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Interkulturelle kompetenz junger vietnamesischer reiseleiter (problemzentrierte interviews mit absolventen der tourismusdeutsch ausbildung an der nationalen hochschule zu ho chi minh stadt, vietnam

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TRƯỜNG ĐẠI HỌC TỔNG HỢP BIELEFELD
KHOA VĂN HỌC VÀ NGÔN NGỮ

PHẠM THỤY THANH TRÚC

KHẢ NĂNG GIAO THOA GIỮA CÁC NỀN VĂN HÓA
CỦA HƯỚNG DẪN VIÊN TRẺ NÓI TIẾNG ĐỨC

LUẬN VĂN THẠC SĨ

BIELEFELD (CHLB ĐỨC) - 2017


Universität Bielefeld
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft

Masterarbeit
im Studiengang Deutsch als Fremdsprache und Germanistik

zum Thema:
Interkulturelle Kompetenz junger vietnamesischer Reiseleiter
Problemzentrierte Interviews mit Absolventen der Tourismusdeutsch-Ausbildung an der
Nationalen Hochschule zu Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam

vorgelegt von
Thuy Thanh Truc Pham

Erstgutachter: Dr. Lutz Köster
Zweitgutachter: Prof. Dr. Uwe Koreik

Bielefeld, im Juni 2017




Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung .................................................................................................................................... 1
1.1 Problemstellung.................................................................................................................. 1
1.2 Zielsetzungen und Fragestellungen .................................................................................... 3
1.3 Struktur der Arbeit ............................................................................................................. 5

2 Grundlagen Tourismus .............................................................................................................. 7
2.1 Tourismus ........................................................................................................................... 7
2.1.1 Geschichte und Begriffsklärungen ............................................................................ 7
2.1.2 Reiseformen und –arten ........................................................................................... 10
2.1.3 Tourismuswirtschaft in Vietnam .............................................................................. 13
2.2 Reisende ........................................................................................................................... 17
2.2.1 Definition ................................................................................................................. 17
2.2.2 Reisemotive und Urlaubertypologie......................................................................... 18
2.2.3 Deutsche Touristen in Vietnam................................................................................ 21
2.3 Reiseleitung und Reiseleiter ............................................................................................. 26
2.3.1 Reiseleitungsformen ................................................................................................. 26
2.3.2 Anforderungen an den Reiseleitern .......................................................................... 28
2.3.3 Deutschsprachige Reiseleiter in Vietnam ................................................................ 30

3 Inte rkulturelle Begegnung im Tourismus .............................................................................. 32
3.1 Interkulturelle Begegnung ............................................................................................... 33
3.2 Interkulturelle Begegnung im Kontext der Auslandsreisen ............................................. 34
3.3 Mögliche Probleme in interkulturellen Begegnungen ..................................................... 36
3.4 Kulturunterschiede zwischen Deutschland und Vietnam................................................. 38
3.5 Interkulturelle Kompetenz................................................................................................ 45
3.5.1 Aspekte interkultureller Kompetenz ........................................................................ 47
3.5.1.1 Kognitive Aspekte ....................................................................................... 47

3.5.1.2 Affektive Aspekte ........................................................................................ 48
3.5.1.3 Kommunikative Aspekte ............................................................................. 49


3.5.1.4 Verhaltensaspekte ........................................................................................ 50
3.5.1.5 Sprachliche Aspekte..................................................................................... 51
3.5.2 Interkulturelle Kompetenz der Reiseleiter................................................................ 53
3.5.3 Zur Vermittlung interkultureller Kompetenz im berufsorientierten
Fremdsprachenunterricht................................................................................................... 55

4 Aktueller Stand der Touris musdeutsch-Ausbildung in HCM-Stadt................................... 57
4.1 Herausforderungen für den vietnamesischen Tourismus ................................................. 57
4.2 Tourismusdeutsch-Ausbildung an der Nationalen Hochschule zu HCM-Stadt............... 60
4.2.1 Entstehung und Entwicklung ................................................................................... 60
4.2.2 Arbeitswelt der Absolventen .................................................................................... 61

5 Empirische Forschung ............................................................................................................. 62
5.1 Methodologische Vorgehensweise................................................................................... 63
5.1.1 Problemzentriertes Interview ................................................................................... 63
5.1.2 Frageformen ............................................................................................................. 64
5.1.3 Güterkriterien ........................................................................................................... 65
5.1.4 Grounded Theory ..................................................................................................... 66
5.2 Datenerhebung ................................................................................................................. 67
5.2.1 Sampling................................................................................................................... 67
5.2.2 Interviewfragen ........................................................................................................ 69
5.2.2.1 Reduktion der Fragesammlung und Begründung ............................................ 69
5.2.2.2 Überprüfung der Fragen .................................................................................. 76
5.2.2.3 Sortierung der Fragen ...................................................................................... 78
5.2.2.4 Formulierung der übergeordneten Erzählaufforderungen ............................... 79
5.2.3 Durchführung des Interviews ................................................................................... 81

5.3 Datenauswertung .............................................................................................................. 82

6 Inte rpretation der Ergebnisse ................................................................................................. 85
6.1 Deutscher Touristenmarkt in Vietnam ............................................................................ 86
6.2 Probleme der jungen vietnamesischen Reiseleiter ........................................................... 87
6.2.1 In der Reiseleitung ................................................................................................. 87


6.2.2 In interkulturellen Begegnungen ........................................................................... 89
6.3 Interkulturelle Kompetenz der vietnamesischen deutschsprechenden Reiseleiter........... 91
6.4 Tourismusdeutsch-Ausbildung an der Deutschabteilung................................................. 94
6.5 Schlussfolgerungen .......................................................................................................... 97
7 Projekt „Gute Fahrt in die Onkel-Ho-Stadt“ ........................................................................ 99

8 Fazit ......................................................................................................................................... 104

Literaturverzeichnis
Anhang
Kodierleitfaden


1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Im Zeitalter der Globalisierung steigen die Erfahrungen mit interkulturellen Begegnungen nicht
nur in Bezug auf die Verbindung der nationalen Wirtschaft mit ausländischen Partnern, sondern
auch in der Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und Kultur. Im Bereich der Freizeitaktivitäten
konfrontiert der Tourismus seit den 1960er Jahren die deutschen Urlauber mit anderen fremden
Gastkulturen, wobei sie versuchen, sich mit Menschen anderer Muttersprache beziehungsweise
Verhaltensweisen zu verständigen (vgl. Broszinsky-Schwabe 2011: 3). Der deutsche OutboutTourismus entwickelte sich die letzten Jahre rasend schnell. Unter den Ländern, die als
Weltmeister für den internationalen Tourismus gelten, sitzt Deutschland nicht selten an der Spit ze

(vgl. Herdin 2014: 147). Nachdem sie in andere europäische Länder verreisen, bereisen sie die
ferner liegenden Länder. „Fast drei Viertel aller Deutschen wollen dem eigenen Land den Rücken
kehren“ (Schmeer-Sturm 2001: 6). Seither wurden Entwicklungsländer1 , in denen die Urlauber
vor allem erlebnisorientiert und aktiv reisen können, beliebter. Dort können sie viel im Land
herumreisen und möglichst viele Sehenswürdigkeiten besuchen. Um reinen Badeurlaub und
teilweise auch Abenteuerreisen zu erleben, sind Entwicklungsländer als Reiseziele für Urlauber
aus den westlichen Industrieländern ebenfalls beliebt (vgl. Aderhold, Peter [u.a.] 2006: 1).

