Teil der Route 1 gemeinsam befahren, so dass ein geschlossener Kreis entstand. Pro
Nacht wurde ein Transekt befahren. Auswahl von Transektroute, Richtung und Startpunkt erfolgte für jede Nacht nach dem Zufallsprinzip.
Auf den Transektrouten befanden sich im Abstand von 4 – 6 km Stellen, die etwas erhöht lagen und deshalb einen besseren Empfang gewährleisteten. Dort wurde jeweils

20 Minuten lang die Umgebung mittels Richtantenne (Titley AY/C three element Yagi)
abgehört (analog „Route Counting Method“ nach MASING et. al. 1998). Dies erhöhte die
Empindlichkeit der Methode deutlich.

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MERAN

GARGAZON

1 cm � 1km
____

: Transektroute 1 „Tal“

------ : Transektroute 2 „Tschöggelberg“
........
: Transektroute 3 „Tisens“
X : Zwischenstopp
Abb.2: Transektrouten

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BOZEN


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Sowohl während der Transekte als auch der Zwischenstopps wurden alle aktiven Frequenzen nacheinander („scan“-Funktion des Empfängers) abgehört. Kontakte wurden
mittels Richtantenne möglichst genau gepeilt. Mit Hilfe von Lautstärke und Richtungsveränderungen sowie dem Landschaftsrelief wurde der Aufenthaltsort der Fledermaus
eingegrenzt. Die Art des Signals lieferte zusätzlich Informationen über das Verhalten zum
Ortungszeitpunkt. Die Verhaltenskategorien Jagdaktivität, Ortsveränderung und Ruhe
(d.h. Aufenthalt im Wochenstuben- oder in anderen Quartieren) wurden unterschieden.
„Jagdaktivität“ wurde angenommen, wenn das geortete Tier sich mindestens 5 Minuten
im selben Gebiet aufhielt. Zur weiteren Auswertung wurden nur jene Ortungen herangezogen, an denen „jagende“ Tiere von mindestens zwei verschiedenen Richtungen im
gleichen Gebiet geortet wurden (Triangulation, WHITE & GARROTT 1990).
Nach Abschluß der Untersuchungen wurden die Tiere nach Möglichkeit wieder eingefangen und die Sender entfernt. Da die Halsbänder, mit denen die Sender an den Tieren
befestigt waren, Sollbruchstellen aufwiesen, wurden auch Tiere, die nicht wieder eingefangen werden konnten, die Sender in einer angemessenen Zeit wieder los.
Hinreichend dokumentierte Ortungen aus Jagdgebieten wurden in elektronische Karten eingetragen und mit Hilfe eines GIS-Programmes („ArcView GIS“ Environ-mental
Systems Research Institute, Inc.) ausgewertet.
Es wurde angenommen, daß Landschaften, welche anteilsmäßig stärker genutzt wurden, von den Großen Mausohren der Gargazoner Kolonie bevorzugt werden, während
solche, die seltener aufgesucht wurden, gemieden werden. Die Bevorzugung und Vermeidung von Landschaften ist Thema des nächsten Teils.
Ein Teil der Tiere wurde von einem unabhängigen Team mittels „Homing in“-Methode
genauer geortet. Dadurch erhielten wir verlässliche Daten über die Habitatnutzung und
konnten die Genauigkeit und Verlässlichkeit der Transekt-Methode abschätzen. Beide
Methoden wurden etwa gleich oft angewandt: Transekte in 20, „Homing in“ während
22 von insgesamt 31 Nächten mit aktiven Sendern.

Tab. 2:
Vergleich Transekte – Homing in, Jahre 2000 und 2001 summiert. Nächte total: Nächte
in denen die Methode angewandt wurde. FI-Nächte: Anzahl der Fledermäuse, die pro
Nacht überwacht wurden, summiert über alle Nächte.
Methode


