Tải bản đầy đủ (.pdf) (106 trang)

Strategien zum kulturtransfer am beispiel der vietnamesischen übersetzung des deutschen romans „der geschmack von apfelkernen“ von katharina hagena

Bạn đang xem bản rút gọn của tài liệu. Xem và tải ngay bản đầy đủ của tài liệu tại đây (1.2 MB, 106 trang )

Hochschule für Sprachen und Internationale Studien
der Vietnamesischen Nationaluniversität Hanoi (VNU-ULIS)
Fakultät für Postgraduierte Studien

TRỊNH THỊ CHÂU

MASTERARBEIT

Strategien zum Kulturtransfer am Beispiel der vietnamesischen Übersetzung des
deutschen Romans „Der Geschmack von Apfelkernen“ von Katharina Hagena
Phương pháp chuyển di văn hóa trong bản dịch tiếng Việt tiểu thuyết “Vị Hạt Táo” của
nhà văn người Đức Katharina Hagena

Fachrichtung: Germanistik
Fachrichtungscode: 8220205.01

HANOI, 2020


Hochschule für Sprachen und Internationale Studien
der Vietnamesischen Nationaluniversität Hanoi (VNU-ULIS)
Fakultät für Postgraduierte Studien

TRỊNH THỊ CHÂU

MASTERARBEIT

Strategien zum Kulturtransfer am Beispiel der vietnamesischen Übersetzung des
deutschen Romans „Der Geschmack von Apfelkernen“ von Katharina Hagena
Phương pháp chuyển di văn hóa trong bản dịch tiếng Việt tiểu thuyết “Vị Hạt Táo” của
nhà văn người Đức Katharina Hagena



Fachrichtung: Germanistik
Fachrichtungscode: 8220205.01
Betreuer: Dr. LÊ HOÀI ÂN

HANOI, 2020


Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ........................................................................................................ 1
1.1 Themenwahl und Problemstellung ............................................................ 1
1.2 Forschungsfragen und Zielsetzung............................................................ 2
1.3 Forschungsstand ........................................................................................ 3
1.4 Aufbau der Arbeit und Vorgehensweise ................................................... 5
2. Theoretische Grundlagen
2.1 kulturwissenschaftliche Grundlagen ......................................................... 6
2.1.1 Kultur ...................................................................................................... 6
2.1.2 Kulturtransfer.......................................................................................... 8
2.2 übersetzungswissenschaftliche Grundlagen .............................................. 9
2.2.1 Definition des Übersetzens ..................................................................... 9
2.2.2 expressiver Text und dessen Übersetzungsprobleme ............................. 15
2.2.3 Übersetzungsstrategien ........................................................................... 18
3. Praktische Untersuchung kulturspezifischer Elemente ............................ 36
3.1 Der Roman, das Korpus und die Klassifizierung ...................................... 36
3.1.1 Der Roman ............................................................................................. 36
3.1.2 Das Korpus ............................................................................................. 36
3.1.3 Die Klassifizierung ................................................................................. 37
3.2 angewandte Übersetzungsstrategien und Vorschläge zum
Übersetzen kulturspezifischer Ausdrücke ...................................................... 39
3.2.1 sinnübertragende Übersetzung ............................................................... 40

3.2.2 wörtliche Übersetzung ............................................................................ 47
3.2.3 Die Verwendung zielsprachlicher Anredeformen .................................. 49
3.2.4 Nichtübersetzen und Auslassen .............................................................. 54
3.2.5 Verwendung zielsprachlicher Metaphern ............................................... 59
3.2.6 Sonstiges ................................................................................................ 61
4. Zusammenfassung und Ausblick ................................................................. 67
5. Literaturverzeichnis ..................................................................................... 69
6. Anhang ........................................................................................................... 73


Abkürzungsverzeichnis
A

Österreich

AS

Ausgangssprache

AT

Ausgangstext

ATE

Ausgangstextelemente

BRD

Bundesrepublik Deutschland


CH

die Schweiz

D

Deutschland

DAAD

der Deutsche Akademische Austauschdienst

EN

Englisch

NS

Nationalsozialismus

ULIS

University for Languages and international Studies (Hochschule
für Sprachen und Internationale Studien)

VN

Vietnamesisch


VNU

Vietnamesische Nationaluniversität

ZS

Zielsprache

ZT

Zieltext

ZTE

Zieltextelemente


Tabellenverzeichnis:
Nummer

Seite

Tabelle 1

Textsorten und Übersetzungsmethoden nach Reiß

17

Tabelle 2




40

Quangs

Strategien

kulturspezifischer Ausdrücke

zum

Übersetzung


Abbildungsverzeichnis:
Nummer

Seite

Abb. 1

Übersetzbarkeit nach Koller

24

Abb. 2

Nicht-Übersetzbarkeit nach Koller


25

Abb. 3

teilweise Übersetzbarkeit nach Koller

25

Abb. 4

Grad der Übersetzbarkeit nach Koller

26

Abb. 5

abgekürzte Institutionsbezeichnungen

35

Abb. 6

du oder Sie? im Deutschen

50

Abb. 7

Farben politischer Parteien in Deutschland


62


Danksagung
Die Fertigstellung dieser vorliegenden Masterarbeit habe ich vielen Menschen und
Organisationen zu verdanken.
Zuerst gilt mein herzlicher Dank Herrn Dr. Lê Hoài Ân für seine Anregungen,
Empfehlungen,

regelmäßige

Betreuung

und

insbesondere

für

seine

Diskussionsfreudigkeit zum Gelingen dieser vorliegenden Arbeit.
Recht herzlich bedanke ich mich bei Frau Dr. Dörte Lütvogt für ihre gre und
freundliche Hilfe bei der empirischen Untersuchung. Darüber hinaus mưchte ich auch
dem DAAD für die Gewährung eines einmonatigen Forschungsstipendiums und dem
Goethe Institut Hanoi für die Bereitschaft zur Änderung des Einsatzplans während
meiner Abwesenheit meinen besten Dank ausdrücken.
Nicht zuletzt bin ich allen Dozentinnen und Dozenten im Rahmen meines
Masterstudiums zu Dank für ihre Unterstützung ụnd Ermutigung für meine akademische
Entscheidung verpflichtet.