__________________________
1

Entwicklungsländer in diesem Kontext werden nach verschiedenen Kriterien definiert, z.B. wirtschaftliche

Kriterien

(Pro-Kopf-Ein ko mmen,

Spar- und

Investitionstätigkeit, Produktivität

der Arbeit , Anteil der

Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft etc.) oder soziale Kriterien (Lebenserwartung, Ernährungsstand der
Bevölkerung, Analphabetenquote usw.) (vgl. Aderhold [u.a.] 2006: 1)

1


Die steigende Anzahl der deutschen Reisenden ins das S-förmige Land Vietnam, das sowohl

faszinierende Sehenswürdigkeiten mit zahlreichen sehenswerten Küsten, Bergen, Wäldern als
auch kulturellen sowie geschichtlichen Mythos besitzt, stellt somit keine Überraschung dar.
Parallel ergeben sich aufgrund des rasanten Anstiegs an deutschen Touristen große
Herausforderungen an den vietnamesischen Tourismus. Neben der Verbesserung der
touristischen Infrastruktur ist eine qualifizierte Arbeitsgruppe im Dienstleistungsbereich
notwendig. Dazu gehören Reiseleiter2 , die von den Touristen nicht selten als Vertreter ihres
Landes gesehen werden.
Das führt zur

Entstehung der viersemestrigen Tourismusdeutsch-Ausbildung an der

Deutschabteilung3 der Nationalen Hochschule zu Ho-Chi-Minh-Stadt. Das Ziel dieser
Ausbildung ist das Heranbilden einer Gruppe deutschsprachiger Reiseleiter, die nicht nur
tourismusfachspezifisch qualifiziert ist, sondern auch über umfangreiche Kenntnisse in Bezug auf
Tourismus und die deutsche Sprache verfügt. Um ein guter Reiseleiter zu werden, müssen die
Studenten einer Vielzahl an Anforderungen genügen. Eine der wichtigsten Schlüsselqualifikation,
die jeder internationale Reiseleiter bezüglich der Begegnung mit ausländischen Reisenden
besitzen sollte, ist die interkulturelle Kompetenz.
Warum die interkulturelle Kompetenz eine zentrale Schlüsselqualifikation ist, gilt es in dieser
Ausarbeitung zu beantworten. Dazu werden die Internationalisierung und Globalisierung, die zur
interkulturellen Interaktion zwischen Menschen aus verschiedenen Ländern betreiben,
berücksichtigt. Internationaler Tourismus meint das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen,
wobei aufgrund kultureller Differenzen Probleme bei interkulturellen Begegnungen entstehen
können. Laut Erll und Gymnich (2007: 1) ist die Fremdenfeindlichkeit die äußerste Auswirkung
des Mangels an interkultureller Kompetenz.

__________________________
2

In der gesamten Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit bei geschlechtsspezifischen Begriffen die


masku line Form verwendet. Diese Form versteht sich exp lizit als geschlechtsneutral. Gemeint sind selbstverständlich
immer beide Geschlechter.
3

Die Faku ltät für deutsche Sprache und Literatur an der Hochschule für Geistes - und Gesellschaftswissenschaften

(USSH), einer Teiluniversität der Nationaluniversität HCM-Stadt

2


Mit ihrer immer wichtiger werdenden Rolle in der Weltentwicklung wurde die interkulturelle
Kompetenz beziehungsweise interkulturelle Kommunikation in der letzten Zeit oft thematisiert.
Viele Wissenschaftler, wie Bolton 2001, 2006, 2007; Weidemann/Straub/Northnagel 2010;
Eberhard 2013; Otten/Scheitza/Cnyrim 2007; Lüsebrink 2016; Erll/Gymnic h 2007, beschäftigten
sich mit diesem Forschungsbereich. Der Tourismus mit seiner rasanten Entwicklung ist ebenfalls
kein neues Forschungsthema. Über ihn wurde von zahlreichen Wissenschaftlern in ihren
Publikationen geforscht, wie Freyer 2015; Schmeer-Sturm 2001; Mundt 2013; Opaschowski
2002; Schurian-Bremecker 1989; Herdin 2014. Das Zusammentreffen zwischen den beiden
genannten Forschungsbereichen –interkulturelle Begegnungen und Tourismus- kann in der
Literatur allerdings gefunden werden (vgl. Breede 2008, Kösterke 2000, Urleb 2008). Viele
Komponente beziehungsweise Phänomene in Bezug auf dieses Themenfeld wurden in der
Publikation von Kösterke erwähnt, wie zum Beispiel das Verhalten beziehungsweise die
Ansprechbarkeit einer bestimmten Touristengruppe, jedoch ohne etwas über die Rolle des
Reiseleiters zu sagen.

Ebenfalls werden in der Publikation von Breede über das

Aufeinandertreffen zwischen Reisenden und Einheimischen, die Rolle des Reiseveranstalters,

seines Programms und Reiseleiters gesprochen, jedoch ohne die interkulturelle Kompetenz des
Reiseleiters zu thematisieren. Urleb beschrieb in ihrem Buch die Entwicklung eines Lehrmoduls
hinsichtlich interkultureller Kommunikation im Tourismus, jedoch ohne die Rolle der Reiseleiter
zu berücksichtigen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Thema „interkulturelle
Kompetenz der Reiseleiter“ bisher in der Literatur vernachlässigt wird. Die Forschungssituation
in Vietnam ist noch pessimistischer, da bisher keine Literatur beziehungsweise Empirie über
deutschsprachige Reiseleiter beziehungsweise den deutschen Reisemarkt veröffentlicht wurde.
Darüber hinaus ist eine Forschung zu diesem Thema nötig. Das ist ebenfalls die Motivation der
hier vorliegenden Arbeit.