Überwachte
Tiere

Nächte

Ortungen

Kleinste Entfernung Sender
- Empfänger

total

Fl-Nächte

Gesamt

Tal

Hang

Berg

Min

Max

Median

Transekt


28

20

238

165

90

72

3

0.15

4.2

1.2

Homing in

22

22

59

141


70

68

3

0

3.6

0.4

239


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Bewertung der Transektmethode
Mit der Transektmethode konnten in beiden Untersuchungsjahren zusammengenommen mehr Tiere überwacht werden als mit „Homing in“ (28 gegen 22 von insgesamt 29
telemetrierten Fledermäusen). Die Tiere konnten intensiver überwacht werden (244 gegen 59 Fledermausnächte). Siehe Tabelle 2. Die Untersucher konnten sich während der
Transekte weniger an die Jagdgebiete annähern als mit „Homing in“ (Mann-Whitney-U,
p < 0,001). Die Zahl der Ortungen von Fledermäusen im Jagdgebiet ist bei beiden Methoden ähnlich: 165 gegen 141. Die Verteilung der Ortungen auf die drei untersuchten
Landschaften unterschied sich nicht (Chi², p > 0,5).
Der Vergleich der beiden Methoden zeigt, daß die Transektmethode bei gleichem Aufwand (Nächte total) die Überwachung von mehr Tieren gewährleistet (Fledermaus-Nächte), wobei pro Tier aber weniger Ortungen aus Jagdgebieten gelingen. Da die Entfernung
zum Jagdgebiet größer ist, können die Jagdgebiete weniger genau geortet werden. Trotzdem unterschied sich die Verteilung der Ortungen auf die untersuchten Landschaften
nicht zwischen den Methoden. Das bedeutet, dass beide Methoden trotz unterschiedlicher Stichprobengröße und Erhebungsgenauigkeit gleichwertige Ergebnisse liefern.
Nach unseren Erfahrungen in den beiden Untersuchungsjahren 2000 und 2001 können
mit der Transektmethode zwei Untersucher die Landschaftsnutzung von bis zu 20 Fledermäusen gleichzeitig überwachen. Die Tiere konnten aus Entfernungen von bis zu 20
Kilometer empfangen werden, üblicherweise aber aus nicht mehr als 2 Kilometer. Die

meisten Ortungen gelangen von den Haltepunkten aus, nur wenige konnten auf der
Fahrt aufgenommen werden. Dies hat mehrere Ursachen: Die Haltepunkte wurden so
gewählt, dass sie einen optimalen Empfang haben. Eine Richtantenne verstärkt Signale
besser als eine Peitschenantenne. Weiters konnten auf der Fahrt gehörte Fledermäuse
oftmals mit der Richtantenne nicht mehr geortet werden. Vielfach war, wohl topographisch bedingt, der Empfang so schlecht, dass die gehörte Fledermaus von der kleinsten Geländeunebenheit wieder „verschluckt“ wurde.
Die Genauigkeit der Richtungsschätzungen schwankte, der Fehler blieb aber im Allgemeinen unter 20° (am 5. 7. 2001 gelang ein Empfang aus 12 km Entfernung mit einem
Fehler von nur 3°). Die Entfernungsschätzungen dagegen erwiesen sich als sehr ungenau. Sie konnten nur als ungefährer Anhaltspunkt die Richtigkeit von Triangulationen
belegen. So konnten sehr leise Töne sowohl aus wenigen hundert Meter Entfernung wie
aus sieben Kilometer stammen. Insgesamt war die Genauigkeit der Ortung in den meisten Fällen hinreichend für eine Zuordnung zu einer Landschaft.
Die Nachteile der Transektmethode sind ein Verzicht auf eine lückenlose Überwachung
der mit Sendern versehenen Tiere. Man nimmt weniger Daten von mehr Tieren auf, anstatt mehr Daten von weniger Tieren. Weiters ist die Genauigkeit der Ortungen geringer
als bei „Homing in“. Mit „Homing in“ kann der Aufenthaltsort eines Tieres theoretisch
ohne Fehler bestimmt werden (WHITE & GARROTT 1990). Insgesamt gesehen ist die Methode also geeignet für Fragestellungen – wie die vorliegende – welche die eher grobe
Überwachung einer größeren Zahl von Tieren zum Ziel haben.