Mein grưßter herzlicher Dank gilt besonders meinem Mann, der mich ständig ermutigte,
indem er fleißig arbeitete und sich um den einjährigen und vierjährigen Sohn kümmerte,
damit ich mir während meines Studiums wenige Sorgen um die Kinder und finanzielle
Probleme machen musste.


Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere an Eides Statt durch meine eigene Unterschrift, dass ich die eingereichte
Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe angefertigt und alle Stellen, die wörtlich oder
annähernd wörtlich aus Veröffentlichungen entnommen sind, als solche kenntlich
gemacht und mich auch keiner anderen als der angegebenene Literatur bedient habe.
Diese Versicherung bezieht sich auch auf die in der Arbeit verwendeten
Verzeichnungen, Skizzen, bildliche Darstellungen und dergleichen.

Hanoi, den 20. Januar 2020

Unterschrift



1. Einleitung
1.1 Themenwahl und Problemstellung
„[...] Chẳng phải cái mũi tẹt ấy, vẫn đôi mắt xếch ấy, vẫn cái mặt bủng như vỏ chanh
ấy đấy à?“ (Ngữ Văn 11, Band 1, 168). Da ist die Beschreibung des Königs Khải
Định, der Frankreich anlässlich der Koloniemesse in Marseille zu Besuch war. Der
Autor Nguyễn Ái Quốc hat von 1917 bis 1923 in Frankreich gelebt. Der lange
Aufenthalt dort hat bestimmt seinen kulturellen Kenntnisstand bereichert. Er hat diese
Kurzgeschichte auf Französisch verfasst und beim Übersetzen dieses Textes hat sich
Phạm


Huy

Thông

dafür

entschieden,

eine

Entsprechung

zwischen

Ausgangstextelement (ATE) „zitronengelb“ und Zieltextelement (ZTE) „bủng như
vỏ chanh“ zu nehmen. Vereinfacht gesagt, dass „ATE und ZTE den gleichen
Bezeichnungsinhalt“ (vgl. Sulikowska-Fajfer, 149) haben. Das dient dem Zweck,
dass Empfänger etwas Neues im Vergleich zu ihrer Kultur lernen sollten. Im
vietnamesischen Kulturkreis denkt man an Grün, wenn man Zitronen hört.
Tatsächlich ist eine Zitrone gelb, während eine Limette grün ist. Diese Translation
hat mir einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen. Translation eines literarischen
Werks scheint, keine einfache Arbeit zu sein. Man übersetzt nicht nur die
sprachlichen Äußerungen sondern stellt auch dem Leser eine neue Kultur eines
Landes vor. Der Übersetzer wird dafür verantwortlich gemacht, weil er sich gut in
Ausgangskultur und Zielkultur auskennt. Darüber hinaus liegt die Entscheidung auf
der Hand der Übersetzer, weil die Schwierigkeit beim literarischen Übersetzen damit
verknüpft ist, möglichst präzise die Kulturspezifika in der Zielsprache und -kultur zu
formulieren. Oft wird leicht akzeptiert, wenn bekannte kulturspezifische Elemente in
einer Übersetzung zu finden sind, weil sie harmonisch und lieblich klingen. Das

könnte zu Missverständnissen führen, dass verschiedene Kulturen miteinander
überschneiden würden. Hinsichtlich dessen wird es bei der Translation verlangt, dass
Leser auch ein offenes Ohr für neue kulturspezifische Elemente haben sollten. Ihnen
ist sicherlich ein inneres Bedürfnis, eine neue Kultur zu wissen und kennen zu lernen.
Dies dient meist dazu, dass man sowohl die Adressaten als auch den Autor respektiert.
Obendrein befasst sich die vorliegende Arbeit mit einem deutschen Roman, weil der
Grund dafür ist, dass ein Roman eine lange ausführliche beschriebene Geschichte
1


darstellt, die besonders von bestimmten Figuren oder Ereignissen erzählt. Mit einem
Roman gewinnt man eine zeitliche und räumliche Fortsetzung, mit der man den roten
Faden in der ganzen Geschichte begreifen kann. Noch dazu ist mir die Titeltranslation
dieses Romans beeindruckend, weil m.E. die Übersetzung „Der Geschmack von
Apfelkernen – Vị Hạt Táo“ zwar wortgetreu, sinngetreu aber nicht wirkungstreu ist.
Wer nicht im deutschen Kulturraum aufgewachsen ist, kann nicht den Geschmack
von Apfelkernen wahrnehmen. Vergleichsweise kann der Geschmack von Stroh /
Klebreisstroh nur von Menschen in Agrarländern wie Vietnam, Laos, Kambodscha
... nachvollzogen werden.
Aus diesen obigen Gründen ist es sinnvoll, eine Arbeit mit Übersetzungsvorschlägen
zum Kulturtransfer in der vietnamesischen Übersetzung des deutschen Romans „Der
Geschmack von Apfelkernen“ zu verfassen. Hier stellt sich die Frage, ob und wie
Kulturspezifika der Ausgangskultur in die Zielkultur transferiert werden können,
ohne ihre Lakunen und deren Bedeutungen zu verlieren. Diese Fragen sind die
entscheidenden Faktoren für die Auswahl des Themas der vorliegenden Arbeit, die
sich anhand einer empirischen Untersuchung am Beispiel der vietnamesischen
Übersetzung des deutschen Romans „Der Geschmack von Apfelkernen“ von
Katherina Hagena beantworten lassen.
1.2 Forschungsfragen und Zielsetzung
Die vorliegende Arbeit setzt sich mit dem Thema „Strategien zum Kulturtransfer am

Beispiel der vietnamesischen Übersetzung des deutschen Romans „Der Geschmack
von Apfelkernen“ von Katherina Hagena auseinander. In Bezuf auf das Thema stehen
folgende Fragen im Mittelpunkt:
-

Welche Übersetzungsstrategien hat Le Quang vorwiegend benutzt?