1.2 Zielsetzungen und Fragestellungen
Nach der Ausbildung steigen viele Absolventen der Deutschabteilung offiziell in den Beruf des
deutschsprachigen Reiseleiters ein, jedoch wird ihr Arbeitsbild nach dem Studium bisher kaum
untersucht.
Das Thema dieser Masterarbeit wird anhand folgender zentraler Forschungsfragen untersucht:

3


1. Welche Probleme treten bei Begegnungen zwischen vietnamesischen deutschsprechenden
Reiseleitern und deutschen Touristen während der Reise auf?
2. In welchen Verhältnissen wirkt sich die möglich vorhandene interkulturelle Kompetenz der
vietnamesischen deutschsprechenden Reiseleiter auf ihre Reiseleitung mit deutschen
Touristen aus?
Durch die Bearbeitung der ersten Forschungsfrage werden durch problemzentrierte Interviews
mit vietnamesischen deutschsprechenden Reiseleitern ihre Erfahrungen und Wahrnehmungen
bezogen auf die folgenden vier Themenblöcke abgebildet. Die Themenblöcke sind der deutsche
Reisemarkt in Vietnam, die Tätigkeit des deutschsprechenden Reiseleiters, die interkulturelle
Begegnung zwischen vietnamesischen Reiseleitern und deutschen Touristen und die
Tourismusdeutsch-Ausbildung an der Hochschule zu Ho-Chi-Minh-Stadt. Dadurch werden die

Probleme der Reiseleiter während der Reiseleitung konzentriert betrachtet.
Mit der Bearbeitung der zweiten Forschungsfrage werden anhand der vier genannten
Themenblöcke die Auswirkungen der interkulturellen Kompetenz der Reiseleiter auf die gesamte
Reiseleitung interpretiert.
Das Thema Interkulturalität ist ein breites Forschungsfeld, weswegen eine thematische
Eingrenzung

in

der

vorliegenden

Arbeit

notwendig

ist.

Der

hier

bearbeitete

Forschungsgegenstand ist die interkulturelle Kompetenz der Reiseleiter in Bezug auf die
Begegnung mit deutschen Touristen, die sich in dieser Arbeit auf die Praxis in Vietnam bezieht.
Aus diesem Grund werden die Komponenten, die mit den zentralen Forschungsfragen in einem
weiteren Zusammenhang stehen, wie die Kulturmodelle, Kulturdimensionen oder die Begegnung
zwischen


deutschen

Touristen

und

vietnamesischen

Einheimischen

beziehungsweise

interkulturelle Kompetenz der deutschen Touristen, im Rahmen dieser Arbeit nicht thematisiert,
sondern nur kurz erläutert, falls nötig. Zweiten Punkt bei der Eingrenzung zu betrachten ist, dass
die Analyse der Curricula der Tourismusdeutsch-Ausbildung als keine Zielsetzung der
vorliegenden Arbeit gilt, sondern sie dienen nur dazu, einen Überblick über die Inhalte der
Ausbildung darzustellen. Deswegen werden sie im Rahmen dieser Forschung nicht im Detail
analysiert. Eine weitere Besonderheit des deutschen Reisemarkts in Vietnam ist das Einteilen der
vietnamesischen Geografie in die drei Segmente Nord-, Mitte- und Südvietnam. Die deutschen
Touristen werden in jeder Gegend von mindestens einem einheimischen Reisleiter begleitet.
Bewegen sie sich in einem anderen Landesteil, ist ein anderer Reiseleiter für die Reiseleitung

4


verantwortlich. Es gibt ebenfalls die Reiseleiter, die die gesamte Reise kontinuierlich vom
Norden bis in den Süden übernehmen, das ist jedoch nur eine geringe Anzahl. Diese Arbeit
bezieht sich auf die Absolventen der Tourismusdeutsch-Ausbildung an der Deutschabteilung.
Infolgedessen wird im Wesentlichen über die Reiseleiter, die nach ihrem Studium hauptsächlich

in Südvietnam, das heißt in Ho-Chi-Minh-Stadt und der näheren Umgebung arbeiten,
eingegangen. Die Reiseleiter in anderen Landesteilen werden nicht thematisiert.

1.3 Struktur der Arbeit
Das zwe ite Kapitel widmet sich der terminologischen Klärung zu touristischen Grundlagen. Das
erste Unterkapitel beginnt mit einer kurzen Erläuterung der Geschichte des Tourismus und seiner
Entwicklung von der Vergangenheit bis hin zur Gegenwart. Zunächst werden die Definitionen
der Begriffe, die häufig für den ‘Tourismus‘ verwendet werden, erưrtert und kurz verglichen. Im
Weiteren

werden

die

Klassifikationskriterien

Reiseformen

beziehungsweise

aufgelistet

und

die

-arten

Entwicklung


anhand
der

unterschiedlicher
vietnamesischen

Tourismuswirtschaft wird präsentiert. Anschliend werden Reisende beziehungsweise Touristen
definiert und klassifiziert. In Kapitel 2.2.2 werden die häufigsten Reisemotive und die darauf
basierenden Touristentypen vorgestellt. Im weiteren Unterkapitel werden aktuelle Statistiken
über die allgemeinen Reisetrends der Deutschen mithilfe der Reiseanalysen 2017 und daran
anschließend die Anzahl der deutschen Touristen, die nach Vietnam reisen sowie deren
Entwicklung in den Jahren 2007 bis 2016, nach Angaben des vietnamesischen Ministeriums für
Kultur, Sport und Tourismus, vorgestellt. In Kapitel 2.3 wird die Reiseleitung näher betrachtet.
Zunächst werden die verschiedenen Kategorisierungen der Reiseleitungsformen beziehungsweise
Reiseleitertypologien und die an den Reiseleiter gestellten Anforderungen, die sich je nach
Veranstalter unterscheiden, präsentiert. Um dem Forschungsgegenstand näher zu kommen, wird
anschließend die Tätigkeit der deutschsprachigen Reiseleiter in Vietnam vorgestellt.
Im dritten Kapitel wird die interkulturelle Begegnung, zunächst im Wesentlichen, dann im
Kontext der Auslandsreisen, thematisiert. Ihre Rolle in der Entwicklung des Tourismus wird
daraufhin angegeben. Infolgedessen werden die allgemeinen Problempotenziale in der
interkulturellen Kommunikation vorgestellt. Um den konkreten Situationen der möglichen
Probleme in der Kommunikation zwischen deutschen Touristen und dem vietnames ischen

5


Reiseleiter näher zu kommen, werden die zentralen Kulturstandards der beiden Länder erläutert
und zu einem wesentlichen Vergleich gebracht. Warum interkulturelle Kompetenz der
Forschungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist und warum sie in der int erkulturellen
Begegnung fundamental ist, wird in Kapitel 3.5 erläutert. Zunächst wird die interkulturelle