Zusammenfassung
Zur telemetrischen Überwachung der Landschaftsnutzung einer individuenreichen Kolonie von
Großen Mausohren (Myotis myotis) im Etschtal (Südtirol) wurde eine neue Methode aus der Kombination von Radiotelemetrie und Linien- bzw. Punkttaxierung entwickelt („Transekttelemetrie“).
Diese Methode wurde in zwei aufeinanderfolgenden Jahren probeweise durchgeführt und mit ei-

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ner im gleichen Zeitraum und an den gleichen Tieren durchgeführten Standardmethode der radiotelemetrischen Verfolgung, dem „Homing in on the animal“ verglichen. Es zeigte sich, dass mit

der Transekttelemetrie mit gleichem Aufwand mehr Tiere gleichzeitig überwacht werden können.
Diese werden aber aus größerer Entfernung geortet, somit ist die Genauigkeit der Zuordnung zu
einzelnen Lebensräumen geringer. Weiters werden pro Tier weniger Daten erhoben als mit der
Standardmethode. Die Aufteilung der Ortungen auf unterschiedliche Landschaften unterschied
sich nicht. Für die vorliegende Fragestellung wird die Methode als geeignet angesehen.

Riassunto
Per sorvegliare l´uso del territorio da parte di una grande colonia di Vespertilio maggiore (Myotis myotis) è stato sviluppato un metodo nuovo, combinando i metodi “conteggio da transetto” e
“conteggio da punti” con il radiotracking (“telemetria da transetto”). Questo metodo è stato sperimentato per due anni successivi. Nello stesso tempo gli stessi animali sono stati seguiti anche
con il metodo standard, il “Homing in on the animal”. Confrontando i due metodi, si evidenzia
che con la telemetria da transetto è possibile sorvegliare più animali nello stesso tempo e con lo
stesso dispendio. Siccome gli animali vengono localizzati da distanze maggiori, l´esattezza del
nuovo metodo è minore. Anche il numero di ixings per animale è minore. Nonostante ciò la distribuzione dei ixings sui paesaggi circostanti non differisce tra i due metodi. Per questo il nuovo
metodo viene considerato idoneo per questioni come la presente.
Schlüsselwörter: Telemetrie, Myotis myotis, Großes Mausohr, Wochenstube, Landschaftsnutztung

Danksagung
Diese Untersuchung wäre nicht zustandegekommen ohne die Unterstützung folgender
Personen: Dino Scaravelli, Fabio Bontadina und René Güttinger haben uns grundlegende Kenntnisse der Telemetrie vermittelt; René Güttinger gab darüber hinaus viele Anregungen während der Ausarbeitung des Projekts. Roman Kohlmayer, Erich Gasser und
viele andere waren im Feld eine große Hilfe.
Das gesamte Team des Archäologie- und Naturmuseums Südtirol stand uns stets mit
Rat und Tat zur Seite. Hervorgehoben seien: Dr. Leo Unterholzner, welcher das Projekt
in die Wege leitete, Dr. Massimo Morpurgo und Dr. Thomas Wilhalm, welche wertvolle
Hinweise und Hilfestellungen gaben, Petra Mair, welche mir bereitwillig ihren Arbeitsplatz überließ, wenn es zeitlich und/oder räumlich „eng“ wurde. Ihnen allen ein herzliches Dankeschön!

Literatur
ARLETTAZ R., 1995: Ecology of the sibling mouse-eared bats (Myotis myotis and Myotis blythii). Dissertation. - Horus Publishers, CH – Martigny.
AUDET D., 1990: Foraging behavior and habitat use by a gleaning bat, Myotis myotis. - J. Mamm.,
71(3): 420 – 427.
BLAB J., NOWAK E., TRAUTMANN W. & SUKOPP H., 1984: Rote Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten der Bundesrepublik Deutschland. - Naturschutz aktuell 1, Kilda-Verl., Greven.

DRESCHER CH., 1997: Die Wochenstube des Großen Mausohrs (Myotis myotis) in Gargazon (Südtirol). - Diplomarbeit. Univ. Innsbruck.

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CH. DRESCHER & O. NIEDERFRINIGER – Landschaftsnutzung Großer Mausohren in Südtirol

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Anschriften der Autoren:
Mag. Christian Drescher,
Carduccistrasse 83, 39012 Meran,

Oskar Niederfriniger,
Claudia-de-Medicistrasse 8, 39012 Meran,


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