-

Gäbe

es

noch

Verbesserungsvorschläge

beim

Kulturtransfer

in

der

vietnamesischen Übersetzung des deutschen Romans „Der Geschmack von
Apfelkernen“?
Unter der zweiten Frage stellen sich noch zwei Teilfragen. Die erste Teilfrage ist, wie
die Übersetzungsentscheidungen von Le Quang auf die Leser auswirken. Die zweite
Teilfrage beschäftigt sich damit, wie die ausgelassenen Stellen im Originaltext ins

Vietnameisische übertragen werden sollten. Um diese Forschungsfragen beantworten
2


zu können, fokussiert die Arbeit in erster Linie auf die folgenden Begriffe: Kultur,
Strategien beim Kulturtransfer, Probleme und Schwierigkeiten des Transferieren
kulturspezifischer Elemente. Weiterhin beschäftigt sich die vorliegende Arbeit noch
mit der vietnamesischen Übersetzung von Le Quang. Aus dem Zieltext sollte ein
Korpus mit kulturspezifischen Elementen zusammengestellt werden. Um diese
Vorgehensweise zu unterstützen, wird eine empirische Untersuchung durchgeführt.
Anhand der Analyse des Korpus im deutschen Roman „Der Geschmack von
Apfelkernen“ sowohl dessen Übersetzung im Zieltext ist es zu erwarten, dass
angewandte Übersetzungsstrategien gesammelt werden und kulturspezifische
Belegen klassifiziert werden können. Dementsprechend bringt diese vorliegende
Arbeit eigene Vorschläge zum Kulturtransfer hervor. Darüber hinaus setzt sich diese
Arbeit auch mit ausgelassenen Stellen auseinander, die ins Vietnamesische übersetzt
werden sollten.
1.3 Forschungsstand
Im deutschsprachigen Raum in den 1980er Jahren wurde eine Neuorientierung des
funktionalen

Übersetzens

von

Übersetzungsansatz wurde betont,

Hans

J.


Vermeer

erfasst.

Bei

diesem

„daß jede Übersetzung nicht nur einen

sprachlichen sondern auch einen kulturellen Transfer umfaßt.“ (Reiß 2000: 12 zitiert
nach Joanna Sulikowska-Fajfer: 144). Dazu noch wird die Translation als Transfer
zwischen Kulturen betrachtet. Zu dieser These äußert sich Vermeer wie folgt: „Den
Translator

(als

Translator)

interessieren

weder

objektive

Realität

noch


Wahrheitswerte. Den Translator interessiert der Wert eines historischen Ereignisses,
wie es sich in einem Text manifestiert, bezogen auf die geltende Norm (Kultur) und
aktuelle Situation des Textes (und/oder seines Produzenten) und die Wertänderung
bei einer Translation des Textes in einen Zieltext.“ (Reis / Vermeer 1991: 26).
Diese Ansicht vertritt auch Joanna Sulikowska-Fajer (2017: 146): „Übersetzung [ist]
mehr als nur eine Übertragung eines Textes von einer in eine andere Sprache; sie [...]
auch die Begegnung von Kulturen [ist]“. In der vorliegenden Arbeit werden
Strategien zum Kulturtransfer am Beispiel der vietnamesischen Übersetzung des
deutschen Romans analysiert. Als Ersten muss im Klaren sein, wie unter dem Begriff
Kulturtransfer verstanden wird. Kulturtransfer ist “kein Ersetzen der einen Kultur
3


durch eine andere” (Joanna Sulikowska-Fajer: 146). Das ist auch nicht nur
lexikalische Übertragung, semantische Äquivalenz, sondern auch kulturspezifische
Vermittlung an Rezipienten. Reiß und Vermeer vertreten auch die Meinung, dass “die
“Bedeutung” (Vermeer 1972: 61 - 63) des Ausgangstextes in der Zielsprache neu
formuliert (neu enkodiert) werden [soll]” (Reiß/Vermeer 1991: 30). Dies wird
deutlich mit fünf Modellen gezeigt:
(1) Modell der grưßten Komplexität: Translation mit (Teil-)-Transfer des kulturellen
Hintergrundes, also Translation der verbalen und kulturellen Elemente eines Textes;
(2) Translation der verbalen Elemente mit Konstanz des kulturellen Hintergrundes, wobei
aber wenigstens teilweise auch kulturelle Werte übersetzt/gedolmetscht werden;
(3) sprachlicher Transfer auf Textebene unter Beachtung formaler, syntaktischer und
stilistischer Phänomene, wobei aber kulturelle Werte ignoriert werden;
(4) sprachlicher Transfer für Einheiten unterhalb der Textebene;
(5) Transfer elementarer sprachlicher Einheiten. (vgl. Reiß/Vermeer 1991: 30)

Und so kommen Reiß und Vermeer (1991) zu dem Ergebnis, dass die obigen Modelle
in der Übersetzungspraxis gemischt verwendet werden können. Darüber hinaus

spricht Gercken (1999: 111) auch in Bezug auf Kulturtransfer von sechs Kategorien,
die um literarische Übersetzungsentscheidungen der inhaltsbezogenen Beziehung
“zwischen Ausgangstextelement (ATE) und Zieltextelement (ZTE)” (vgl.
Sulikowska-Fajfer, 149) geht:
1. Entsprechung (ATE  ZTE): ATE und ZTE haben den gleichen Bezeichnungsinhalt.
2. Erweiterung (ATE < ZTE): Das ATE hat einen spezifischeren Bezeichnungsinhalt als
das ZTE.
3. Einengung (ATE > ZTE): Das ZTE hat einen spezifischeren Bezeichnungsinhalt als das
ATE.
4. Ersetzung (ATE # ZTE): ATE und ZTE haben unterschiedliche Bezeichnungsinhalte,
aber sie lassen sich einander vom Sinn her zuordnen.
5. Auslassung (ATE – 0): Einem ATE lässt sich ein ZTE weder von der Bezeichnung noch
vom Sinn her zuordnen.
6. Hinzufügung (0 – ZTE): Einem ZTE lässt sich ATE weder von der Bezeichnung noch
vom Sinn her zuordnen.