Begegnung definiert, dann werden ihre Teilkompetenzen dargestellt. Anschließend wird die
Rolle der interkulturellen Kompetenz zunächst in interkulture lle Begegnungen und dann im
Kontext des Tourismus präsentiert. Wozu die interkulturelle Kompetenz dem Reiseleiter dient
und wie sie im berufsorientierten Fremdsprachenunterricht vermittelt werden soll, wird in diesem
Kapitel ebenfalls erörtert.
In Kapitel 4 werden die Herausforderungen für die vietnamesische Tourismusbranche erläutert.
Das führt zur Entstehung der Tourismusdeutsch-Ausbildung an der nationalen Hochschule zu
HCM-Stadt, die in Kapitel 4.2 vorgestellt wird. Danach werden die Arbeitschancen der
Absolventen der Deutschabteilung

im Tourismusbereich nach ihrem Studienabschluss

präsentiert.
Im empirischen Teil dieser Arbeit (Kapitel 5) werden zunächst die methodologischen
Vorgehensweisen dargestellt. Dazu zählen das problemzentrierte Interview, Frageformen,
Güterkriterien und Grounded Theory. Anschließend wird schrittweise die Datenerhebung
präsentiert. Mit der Datenauswertung wird dieses Kapitel abgeschlossen.
In Kapitel 6 werden die Einstellungen der vietnamesischen, deutschsprechenden Reiseleiter zu
den Themenblöcken bezogen auf den deutschen Reisemarkt in Vietnam, ihre Probleme in der
Begegnung mit den deutschen Touristen, die interkulturelle Kompetenz, die TourismusdeutschAusbildung an der Deutschabteilung und ihre Vorschläge zur Verbesserung der Qualifikation der
zukünftigen Reiseleiter, interpretiert.
Zur Erweiterung der interkulturellen Kompetenz der zukünftigen Reiseleiter im Rahmen der
Tourismusdeutsch-Ausbildung an der Deutschabteilung werden die ersten Entwürfe des Projekts
„Gute Fahrt in die Onkel-Ho-Stadt“ von der Verfasserin dieser Masterthesis in Kapitel 7
vorgeschlagen. Zum Schluss wird die vorliegende Arbeit selbstkritisch beleuchtet und es werden
weitere Anmerkungen, die während der Untersuchung aufgetreten sind, benannt.

6



2 Grundlagen Tourismus
Dieses Kapitel beschäftigt sich mithilfe vorhandener Literatur mit den Begriffen der relevanten
Beteiligten des Tourismus. Das sind der Tourismus selber, die Touristen sowie die Reiseleiter.
Danach werden sie anhand aktueller Statistiken im konkreten vietnamesischen Kontext vertieft.

2.1 Tourismus
2.1.1 Geschichte und Begriffsklärungen
„Die Geschichte des Tourismus ist so eng mit jener des Reisens verknüpft, dass man beide nicht
ohne Weiteres voreinander trennen kann“ (Breede 2008: 119).
Schon im alten Ägypten und Rom gehörte das Reisen zu den menschlichen Verhaltensweisen.
Jedoch durften nur die adlige Oberschicht oder das wohlhabende Bürgertum mit
unterschiedlichen Motivationen reisen. Das waren die Gründe Geschäft und Handel, Bildung und
Religion, Forschungsinteressen und der Drang nach Entdeckungen und Erholung (vgl. Brusatti
1984: 10). Im Laufe der Geschichte wurde das Privileg zum Reisen der Elite nach und nach
vernichtet und bis heute ist der Tourismus ein wichtiger Teil des menschlichen Lebens aller
Schichten.
Nach Freyer (2015: 11) werden vier Epochen des Reisens durch die Unterscheidungskriterien des
Transportmittels, der Reisemotivation und der Teilnehmerzahl und –schicht geprägt: die
Vorphase bis 1850, die Anfangsphase (1850-1914), die Entwicklungsphase (1914-1945) und die
Hochphase (ab 1945).

7


Epoche

Zeit

Transportmittel


Motivati on
Nomaden
Pilgerreise
Kriegszüge
Geschäft
Entdeckung
Bildung

Teilnehmer

Vorphase

bis ca. 1850

zu Fuß
zu Pferd
Kutsche
z.T. Schiff

Anfangsphase

1850-1914

Bahn (Inland)
Dampfschiff
(Ausland)

Erholung

neue Mittelklasse


1914-1945

Bahn
Auto, Bus
Flug
(Linie)

Entwicklungsphase

Kur, Erholung
Kommerz

Wohlhabende Arbeiter
(KdF)

Hochphase

ab 1945

Auto
Flug
(Charter)

Regeneration
Erholung
Freizeit

alle Schichten
(der Industrieländer)


Elite:
Adel,
Gebildete,
Geschäftsleute

Abbildung 1: Epochen des Tourismus (ebd.)

Um die Tätigkeit als Reisen zu bezeichnen, werden folgende verwandten Begriffe teilweise
synonym verwendet: Fremdenverkehr, Urlaub, Reisen, Sommerfrische, Ferien etc. (vgl. Stengel
2007: 686). „All diese Bezeichnungen meinen das Reisen, also den Verkehr zwischen dem
Heimatort und dem vorübergehenden Aufenthaltsort einer Person zum Zweck der Erholung, der
Regeneration, des Gelderwerbs und aus sonstigen Gründen“ (Schulz [u.a.] 2010: 8). Im Weiteren
werden die in der Literatur am häufigsten verwendeten Begriffe ‘Fremdenverkehr‘, ‘Tourismus‘,
‘Urlaub‘ und ‘Reisen‘ erläutert.
Der Begriff ´Fremdenverkehr´, der früher in Deutschland vorherrschend war, um das Reisen zu
bezeichnen, wird folgendermaßen definiert:
„der Inbegriff der Beziehungen und Erscheinungen, die sich aus dem Aufenthalt Ortsfremder ergeben,
sofern durch den Aufenthalt keine Niederlassung zur Ausbildung einer dauernden oder zeitweiligen
hauptsächlichen Erwerbstätigkeit begründet wird“ (Hunziker/ Krapf 1942: 21).

Diese Definition bezieht sich auf die soziologische Komponente im Rahmen des Tourismus,
durch die die zwischenmenschlichen Beziehungen bekräftigt werden.

Aufgrund

der

Dienstleistungs- und Kundenorientierung wird der Begriff jedoch heute fast vollständig durch
den Begriff „Tourismus“ ersetzt, der an den französischen Begriff ‘tourisme‘ und den englischen

‘tourism’ anlehnt, da Gäste oder Kunden ungern als Fremde bezeichnet werden (vgl. Schulz [u.a.]
2010: 8). Ein anderer Grund dieses begrifflichen Ablösungsvorgangs ist nach Lauterbach (2006:

8


15) „die zunehmende Internationalisierung von Reisebewegungen und Reisezielen sowie die
zunehmende Massenhaftigkeit dieser Aktivitäten“. Seit seiner Entstehung wird die Definition des
Begriffs ‘Tourismus’ nicht selten thematisiert.
Die Welttourismusorganisation (World Tourism Organization UNWTO) definierte auf der
internationalen Konferenz über Reise- und Tourismusstatistik in Ottawa/Kanada 1991 den
Begriff ‘Tourismus’ wie folgt:
„die Akt ivitäten von Personen, die sich an Orte außerhalb ihrer gewohnten Umgebun g begeben und
sich dort nicht länger als ein Jahr zu Freizeit-, Geschäfts- und anderen Zwecken aufhalten, wobei der
Hauptreisezweck ein anderer ist als die Ausübung einer Tätigkeit, die vo m besuchten Ort aus vergütet
wird“ (Opachowski 2002: 21f.).