Nguyen Quang (2014: 14 und 22) vertritt auch die Meinung, dass der Kulturtransfer im
Mittelpunkt der literarischen Übersetzung ist. In seinem Aufsatz stellt er die
Kennzeichen des verbal-verbalen Transfers und des verbal-nonverbalen Transfers
4


gegenüber. Er beschreibt ganz ausführlich vier Transfertypen: absoluten linguistischen
Transfer,

relativen

linguistischen

Transfer,


kommunikativen

Transfer

und

interkulturellen Kulturtransfer. Dieser vier Typen haben verschiedene Transferprozesse
sowie deren Wirkungen auf Adressaten, die durch konkrete Beispiele in der empirischen
Untersuchung erläutert werden. Anhand der Darstellung der theoretischen Grundlagen
bezüglich des Kulturtransfers werden die obigen Modelle / sechs Kategorien am Beispiel
der vietnamesischen Übersetzung veranschaulicht.
1.4 Aufbau der Arbeit und Vorgehensweise
Die vorliegende Arbeit unterteilt sich in 2 Teile: Theoretischen Teil und Praxisteil.
Zu Beginn der Arbeit werden theoretische Grundlagen behandelt: Was sind unter
Kultur, Kulturtransfer, Übersetzen, Probleme beim Kulturtransfer bzw. Strategien bei
der

literarischen

Übersetzung

zu

verstehen.

Ausgehend

davon


sollen

Übersetzungsprobleme und Strategien zum Kulturtransfer beschrieben und analysiert
werden. Nach einer Darstellung theoretischer Grundlagen wird auf den Praxisteil
eingegangen, in dem eine ausführliche Analyse der vorgelegten Übersetzung in
Bezug auf Strategien zum Kulturtransfer durchgeführt wird. In diesem
Zusammenhang werden durch Lê Quangs angewandte Strategien zur Übersetzung
der Kulturspezifika präziser dargestellt und nach Gercken (zit. nach Joanna
Sulikowska-Fajfer 2017: 146 , vgl. Gercken 1999: 111) klassifiziert. Anschließend
werden eigene Vorschläge zum Kulturtransfer für die vietnamesische Übersetzung
ausgesprochen.
Zur Untersuchung der oben genannten Forschungsfragen wird eine empirische
Untersuchung durchgeführt, bei der ein Korpus der kulturspezifischen Elemente im
Originaltext „Der Geschmack von Apfelkernen“ von Katherina Hagena und in der
vietnamesischen Übersetzung aufgestellt wird. In der empirischen Forschung wird
das Korpus auf der Basis von den dargestellten theoretischen Grundlagen analysiert.
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird das Korpus anschaulicher gemacht, wie und nach
welchen

Übersetzungsmethoden

die

Kulturspezifika

im

Vietnamesischen

wiedergegeben werden. Außerdem wird auch die Wirkung der Übersetzung auf die

Leser angerissen. Im Rahmen dieser Arbeit wird die Wirkungsgleichheit nach
Ansicht der Autorin dieser Arbeit und von Frau Dörte Lütvogt als deutsche
5


Muttersprachlerin erörtert. Frau Lütvogt hat über Literaturwissenschaft promoviert
und arbeitete von 2015 bis 2019 als DAAD-Lektorin an der Falkutät für Deutsche
Sprache

und

Kultur

an

der

ULIS.

Ihre

Kultur-,

Literatur-

und

sprachwissenschaftlichen Kenntnisse war eine gre Hilfe bei der Korpuserstellung.
Meine persưnliche Meinung zur Übersetzungswirkung Lê Quangs wird auch in der
vorliegenden Arbeit dargestellt. Bei einer empirischen Untersuchung des

Literaturübersetzens kann nicht ohne subjektive Stellung der Verfasserin der
vorgelegten Arbeit durchgeführt werden, weil selbst sie mit der Arbeit schlilich
Lưsungsstrategien herausfindet und zu verbessernde zielsprachliche Textstellen
ermittelt.

Anschliend werden Empfehlungen eigene Vorschläge zum Kulturtransfer
ausgesprochen. Darüber hinaus werden die ausgelassenen Stellen, also die
nichtübersetzten ausgangssprachlichen Textstellen auch berücksichtigt. Bei diesen
Stellen werden auch Übersetzungsvorschläge mit Hilfe der vorgestellten
theoretischen Ansätze im ersten Teil gemacht.
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Kulturwissenschaftliche Grundlagen

2.1.1 Kultur
Unter dem Begriff „Kultur“ werden geregelte Normen in unserer Gesellschaft
verstanden. Das Wort „Kultur“ bezieht sich auf Werte, Normen, Einstellungen einer
Gesellschaft im weiteren Sinn, im engeren Sinn dann einer Gruppe. Kultur kann man im
Laufe der Zeit erwerben, weil sie nicht genetisch, nicht im Blut ist. Meiner Meinung
nach ist Kultur nicht immer konstant, sondern Kultur wandelt sich durch Kriege,
Handelsbeziehungen oder Migration. Dementsprechend führt der Kulturwandel zum
Wertewandel. Was früher „schlecht, nicht gut“ war, kann heute normal und akzeptabel
sein. Nach der Auseinandersetzung mit dem Artikel von Yousefi/Braun (2012: 13) über
den Abschnitt „Vier Konzepte des Kulturbegriffs“ sind 4 folgende Kulturbegriffe zu
betrachten: Der normative Kulturbegriff lässt sich von der Alltagskultur
unterscheiden. Das bedeutet eine Abgrenzung von Normen in der Gesellschaft. Was
6


Elite ist, ist Kultur. Unter diesem Begriff kann Kultur als „Hochkultur“, oder
„Hochliteratur“(Nünning, 2009: 3) betrachtet werden. Dazu gehören „hochgeschätzte