In dieser Definition werden die Zwecke der Reise betont und die Beziehungen in der
Definition von Hunziker/ Krapf (ebd.) in Aktivitäten umgewandelt.
Mundt

(2013:

3)

fasst

unter

dem


Oberbegriff

‘Tourismus‘

im

Sinne

einer

alltagskulturwissenschaftlichen Sicht „alle Reisen, unabhängig von ihren Zielen und Zwecken,
zusammen, die den zeitweisen Aufenthalt an einem anderen als dem Wohnort einschließen und
bei denen die Rückfahrt Bestandteil der Reise ist“. Diese Definition betont auch die Rückfahrt
und stellt die sozial und kulturell geprägte Eigenschaft des Reisens heraus, da das Reisen nicht
nur eine Bewegung innerhalb geografischer Räume bezeichnet, sondern auch Sozialität und
Kulturalität miteinschließt.
Obwohl unterschiedliche Begriffe verwendet werden, lassen alle erläuterten Definitionen die
konstitutiven Merkmale des Tourismus hervorheben: den Ortswechsel, vorübergehender
Aufenthalt am Zielort, Aktivitäten am Reiseziel und die aus den vorgenannten Aktivitäten
resultierenden Beziehungen (vgl. Pompl 1994: 1). In der vorliegenden Arbeit hat das letzte
Merkmal, Beziehungen zu den Menschen am Urlaubsort, eine zentrale Rolle, deswegen ist die
Definition von Hunziker und Krapf für diese Ausarbeitung am passendsten.
Des Weiteren liegt das Begriffspaar ‘Urlaub’ und ‘Re isen’ im Fokus. In der Alltagssprache
werden die Begriffe ‘Urlaub’ und ‘Urlauber’ häufig mit ‘Reise’ und ‘Tourist’ synonym
verwendet (vgl. Mundt 2013: 9).

Diese Begriffe verfügen jedoch über Unterschiede. Nach

Mundt/Lohmann (1988: 20) meint Urlaub „die Erlaubnis, ohne das Arbeitsverhältnis damit zu

beenden, für eine Zeit die Dienstaufgaben niederzulegen“. Infolgedessen werden mit dem Begriff

9


‘Urlauber’ alle Menschen bezeichnet, die einen Urlaub machen, irrelevant ob sie wegfahren oder
zu Hause bleiben. Deswegen beschränkt sich der Begriff des Touristen in der Alltagsprache
ebenfalls auf Urlaubsreisende (vgl. Fontaine 2013: 22). Die konkrete Unterscheidung der
verwandten Begriffe für Touristen wird in Kapitel 2.2.1 erläutert.
Bevölkerung
Urlauber

Urlaubsreisende
(Touristen)

Abbildung 2: Urlauber und Urlaubsreisende (Mundt 2013: 9)

2.1.2 Reiseformen und –arten
Die Erscheinungsformen des Tourismus lassen sich nach Arten, unter dem Kriterium der Motive,
und Formen, unter dem Kriterium der äußeren Ursachen und Wirkungen, unterscheiden (vgl.
Kaspar 1996: 54). Diese Arten und Formen werden von Freyer (2015: 101) wie folgt generiert:

10


1. Demografische Kriterien
(Auswahl)

Tourismusarten und –formen
(auch Reise- oder Touristenarten und –formen)


Alter

Kinder-, Jugend-, Seniorentourismus

Geschlecht

Frauenreisen, Männertouren

Familienstand,
Haushaltsgrưße

Single-, Familientourismus (mit/ohne Kinder), speziell: Hochzeitsreisen/tourismus

Einkommen
Ausbildung
Beruf

Sozial-, Luxustourismus
Arbeiter-, Studenten-, Akademiker-, Arbeitslosentourismus
Beamten-, Politiker-, Diplomaten-, Hausfrauentourismus
Inländer-, Ausländertourismus; Nah-, Ferntourismus; Stadt-,
Landbewohnertourismus

Wohnort
2. Verhaltensorientierte
Merkmale (Auswahl)
Verkehrsmittel
Buchungsverhalten
Reiseziele

Reisedauer
Reisepreis
Reiseklasse
(z.T. auch Preis)
Reisezeit
Reisegepäck
Unterkunft
Zahl der Reisenden
Aktivitäten
Anlass
Motive

z.T. (nicht) sichtbar
PKW-, Flug-, Bahn-, Bus-, Radtourismus
Individual-, Teilpauschal-, Vollpauschaltourismus
Inlands-, Auslands-, Fernreise-, See-, Mittelgebirgs-, Bergtourismus
Ausflug-, Kurzreise-, Wochenend-, Urlaubs-, Langzeittourismus
Billig-, Luxus-, Exklusivtourismus, „Massentourismus“ (durchschnittlicher
Preis)
First-Class-, Normal(tarif)-, Spar(tarif)tourismus
Sommer-, Winter-; Hochsaison-, Nebensaisontourismus
Rucksack-, Aktentaschen-, Koffertourismus
Camping-, Bauernhof-, Pension-, Hoteltourismus
Einzel-, Single-, Familien-, Club-, Gruppentourismus
Sport-, Erholungs-, Besichtigungs-, Geschäfts-, Fortbildungstourismus
Einladungs-, Besuchs-, Krankheitstourismus; Aussteiger-, Alternativtourismus
Erholungs-, Kur-, Gesundheit-, Kultur-, Bildungs-, Besuchsreisen-, Geschäfts-,
Aktiv-, Politiktourismus

Abbildung 3: Erscheinungsformen des Tourismus (Arten und Formen) (Freyer 2015: 101)


Obwohl die Klassifizierung der Tourismusarten und –formen von Freyer als detaillierteste
Auflistung mit allen Begriffen rund um den Tourismus erscheint, treten einzelne Probleme auf.
Das ist zum Beispiel der unangenehme Begriff „Arbeitslosentourismus“, mit der eine
Diskriminierung in der Gesellschaft verbunden werden könnte oder die Überlappung von den
Begriffen ‘Einzeltourismus’ und ‘Singletourismus’ unter dem Kriterium „Zahl der Reisenden“,
da mit beiden Begrifflichkeiten dieselbe Anzahl „Eins“ bezeichnet wird.
Eine andere Klassifizierung der Typologien von Reisearten beziehungsweise -formen, die nach
den konkreten Erscheinungsformen touristischen Verhaltens und spezialis ierenden Merkmalen
aufgebaut wird, wird von Pompl (1994: 2f.) wie folgt erfasst:

11




Zweck der Reise: Freizeitreisen, Geschäftsreisen, Privatreisen.



Reisemotive:

Erholungsreisen,

Sportreisen,

Bildungsreisen,

Geselligkeitsreisen,


Gesundheitsreisen, Religionsreisen, Abenteuerreisen.


Operative Kriterien: Organisationsform (Individual-, Pauschalreisen), Beförderungsmittel
(Flug-, Bahn-, Bus-, Schiffsreisen), Beherbergungsart (Campingreisen, Clubreisen,
Hotelreisen), Zahl der Reiseteilnehmer (Einzelreisen, Gruppenreisen, Massentourismus),
Reisedauer (Ausflüge, Kurz-, Langzeitreisen), Reiseentfernung (Naherholung, Fernreisen,
Inlands-, Auslandsreisen), Reisezeit (Sommer-, Winterreisen), Reiseziel (Reisen ans
Meer, in die Berge, Rundreisen)



Sozio-, demografische Kriterien: Alter der Reiseteilnehmer (Kinder-, Jugend-,
Seniorenreisen), Familienstand (Single-, Familienreisen)



Qualität der Auswirkungen: Massentourismus, alternativer Tourismus, sanfter Tourismus,
intelligenter Tourismus, Tourismus mit Einsicht.

Die Auflistung von Pompl ist im Vergleich zu der von Freyer weniger detailliert, jedoch
beinhaltet sie die meist verwendeten Begriffe des Tourismus. Eine Anmerkung kommt bezüglich
des Merkmals „Qualität der Auswirkungen“ vor, bei dem der Begriff ‘intelligenter Tourismus’
vorkommt. Hierbei stellt sich die Frage, ob es auch ‘doofen Tourismus’ gibt.
Tatsächlich können die Tourismusarten und –formen, die aus der Literatur stammen, nur
teilweise den Sachverhalt des Tourismus wiederspiegeln, da es in der Realität „verschiede nste
Kombinationsmöglichkeiten“ gibt (ebd.), zum Beispiel Geschäftsreisen ins Ausland mit Bahn
und Hotelunterkunft, Familienreisen im Sommer in die Berge, Singlereisen mit dem Flug ins
Ausland zur Erholung am Meer.
Unter der Organisationsform (operatives Kriterium) lassen sich Reisen in zwei Formen

unterscheiden: Individual- und Pauschalreisen (ebd.), deren Unterschiede von SchurianBremecker (1989: 14f.) in seiner Publikation dieserart beschrieben werden:
„Pauschalreisen werden alle Reisen genannt, bei denen bestimmte Leistungen (z.B. Hotelbuchung,
Verlauf der Reise, einschließlich Transport) eines ko mmerziellen Reiseveranstalters oder einer nicht ko mmerziellen Organisation in Anspruch genommen werden. Diese Dienstleistungen werden vorher
gebucht und bezahlt. [...]

12


Vo m Urlauber selbst organisierte Reisen werden als Individualreisen bezeichnet, unabhängig davon,
ob bei der Vorbereitung eine Dienstleistung eines Büros (z.B. Kauf eines Tickets) in Anspruch
genommen wird“ (Schurian-Bremecker 1989: 14f.).

Pauschalreisen können unter einer Organisation verstanden werden, bei denen den buchenden
Touristen die Betreuung durch den Reiseveranstalter, Leistungsträger oder des Reiseleiters, der
während der Reise den direkten Kontakt zu den Gästen hat, angeboten wird. Im Gegensatz dazu
organisieren Individualreisende ihre Reise selbst, weswegen die Rolle des Reiseleiters dabei in
der Regel nicht signifikant ist.
Die

vorliegende

Arbeit

bezieht

sich

daher

auf Pauschalreise n,


da

sie

auf den

Forschungsgegenstand der interkulturellen Begegnung zwischen Reiseleiter und Reisenden
Bezug nimmt.

2.1.3 Tourismuswirtschaft in Vietnam
Die schrittweise aenpolitische und aenwirtschaftliche Ưffnung in Vietnam im Jahr 1986, die
im Land als „Đổi mới“ (Wirtschaftserneuerung) gekennzeichnet ist, gilt seit langem als der
wichtigste Wendepunkt des Landes. Seitdem wandelte Vietnam sich von einer zentral gelenkten
Planwirtschaft hin zu einer sozialistisch orientierten Marktwirtschaft (vgl. Rothlauf 2012: 382).
Diese Reformpolitik und der Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO 2007 öffneten das Tor
zur Welt nicht nur für Vietnam, sondern auch für ausländische Investoren, diplomatische
Beziehungen und Touristen in Vietnam.
Mit einer vielfältigen und abwechslungsreichen Landschaft verfügt das Land über ein gres
Potenzial zur Fưrderung fast aller existierenden Reiseformen. Im Osten besitzt Viet nam eine
Gebirgslandschaft, die für den Bergtourismus geeignet ist. Das berühmte UNESCOWeltkulturerbe „Halongbucht“ im Nordosten des Landes bietet den Reisenden mit ihren
Kegelkarstformationen eine interessante Sehenswürdigkeit. Vietnam hat eine 3260 Kilo meter
lange Küstenlinie mit etwa 1000 Inseln, die genügend Bademöglichkeiten an Sand- oder
Steinstränden bereitstellen (vgl. Wulf 1991: 13). Durch eine Reise südlich zum Mekong-Delta
können die Touristen das „schwimmende“ Alltagsleben der Einheimischen auf dem Boot kennen
lernen. „Darüber hinaus verfügt Vietnam über ein reiches archäologisches, kulturelles und
religiöses Erbe“ (Waibel 2002). Die Spuren eines Zusammenlebens der 54 vietnamesischen
Völker und einer bunten Geschichte können überall entlang des Landes entdeckt werden: von

13



architektonischer Vielfalt der alten Cham- Tempel bis hin zu französischer Kolonialarchitektur.
Vom Buddhismus, Christentum und Islam - die aus dem Ausland eingewandert sind, bis zum
Caodaiismus - der von einem Vietnamesen gegründet wurde. Auch die Kriegsvergangenheit
Vietnams stellt das Land als ein Reiseziel dar, zum Beispiel das Cu Chi Tunnelsystem der Viet
Cong, der circa 70 Kilometer nordwestlich von Saigon liegt sowie der Wiedervereinigungspalast
im Herzen von Ho-Chi-Minh-Stadt, wo das Ende der Verteilung des Landes am 30.04.1975
gekennzeichnet wurde.
Das südostasiatische Land versucht, sich auf internationaler Ebene als einen der beliebtesten
Tourismusstandorte zu etablieren. Die Freundlichkeit der vietnamesischen Bevölkerung in
Zusammenarbeit mit seinen landschaftlichen Schönheiten, traditionellen Kulturen und seiner
weltberühmten Geschichte machen Vietnam zu einem nicht durch andere touristische
Destinationen substituierbares Reiseland, also zu einem beliebten Reiseziel in Südostasien für
internationale Touristen. Seit der Mitgliedschaft der Welthandelsorganisation WTO 2007 trägt
die Tourismuswirtschaft einen großen Anteil zum gesamten Bruttoinlandsprodukt bei (Dt. BIP,
Eng. GDP). Laut der Ankündigung von World Travel & Tourism Council (WTTC) war der
direkte Beitrag des vietnamesischen Tourismus zum Bruttoinlandsprodukt 207.798 Mrd. VND
(ca. 9,3 Mrd. USD). Andererseits lag sein Gesamtbeitrag bei 420.008 Mrd. VND (ca. 18,4 Mrd.
USD), da der Tourismus eine allgemeine wirtschaftliche Branche ist, die nicht nur die direkte
Einnahme zum Dienstleistungssektor, wie zum Beispiel Unterkünfte, Transport, Restaurants und
Sehenswürdigkeiten, darstellt, sondern auch die Entwicklung der verwandten Branchen, wie
unter anderem der Handel, sowie die Lebensmittel- und Bekleidungsindustrie fördert.