und durch Traditionsbildung“(Nünning, 2009: 3) bewahrte Werte, Normen, die nach
einer festen Regel als eine Voraussetzung für einen Lebensentwurf im Idealfall befolgt
werden. Der totalitätsorientierte Kulturbegriff ist „die Gesamtheit von allem“. Nach
diesem Begriff müssen sowohl Hochkultur als auch Alltagskultur berücksichtigt
werden. Dieses Kulturkonzept orientiert sich nach Regionen und Nationen. Aus diesem
Grund lässt sich nichts von Gemeinsamkeiten und Unterschieden der verschiedenen
Kulturen erkennen. Unter dem Der differenzierungstheoretischen Kulturbegriff sind
zum Beispiel „Kunst, Bildung, Wissenschaft und sonstige intellektuelle Aktivitäten“ zu
verstehen (Nünning, 2009: 3). Anhand der Definition dieses Kulturkonzepts wird
geistige Arbeit von körperlicher Arbeit unterschieden. Dementsprechend wird Kultur als
ein „soziales Teilsystem“ betrachtet, das sich auf einem Umweg mit Weltdeutungen
befasst. Das ist ein eingeengter Begriff, weil dieser sich zu anderen Bereichen wie
Politik, Wirtschaft ... abgrenzen lässt. Der bedeutungs- und wissensorientierte
Kulturbegriff besagt, dass Kultur drei Dimensionen hat: mentale, materiale und soziale
Dimension (Nünning 2009: 3). Das bedeutet, dass Kultur als Komplex von Sinnsystem
beschrieben wird. Nach diesem Kulturverständnis ist „Kultur“ ein Vorrat an Mustern,
an Bedeutungsressourcen, auf die Menschen zurückgreifen, um Situationen deuten zu
können. Diese Dimensionen werden unterschiedlich in anderen verschiedenen
Bereichen des Lebens dargestellt. Was sichtbar ist, sind soziale und materiale
Dimensionen: Unter sozialer Dimension sind soziale Interaktion, Strukturen und
Institutionen zu betrachten. Unter der materialen Dimension werden Medien und andere
kulturelle Artefakte zum Beispiel: Texte, Bücher, Bilder, Bauwerke beschrieben.
Meines Erachtens ist diese soziale Dimension von großer Bedeutung, weil kulturelle
ästhetische Werte ohne Institutionen bewahrt werden können. Und was unsichtbar ist,
ist die mentale Dimension, welche schwierig zu erfassen und wahrzunehmen ist. Das
sind kulturelle Standardlisierungen: kulturspezifische Codes, Denkweisen, Gefühle und
Handlungsmuster,

die


„keiner

blicken

[kann]“

(Erll/Gymnich,

2007:

22).

Dementsprechend ergeben sich „standardisierte Normen und Werte“, die meinst in
Sprichwörtern beschrieben werden. Erll A. / Gymnich M. (2007: 22) vertreten die
7


Meinung, dass ein 1-1-Verhältnis zwischen 3 Dimensionen unmöglich vorkommt, „weil
Artefakte immer nur von einigen Mitgliedern der Kultur (und innerhalb von
verschiedenen gesellschaftlichen Systemen bis hin zur Religion reichen) produziert
werden“ (Erll/Gymnich, 2007: 22). Wenn diese 3 Dimensionen miteinander verknüpft
sind und miteinander harmonieren, wird Kultur von Generation zu Generation existieren
und sich weiterentwickeln. Das bedeutet, dass junge Menschen mit vertrauten
standardisierten Werten und Normen aufwachsen. Dann werden „spezifische
Denkformen“ (Erll/Gymnich, 2007: 23) aufgebaut und durch spezifisches Handeln
dargestellt können. All das kann von einem Individuum zum Anderen „wandern“.
Dieser Prozess wird auch individuell durchgeführt. Und während des Prozesses gäbe es
auch meiner Meinung nach Störungen, unbekannte Faktoren, die bestimmt bestehende
Kultur beeinflussen. Aus obigen Gründen bin ich mit dem bedeutungs- und
wissensorientierten Kulturbegriff einverstanden. Deswegen halte ich den vierten Begriff

für die sinnvollste Kulturbeschreibung. Dementsprechend ist das Korpus der
empirischen Untersuchung nach den Kriterien dieser vierten Kulturdefinition analysiert.
2.1.2 Kulturtransfer
In Bezug auf den Begriff Kulturtransfer meint Lüsebrink (Lüsebrink 2016 : 143)
Folgendes:
„Kulturtransfer – oder „interkultureller Transfer“ – als Gegenstandsbereich interkultureller
Praxis, Lehre und Forschung betrifft also nicht einen bestimmten kulturellen Sektor, sondern
das gesamte Spektum symbolischer Formen: d.h. die Übertragung von Ideen, kulturellen
Artefakten, Praktiken und Institutionen aus einem spezifischen System gesellschaftlicher
Handlungs-, Verhaltens- und Deutungsmuster in ein anderes.“

Das ist Lüsebrinks Auffassung im weiteren Sinn des Kulturtransfers. Im engeren Sinn
ist das im Bereich des Literaturübersetzens zu verstehen, dass literarische Werke aus
einer Kultur und Kulturräumen in eine andere übersetzt oder übermittelt werden. Eine
Frage stellt sich hier, wie der Prozess abläuft. Laut Kopetzki (zit. nach Buschmann 2015:
73) werden „Text“ und „Übersetzung“ als Metapher gesehen. Daraus sind die beiden
von großer Bedeutung für eine Auseinandersetzung mit der Übersetzungswissenschaft
und Kulturwissenschaft. Im interkulturellen Transfer müssen folgende Faktoren
berücksichtigt

werden.

Es

sind

mediale

Repräsentationen:


das

kulturelle

Selbstverständnis, Symbole, Rituale und Bilder. Darüber hinaus teilt Kopetzki auch die
8


Meinung von Lüsebrink (Lüsebrink 2016 : 143): „neue Kategorien, wie kulturelle
Repräsentation und Transformation, Fremdheit, Alterität und kulturelle Differenz lösen
die alten, auf Texte bezogenen Kategorien wie die Äquivalenz zwischen Original und
Übersetzung oder die Unterscheidung von Übersetzung und Bearbeitung ab“.
2.2 Übersetzungswissenschaftliche Grundlagen
2.2.1Definition des Übersetzens

Die übersetzerische Tätigkeit ist in der Praxis eine wichtige und unentbehrliche Aktivität
des Menschen, um eine neue Kultur in ein anderes Land bringen zu können, indem
hervorragende Werke in verschiedene Sprachen übersetzt werden.
In der bisherigen Fachliteratur über die Übersetzungswissenschaft wird eine Vielfalt von
Definitionen des Übersetzens aufgeführt. Einige Definitionen der übersetzerischen
Tätigkeit werden in Koller (2004) folgendermaßen in der Fachliteratur dargestellt und
analysiert.
Gemäß A.G. Oettinger (vgl. Koller 2004: 90) handelt es sich beim um einen Prozess, in
dem Zeichen (signs) oder Repräsentationen (representations) einer Sprache durch
Zeichen oder Repräsentionen einer anderen Sprache ersetzt oder transferiert werden.
Dadurch

entstehen

äquivalente


Sinnelemente

zwischen

beiden

Sprachen,

Ausgangssprache (AS) und Zielsprache (ZS). Außerdem wird auch die Bewahrung der
Sinnidentität (keeping significance) ausgesprochen. Doch hat Oettinger auch bestätigt,
dass die Beziehung der Sinnidentität zwischen AS und ZS in der Wirklichkeit der
Übersetzungstätigkeit nur relativ ist (as nearly the same significance as we can get).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nur einzelne Zeichen oder Repräsentationen
und deren äquivalenten Sinnelemente in der Zielsprache in der Oettingers Definition
erwähnt worden sind.