14


Abbildung 4: Der Gesamtbeitrag des vietnamesischen Tourismus zum BIP Vietnams 2016 (WTTC 2017: 1)

Der zunehmende Anteil des vietnamesischen Tourismussektors zum BIP in Abbildung 4 spiegelt

teilweise die starke Steigerung der Anzahl der internationalen Touristenankünfte in Vietnam der
letzten Jahre wider. Die Statistik der ausländischen Gästeankünfte in Vietnam im Jahr 2016
gestaltet sich nach Angaben des vietnamesischen Ministeriums für Kultur, Sport und Tourismus
wie folgt:

15


Stelle

Herkunft der
Touristen

Anzahl der
Gästeankünfte in
Vietnam 2016

Im Vergleich zum
letzten Jahr in
Prozentzahl

1

China

2.696.848

151,4

2


Südkorea

1.543.883

138,7

3

Japan

740.592

110,3

4

USA

552.644

112,5

5

Taiwan

507.301

115,6


6

Russland

433.987

128,1

7

Malaysia

407.574

117,6

8

Australien

320.678

105,6

9

Thailand

266.984


124,4

10

Singapur

257.041

108,7

11

Großbritannien

254.841

119,8

12

Frankreich

240.808

113,8

13

Kambodscha


211.949

93,3

14

Deutschland

176.015

118,1

15

Laos

137.004

120,2

16

Kanada

122.929

116,3

17


Philippinen

110.967

111,2

18

Indonesien

69.653

111,9

19

Niederlande

64.712

122,2

20

Spanien

57.957

129


Abbildung 5: Internationale Touristen in Vietnam 2016 (vgl. vietnamesisches Ministerium für Kultur, Sport und
Tourismus 2017)

Die gesamte Anzahl der Touristen, die im Jahr 2016 nach Vietnam reisen, beträgt 10.012.735
Besucher. Die meisten Touristen kamen auf dem Luftweg nach Vietnam (8.260.623 Passagieren).
Die Chinesen, Japaner und Südkoreaner führten 2016 die drei ersten Stellen der Rangliste der
Gästeankünfte in Vietnam an. Insbesondere besetzte China als der „am schnellsten wachsende
touristische Quellenmarkt“ (Herdin 2014: 147) in den letzten Jahren oft die erste Stelle.
In den letzten Jahren interessierten sich immer mehr Deutsche für eine Reise in das S-förmige
Land Vietnam. Die Reiseweltmeister 2016 (vgl. DRV 2017) haben mit 176.015 Besuchern den
14. Platz der Gästeankünfte in Vietnam eingenommen. Innerha lb Europas liegt die

16


Bundesrepublik somit auf dem vierten Platz, hinter Russland, Frankreich und Großbritannien.
Weitere Auskünfte über die Touristen aus Deutschland werden im Kapitel 2.2.4 erläutert.

2.2 Reisende
2.2.1 Definition
Neben den Begriffen ‘Urlauber’ und ‘Tourist’, die in Kapitel 2.1.1 erläutert wurden, gibt es noch
andere Begriffe, die reisende Menschen bezeichnen. Das sind: Reisende, Besucher, Touristen,
Ausflügler. Diese werden nach Opaschowski (2002: 22) wie folgt gegliedert:
REISENDE
(„travellers“)

BESUCHER
(„visitors“)
TOURISTEN

(„tourists“)

AUSFLÜGLER
(„excursionists“)

Abbildung 6: Gliederung der Reisenden (vgl. Opaschowski 2002: 22)

Opachomsky vertritt ebenfalls die These, dass das entscheidendste Merkmal, das ‘Touristen’ und
‘Ausflügler’ differenziert, die Reisedauer ist. Während der Ausflügler beziehungsweise
Tagesbesucher seine Zeit lediglich einen Tag am Reiseort verbringt und dort nicht übernachtet,
werden Touristen folgendermaßen verstanden:
„Vo rübergehende Besucher, die wenigstens eine Nacht und weniger als ein Jahr in dem Besuchsland
verbringen,

wobei

ihr

Besuchszweck

entweder

familienorientiert

(Verwandten -

und

Bekanntenbesuche) oder freizeitorientiert ist (Urlaub, Erholung, Gesundheit, Spo rt, Religion), der
Weiterbildung (Kongress, Tagung, Studium) oder einer geschäftlichen Tätigkeit dient“ (Opaschowski

2002: 23).

Auf der United Nations Conference on International Travel and Tourism 1963 in New York
wurden Touristen wie folgt definiert:
„[...] temporäre Besucher, die sich mindestens 24 Stunden im Zielland aufhalten und deren Reisemotiv
sich folgender Klassifikation zuordnen läßt: (a) Freizeit [leisure] (Erholung, Urlaub, Gesundheit,
Studium, Religion und Sport); (b) Geschäft, Familie, Mission, Konferenz“ (Prahl/ Steinecke 1981: 15).

17


Wie in Kapitel 2.1.1 erläutert, ergeben sich zwischen den Begriffen ‘Urlauber’ und ‘Touristen’
Unterschiede, jedoch sind sie im engeren Sinne Synonyme. Obwohl nicht alle Urlauber als
Touristen gelten, sind es jedoch die Mehrheit von ihnen (siehe Abbildung 2). Ebenso stellt der
Begriff ‘Tourist’ im Vergleich zu den anderen Begriffen ‚Urlauber‘, ‚Reisender‘ und ‚Besucher‘
die häufigste Verwendung dar, weswegen alle bereits genannten Begriffe in der vorliegenden
Arbeit als Synonyme für die Begrifflichkeit ‘Tourist’ verwendet werden.