Anders als Oettinger stellt Catford in der Definition den Text in den Mittelpunkt. Laut
Catford bedeutet Übersetzen, dass ein AS-Text durch einen ZS-Text ersetzt wird, wobei
die Äquivalenz zwischen zwei erwähnten Sprachen auf der Textebene besteht. Aus
Catfords Definition kann geschlussfolgert werden, dass die Äquivalenz als das

9


wichtigste Kriterium in der Translation betrachtet wird. J.C. Catford (vgl. Koller 2004:
90) äußert sich Folgendes:
“Translation is an operation performed on languages: a process of substituting a text in one
language for a text in another.
Translation may be defined as follows: the replacement of textual material in one language (SL)

by equivalent textual material in another language (TL). [SL = Source Language, AS, TL =
Target Language, ZS]“

Aber ein Maßstab zur Beurteilung der Äquivalenz zwischen Texten ist nicht erwähnt
worden, damit man die Äquivalenz zwischen ausgangssprachlichem Text und
zielsprachlichem Text bewerten kann. Zu Catfords Definition sollte ergänzt werden,
dass

Kontext

und

außersprachliche

Faktoren

wie

kuturelle

Divergenzen,

Sprachinterferenz und Stil des Autors beim Literaturübersetzen von wichtiger
Bedeutung sind.

Zu dem Aspekt des Autorstils äußert E.A Nida/C.R. Taber (vgl. Koller 2004: 92), dass
Übersetzen ein Prozess der Reproduktion in der Empfängersprache (ZS) ist. Ziel des
Übersetzens in ihrer Definition ist, damit die möglichst natürlichen Entsprechungen in
Bezug auf Sinnebene (in terms of meaning) und Stilebene (in terms of style)
gewährleistet werden können. Nidas und Tabers Ansicht nach besteht Translation zwei

Aspekte: Sinn und Form. Wie diese zwei Aspekte von einer Sprache in eine andere
Sprache übertragen werden, damit möglichst natürliche Äquivalenz (the closest natural
equivalent) durch Reproduktion von der Ausgangssprache in der Zielsprache entsteht.
Auf das Prinzip „Äquivalenz“ ist auch in dieser Definition eingegangen worden. Und
ihrer Ansicht nach ist das ein normatives Kritertium in der Übersetzung.

Laut Koller (2004: 92) können die oben genannten Definitionen von Oettinger,
Nida/Taber einer Gruppe zugeschrieben werden, in der das sprach- und textbezogene
Übersetzen im Mittelpunkt steht. Im nächsten Abschnitt werden andere Definitionen von
anderen Übersetzungswissenschaftlern vorgestellt. Sie befassen sich vor allem mit dem
kommunikativen Aspekt des Übersetzens. W. Wilss (vgl. Koller 2004: 92) definiert das
Übersetzen als einen Prozess durch zwei Phasen: die Verstehensphase (Analysephase)
und die Rekonstruktionsphase (Reproduktionsphase). In der ersten Phase muss der
10


Übersetzer den ausgangssprachlichen Text im Hinblick auf dessen Sinn- und
Stilintention analysieren, um das im AS – Text Gemeinte und die Intention des Autors
zu erfassen. Dies ist ein wichtiger

Schritt für die nächste Phase,

die

Rekonstruktionsphase. In der zweiten Phase muss der Übersetzer sinn- und stilbezogen
den

analysierten

Text


Äquivalenzgesichtspunkte“

„unter

optimaler

reproduzieren.

Berücksichtigung

Anschließend

kann

kommunikativer
die

Definition

schematisch wie folgt dargestellt werden:

AS Textvorlage

Phase1

den AS-Text
analysieren (das
inhaltliche und
stilistische

Verständnis der
Textvorlage)

Phase 2

Rekonstruktion in
der ZS unter
optimaler
Berücksichtigung
kommunikativer
Äquivalenzgesichts
punkte

Gleiche Meinung wie Wilss vertritt M. Vannerem/M. Snell-Hornby (vgl. Koller 2004:
93 - 94) in der Definition, dass Übersetzen sich in zwei Phasen unterteilt:
„Beim Verstehen von Text A geht der Übersetzer von einem vorgegebenen frame aus, nähmlich
dem Text und seinen linguistischen Komponenten. Dieser Text nun wurde von einem Autor
erstellt, der dabei von seinem eigenen Erfahrungshintergrund, seinem Repertoire an z. T
prototypischen Szenen ausging. Der Gesamt-frame des Textes (und alle grưßeren und kleineren
frames innerhalb des Textes) lưsen kognitive scenes in der Vorstellung des Lesers aus.
Ausgehend von den erfaßten scenes muß er [der Übersetzer] nach passenden frames in der ZS
suchen, welche die gewünschten scenes beim Adressaten der Übersetzung hervorrufen. Zu
diesem Zweck hat er laufend Entscheidungen zu treffen, wobei er auf seine Beherrschung der
ZS angewiesen ist. Er muß sich vergewissern, daß die von den scenes aufgerufenen frames auch
wirklich adäquat sind für die scenes, die sie aufrufen sollen. Wo beispielsweise der AS-Text in
ganz besonderer Weise Expressivität aufweist, also stilistisch markiert ist, sollte er je nach
Zweck der Übersetzung versuchen, durch die Mittel der ZS ähnliche Expressivität zu erreichen,
oder an anderer Stelle zu kompensieren. In letzter Instanz ist also der frame der ZS maßgebend
für seine Entscheidung.“


Aus Vannerems und Snell-Hornbys Definition ist zu entnehmen, dass der
Übersetzungsvorgang von der Sichtweise des Übersetzers ausgeht, wie der Übersetzer
die AS-Textvorlage versteht und wie er sie in einer anderen Sprache reproduziert. Diese
11


Definition weist auch darauf hin, dass der Übersetzungsprozess viele relevante Aspekte
umfasst, nämlich sprachliches Material = „linguistische Komponenten“ (frames),
Situationen beim Übersetzen (scenes), Zielgruppe der Übersetzung, Entscheidung des
Übersetzers, Zweck der Übersetzung und Adäquatheit der Übersetzung. Auch wie bei
Wilss ist dieser komplizierte Prozess zweiphasig. Die erste Phase ist die
Textanalysephase, in der sich der Übersetzer mit dem sprachlichen Material (frames)
beschäftigt, das beim AS-Leser bestimmte Bilder (scenes) auslöst. Die zweite Phase ist
die Textreproduktion, in der der Übersetzer nach passenden Rahmen (frames) in der ZS
auf der Grundlage der analysierten Szenen, um „gewünschte scenes“ beim ZS-Leser
hervorzurufen. Darüber hinaus wird in dieser Definition auf „Expressivität“
eingegangen. Vannerem und Snell-Hornby betonen, dass es wichtig beim Übersetzen
ist, „Expressivität“ im AS-Text durch die sprachlichen Komponenten im ZS-Text
schaffen zu müssen. Dieser Aspekt ist auch beim Literaturübersetzen von großer
Relevanz.

Wie bei den anderen Autoren wird diese Definition schematisch wie folgt dargestellt:

Textvorlage mit
vorgegebenen
Rahmen (frames)

Verstehensphase anhand
frames


Textreproduktion: Suche nach
zielsprachlichen Rahmen, die
gewünschten Szenen (scenes)
beim AS-Leser auszulösen

adäquat

Koller (2004: 41) zufolge ist Übersetzung ein Vorgang des Verstehens und des ZumVerstehen-Bringens: also ein hermeneutischer Prozeß. Dieser Vorgang findet nicht nur
zwischen verschiedenen Sprachen statt, sondern auch innerhalb einer Sprache, wenn
Dialekte, verschiedene Sprachstufen oder Sprachen zwischen verschiedenen sozialen
Schichten in einem Land benutzt werden. Bei diesem Fall muss die betroffene Sprache
umformuliert oder paraphrasiert werden, damit die Empfänger die Vermittlung

12


verstehen können. Dazu redet Koller (2004: 94) von Neukodieren und Umkodieren im
Übersetzungsgefüge:
„Es spricht m.E einiges dafür, daß der Übersetzungsvorgang als komplexes Miteinander von
Neukodieren

und

Umkodieren

abläuft,

von

(mehr


oder

weniger)

automatisierten/standardisierten und (mehr oder weniger) schöpferischen Aktivitäten.“

Ich teile den Standpunkt von Koller. Der Übersetzungsprozess ist eine komplexe
Tätigkeit,

in

der

verschiedene

Komponenten

bzw.

Faktoren

miteinander

zusammenhängen. Beim literarischen Übersetzen ist die Sprachschöpfung vom
Übersetzer besonders gefordert. Und dies ist eine schwierige Aufgabe für Übersetzer.
Diese Ansicht teilt auch Ludwig Wittgenstein1 in Bezug auf die Logik des Übersetzens.
Für ihn bedeutet Übersetzen von einer Sprache in die andere eine mathematische
Aufgabe. Besonders ist Literaturübersetzen vergleichbar mit einem mathematischen
Problem, für das man beim Übersetzen nach sprachlichen und kulturellen nach

Lösungen suchen muss. Jedoch steht Patenlösung zur Verfügung.
Im Zusammenhang mit den oben beschriebenen Abschnitten wird folgendermaßen eine
Definition über Literaturübersetzen von Huỳnh Phan Anh (vgl. Lê Hồi Ân 2011: 12)
Übersetzen ganz kurz vorgesgtellt:
„Với tơi, dịch là hịa tan tác phẩm nước ngồi vào ngơn ngữ dân tộc.
Seines Erachtens ist die Translation eine Auflösung eines fremdsprachlichen Werks in die
Nationalsprache (vgl. Lê Hoài Ân 2011: 12)“

Die kurze oben genannte Definition klingt im Vietnamesischen sehr „literarisch“ (vgl.
Lê Hoài Ân 2011: 12) und abstrakt. Um das Ziel der Übersetzung zu erreichen, müsste
der Übersetzer Künstler mit künstlerischen Mitteln beim Transfer eines Kunstwerks in
eine andere Sprache sein. Unter dieser Definition kann verstanden werden, dass sich
selbst der Übersetzer beim literarischen Übersetzen in das fremdsprachliche Werk (die
AS-Textvorlage) hineinversetzt, um das in der ZS am natürlichsten wiedergeben zu
können. Und auch wenn die ZS-Leser die Übersetzung in der Hand haben, haben sie
nicht das Gefühl, dass es sich um eine Translation handelt. Aber die Position von Huỳnh
Phan Anh ist diskussionswürdig: Sollte die Translation eine Auflösung der AS in die ZS
oder

Rekonstruktion

„unter

optimaler

Berücksichtigung

kommunikativer

Äquivalenzgesichtspunkte“ (vgl. Koller 2004: 92)? Das Beispiel in dem Buch „Tôi thấy

1

vgl. Buschmann (2015: 77)

13


hoa vàng trên cỏ xanh“ – „Ich sehe die gelben Blumen im grünen Gras2“ (Nguyễn Nhật
Ánh 2010: 77) wird dies verdeutlichen:
„Xin là con bé xinh xắn, mặc dù hai gò má nó trổ đầy tàn nhang. Tơi, nó và thằng Sơn con ông
Ba Huấn ngồi chung một bàn. Tôi ngồi chính giữa, nó ngồi bên phải, thằng Sơn ngồi bên trái.
Hằng ngày tơi và thằng Sơn vẫn hay trêu nó. Đang ngồi học, tơi thình lình quay sang nó:
-

Ăn khơng, Xin?

-

Ăn gì?

-

Ăn xin chứ ăn gì?
Một lát đến thằng Sơn:

-

Ơi, đói bụng q! Ăn khơng, Xin?

-


Ăn gì?