2.2.2 Reisemotive und Urlaubertypologie
Krauß (1993: 90) geht davon aus, dass „die Theorien der Motivationspsychologie eine
unverzichtbare Grundlage für jede sozialwissenschaftliche Touris musforschung“ darstellen.
Außerdem führt die Koppelung der verschiedenen Motivationen sowohl im Sinne des
Zusammenspiels als auch gegenseitigen Abstützens der Motivations-Ebenen zur Darstellung der
Ursachen, die den Touristen zur Entscheidung einer Urlaubsreise treibt (vgl. Knebel 1960: 88).
Die Erfassung der Reisemotive spielt nicht nur bei den Reiseveranstaltern sowie der gesamten
Tourismusbranche hinsichtlich der Entwicklung der passenden Reiseformen, sondern auch bei
den Reiseleitern eine wichtige Rolle. Mithilfe des Wissens über die Motive kann auf die
Erwartungshaltung der Reisenden eingegangen werden, woraus sich hohe Anforderungen an den
Reiseleiter ergeben (vgl. Bartl 1987: 8ff.).
Aus den genannten Gründen forschten in der Vergangenheit viele Wissenschaftler, wie Knebel

1960, Hartman 1972, Hahn 1974 und Braun 1993, zum Thema Reisemotive. Nach Hartman
(1962) (zitiert nach Braun 1993: 200) werden die Reisemotive der Menschen wie folgt erfasst:
1. Erholungs- und Ruhebedürfnis
2. Bedürfnis nach Abwechslung und Ausgleich
3. Befreiung von Bindungen
4. Erlebnis- und Interessensfaktoren
Obwohl der Begriff ‘Erholung’ individuell und unterschiedlich determiniert wird, wurde
‘Erholung’ in fast allen Darstellungen der Reisemotive zweifellos als ein Daseinsgrundbedürfnis
herausgefunden (vgl. Kleinsteuber/ Thimm 2008: 23). Die ‘Erholung’ entsteht in den
Reiseanalysen in der Vergangenheit zur Bildung der Reisemotivdimensionen oftmals an erster
Stelle (vgl. Kanthak 1973, Sommer 1974, Lohmann/Wohlmann 1987). Das ist kein

18


überraschendes Ergebnis, da Urlaub laut Opaschowski (2002: 91) traditionell als „eine dem
Arbeitnehmer zum Zweck der Erholung gewährte Freizeit“ betrachtet wird. Er verbreitet die
Meinung, dass ‘Erholung’ im Zuge des Wertewandels nicht nur als einzelnes Motiv gilt, sondern
ein mehrdimensionales Motivbündel, das aus neun Elementen gemischt wird, nämlich: Sonne,
Natur, Ruhe, Spaß, Kontrast, Freiheit, Kontakt, Komfort und Aktivität.
Neben dem wichtigsten Reisemotiv, der ‘Erholung’, nannte Hartman (ebd.) ebenfalls das Motiv
‚Abwechslung und Ausgleich‘. Damit ist gemeint, dass die Urlauber über ein Bedürfnis nach
Veränderung gegenüber dem Gewohnten verfügen und neue Eindrücke gewinnen wollen. Das
Motiv ‚Befreiung von Bindungen‘ beinhaltet den Fluchtaspekt aus dem Alltag. Die Urlauber
werden von Pflichten befreit und kưnnen aus den alltäglichen Ordnungen ausbrechen. Aerdem
gelten die ‚Erlebnis- und Interessenfaktoren‘ für eine Vielzahl der Touristen, die Erlebnisdrang,
Neugierde und Interesse an fremden Ländern, Menschen und Kulturen haben, ebenfalls als
entscheidendes Merkmal bezüglich der Auswahl ihrer Reiseziele beziehungsweise Reisearten.
Das Motiv-Modell von Hartmann (ebd.) ist eine der frühesten Erhebungen zu diesem Thema und
legt die Grundlage für mehrere später durchgeführte Reiseanalysen. Die Motive wurden von

Hartmann wie folgt differenziert:
1. Entspannung/Erholung/Besinnung/Gesundheit
2. Abwechslung/Erlebnis/Geselligkeit
3. Eindrücke/Entdeckung/Bildung
4. Selbstständigkeit/Besinnung/Hobbies
5. Natur Erleben/Umweltbewusstsein/Wetter
6. Bewegung/Sport
(vgl. Laßberg/Steinmassl 1991, zitiert nach Braun 1993: 202f.).
Die oben genannten Kategorien sowie andere Erfassungen der Reisemotive können nur teilweise
die Reisemotive, die tatsächlich entstehen, abbilden, da Individuen grundsätzlich sehr
unterschiedliche Bedürfnisse und Einstellungen aufweisen. Die Motive, aus denen Menschen
reisen sind vielfältiger und komplexer (vgl. Krippendorf 1986: 13), so dass nicht alle erfasst
werden können. Trotzdem helfen der Auflistungen der Reisemotive bei der Klassifizierung der
Touristen. Je nach Schwerpunkt der Autoren werden die Touristentypen unterschiedlich

19


klassifiziert. Als „klassische Typologie“ gilt der Systematisierungsversuch von Hahn (1974: 2ff.),
der persönlichkeitspsychologische Faktoren berücksichtigt. Er kategorisiert die Touristen nach
phonetischen Kriterien in fünf Urlaubstypen, nämlich: A-, B-, F-, S- und W-Urlaubertypen. Diese
Urlaubertypen werden von Freyer (2015: 104) mit passenden Unterteilungen tabellarisch
dargestellt:
Bezeichnung

Urlauber-Typ

Kennzeichen

A - Typ


Abenteuerurlauber

sucht das „einmalige Erlebnis“ mit kalkuliertem Risiko und
mit Gleichgesinnten

B - Typen

Bildungs- und
Besichtigungsurlauber

B1 - Typ

sammelt Sehenswürdigkeiten und Orte, die der Reiseführer
vermerkt

B2 - Typ

sammelt Gefühle und Stimmungen, interessiert an der Natur
und allem Neuen

B3 - Typ

Natur-, kultur- und sozialwissenschaftlich interessiert

F - Typ
S - Typ
W - Typen

Fern- und flirtorientierter

Erlebnisurlauber
Sonne-, Sand- und
Seeorientierter
Erholungsurlauber
Bewegungs- und
Sporturlauber

unternehmungslustig, liebt Geselligkeit, Abwechslung,
Vergnügen, bevorzugt mondäne Atmosphäre
will dem Alltags-Stress entfliehen, sucht Tapetenwechsel,
Ruhe und Geborgenheit unterm Sonnenschirm, (etwas)
Kontaktinteresse, nicht zu viel Fremdartiges

Wald- und wanderorientierter
will sich fit halten und will auch im Urlaub körperliche
Bewegungsurlauber
Bewegung, liebt die Natur und frische Luft
Wald- und
W2 - Typ
erst sein Hobby entscheidet über das Urlaubsziel
wettkampforientierter
Sporturlauber
Abbildung 7: Urlauber-Typen nach Hahn 1974 (Freyer 2015: ebd.)
W1 - Typ

Andere Kategorien zur Klassifizierung der Touristentypen werden von Lohmann/Wohlmann
beziehungsweise Kösterke dargestellt. Lohmann und Wohlmann (1987: 76ff.) charakterisieren in
ihrer Reiseanalyse folgende fünf Typen:
Typ 1: Der Fernreisende, der möglichst weit weg will.
Typ 2: Der Billigurlauber – Der Preis entscheidet den Urlaub.

Typ 3: Der Heimatverbundene –nicht so weit weg vom Heimatland fahren.
Typ 4: Der Sonnenanbeter – Die Hauptsache im Urlaub sind Sonnen und Baden.

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