-

Ăn xin!“

Dieser Abschnitt wurde in der englischen Übersetzung namens „I see the yellow flowers
in the green grass“ (Nhã Thuyên, Kaitlin Rees 2018: 79) wie folgt übersetzt:
“Beg is lovely, her two cheeks are full of freckles. She and I and the guy Sơn, the son of Old
Man Huấn, share one desk. I am in the middle, she’s on the right, the guy Sơn’s on the left.
The guy Sơn and I tease her everyday. During lessons, I’ll turn to her and ask, “You want to eat
something, hey Beg?”
“Eat what?”
“Beg to eat!”
Later it’s the guy Sơn’s turn, “Oh, I’m so hungry! You want to eat something, Beg?”
“Eat what?”
“Beg to eat!”

In diesem Beispiel handelt es sich um Übersetzung eines Wortspiels „Ăn Xin“ im
Vietnamesischen hat zwei Bedeutungen. Die erste ist ein Verb „betteln“ Die zweite ist
eine Wortgruppe „Ăn“ bedeutet „essen“ und „Xin“ ist der Name des hübschen
Mädchens im Roman. Und die englische Übersetzung „Beg to eat“ entspricht aber nur
der ersten Bedeutung. Die zweite kann nicht hervorgerufen werden.
Im Hinblick auf Wortspielübersetzen spricht Heibert (vgl. Buschmann Hrsg. 2015: 219)
von dem Begriff Rhetorik oder Stil des Textes. Dazu gehören komplexe Satzgebilde
oder kurze Perioden, Rhythmus oder Metrum, Reim, Alliteration, Metapher usw.
Obwohl Heibert der Meinung ist, dass ein rhetorisches Mittel wie Alliteration

2


Hervorhebung von mir – Trịnh Thị Châu (TTC)

14


verschieden eingesetzt werden kann, weist er besonders auf die Wirkung beim
Übersetzen auf. Er stimmt Umberto Eco 3 zu: „Eine Übersetzung soll (besonders bei
Texten mit ästhetischer Zielsetzung) die gleiche Wirkung erzeugen, die das Original
angestrebt hatte“. Darunter wird verstanden, dass die angestrebte ästhetische
Zielsetzung beim Literaturübersetzen das ästhetische Erleben der Leser ist. Deswegen
ist der Anspruch auf Wirkungsäquivalenz außer inhalticher und denotativer Äquivalenz
beim literarischen Übersetzung von wichtiger Bedeutung.
2.2.2 Expressiver Text und dessen Übersetzung
Übersetzen ist keine einfache Arbeit. Literarisches Übersetzen macht einen noch
schwieriger, weil es in einem literarischen Werk um künstlerische Aussagen und
autorgerechte Identifizierung geht. Darüber hinaus ist ein literarischer Text sehr
senderorientiert. Man übersetzt nicht nur die sprachlichen Mitteilungen sondern stellt
auch dem Leser eine neue Kultur vor. Der Übersetzer wird dafür verantwortlich
gemacht, weil sich er gut in Ausgangskultur und Zielkultur auskennt. Darüber hinaus
liegt die Entscheidung auf der Hand der Übersetzer, weil die Schwierigkeit beim
literarischen Übersetzen damit verknüpft ist, möglichst präzise die Kulturspezifika in
der Zielsprache und -kultur zu formulieren. Reiß und Vermeer (1991) zufolge sollen
äquivalente Wiedergabe im Zieltext und die Textfunktionen beim Übersetzen von
Ausgangskultur in die Zielkultur behandelt werden. Reiß und Vermeer bringen noch
die Unterschiede bei der Übersetzungsentscheidung zum Vorschein, wie man
unterschiedliche Textsorten in Zielsprache übermittelt.

Ein Translat bildet ein Informationsangebot nicht umkehrbar eindeutig ab und die
“Treue” einer Übersetzung bezeichnet ein Abbildungsverhältnis zwischen Texten (Nord

1991: 342). Deswegen gehören die Bearbeitung beim Übersetzenprozess zum
übersetzerischen Alltag. In Bezug auf die Skopostheorie spricht Nord mit von dem
Zweck des Übersetzens. Wenn der Zweck gesetzt wird, kann der Übersetzer eine
angemessene Übersetzungsmethode finden. Um den Zweck herauszufinden, muss viel

3

vgl. Buschmann (Hrsg. 2015: 223, Frank Heibert zit. nach Umberto Eco)

15


Wert auf Textsorten gelegt werden. Bei diesem Standpunkt ist Reiß (1993: 18) der
gleichen Meinung:
„Jeder Text ist vor der Wahl der geeigneten Übersetzungsmethode darauf zu untersuchen,
welche kommunikative Funktion er erfüllen soll.“

Daraus ergeben sich nach Reiß (1993: 18) folgende Textsorten:
- Informative Texte werden von einem oder mehreren Autoren geschrieben. Diese
Textsorte dient dem Zweck, Informationen zu vermitteln. Das Kennzeichen beim
Übersetzen ist sachlich und eine besondere Rücksicht auf Inhaltsebene. Um informative
Texte zu übersetzen müssen die Inhaltselemente des Ausgangstextes sachgerecht
wiedergegeben werden.
- Expressive Texte: Es handelt sich um künstlerische Aussagen, die sehr senderorientiert
sind. Zwischen dem Ausgangstext und dem Zieltext soll eine Analogie der
künstlerischen Gestaltung vorkommen. Deshalb sollte der Translat autorspezifisch sein.
Mit anderen Worten von Reiß (1993: 17) kann dies wie folgt formuliert werden:
„Die sprachliche Gestaltung wird jedoch der kommunikativen Funktion entsprechend primär
vom Mitteilungs- und Gestaltungswillen des Autors bestimmt.“


- Appellative/ operative Texte werden von einem oder mehreren Autoren sprachlich
gestaltet. In den appellativen Texten werden Verhaltensimpulse ausgelöst. Aus diesem
Grund sind sie sehr verhaltensorientiert und beschreiben die Identität des
textimmanenten Appells. Parodistische und adaptierende Übersetzungsmethode werden
verwendet, um diese Textsorte zu übersetzen.
- Audiomediale Texte enthält eine Mischung von Textfunktion, Kennzeichen und
Äquivalenzmaßstab von den drei obengenannten Textsorten. Aus diesen Grund ist eine
ergänzende Übersetzungsmethode für diese Textsorte empfehlenswert.
Zusammenfassend lässt das Schema von Reiß (1993 : 20) einen Überblick über die
Textsorten und entsprechenden Übersetzungsmethoden veranschaulichen.

16


×