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Lehr und lernmaterialien fur den wirtschaftsdeutsch unterricht an der hochschule fur geistes und gesellschaftswissenschaften in ho chi minh stadt m a

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UNIVERSITÄT KASSEL
Fachbereich

Geistes- und Kulturwissenschaften

Fachgebiet

Deutsch als Fremd- und Zweitsprache:

Sprachlehr- und -lernforschung

MASTERARBEIT
Lehr- und Lernmaterialien für den Wirtschaftsdeutsch-Unterricht
an der Hochschule für Geistes- und Gesellschaftswissenschaften in
Ho-Chi-Minh-Stadt
Eine exemplarische Lehrwerkanalyse und Vorschläge zur
Lehrwerksauswahl und -gestaltung

vorgelegt von
Thi Xuan Thuy Tran
Matrikel-Nr.
31252720
E-mail


Erstgutachter: Prof. Dr. Haymo Mitschian
Zweitgutachterin: Dr. Marina Adams

Kassel
05.09.2013



Inhaltverzeichnis

Einleitung ................................................................................................................................ 1
1. Theoretische Grundlagen .................................................................................................4
1.1 Begriffserklärung: Fachsprache ...................................................................................... 4
1.2 Begriffserklärung: Wirtschaftsdeutsch............................................................................ 6
1.3 Interkulturelle Wirtschaftskommunikation .....................................................................9
1.4 Sprachliche Besonderheiten der Wirtschaftssprache ......................................................12
1.5 Didaktische und methodische Spezifika des fachbezogenen DaF-Unterrichts .............. 13

2. Fremdsprachenlehren und -lernen am Beispiel des DaF-Unterrichts in Vietnam ...... 18
2.1 Deutschlehren und -lernen in Vietnam ..........................................................................18
2.2 Kulturbezogene Lehr- und Lerngewohnheiten .............................................................. 20

3. Berufsspezifisches Fach Wirtschaftsdeutsch an der Nationaluniversität ...................25
Ho-Chi-Minh-Stadt
3.1 Ausgangspunkte und Ausbildungsziele ......................................................................... 25
3.2 Organisation des berufsspezifischen Fachs Wirtschaftsdeutsch .................................... 26
3.2.1 Viersemestriges Curriculum...................................................................................26
3.2.2 Lehr- und Lernmaterialien .....................................................................................28
3.2.3 Lernende im Wirtschaftsdeutsch-Unterricht .........................................................28
3.2.4 Lehrende im Wirtschaftsdeutsch-Unterricht ......................................................... 31

4. Lehr- und Lernmaterialien für den fachbezogenen DaF-Unterricht ...........................33
4.1 Funktionen des Lehrwerks im Unterricht ......................................................................34
4.2 Anforderungen an Lehrwerke für fachbezogenen DaF-Unterricht................................37
4.3 Analyse- und Beurteilungskriterien bei Lehrwerken .................................................... 43
für Wirtschaftsdeutsch-Unterricht


5. Analyse der in Vietnam benutzten Lehrwerke und Lehrmaterialien im .....................50
Bereich Wirtschaftsdeutsch
5.1 „Wirtschaftskommunikation Deutsch“ ........................................................................ 50
5.2 „ Kommunikation in der Wirtschaft“.............................................................................58


5.3 „Deutsch lernen für den Beruf“ ....................................................................................68
5.4 „Dialog Beruf“ ..............................................................................................................79
5.5 Ergebnisse der eigenen Analyse ....................................................................................93

6. Eigene Vorschläge zur Lehrwerksauswahl und -gestaltung für den ............................ 94
Wirtschaftsdeutsch-Unterricht in Vietnam

Schluss ..................................................................................................................................... 99
Bibliographien ..................................................................................................................... 101
Internetquellen ................................................................................................................... 104
Lehrwerke für Wirtschaftsdeutsch .................................................................................... 104
2 Erklärungen ..................................................................................................................... 105
Anhang ................................................................................................................................. 106


Einleitung
Durch die Globalisierung nimmt die Bedeutung des Sprachunterrichts für berufliche Zwecke
stark zu. Dies gilt auch für Vietnam, einem Entwicklungsland in Südostasien, in dem die
Wirtschaftsentwicklung und steigende Investitionen eine Zunahme deutscher Niederlassungen
vor allem in den Großstädten zur Folge haben. Dadurch steigen auch die Chancen von
FremdsprachenlernerInnen, im Inland ansprechende Arbeitsstellen zu finden.

Viele vietnamesische Deutschstudierende besuchen nach dem Abschluss des vierjährigen
Bachelorstudiums an der Hochschule für Geistes- und Gesellschaftswissenschaften in HoChi-Minh Stadt noch einen zusätzlichen Abendkurs im Bereich Wirtschaft, um ihre

beruflichen Qualifikation zu ergänzen bzw. zu optimieren und um sich eine günstige
Ausgangslage für die große Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen.
Aus diesen Gründen ist Schritt für Schritt klar geworden, dass die germanistische Ausbildung
an der Universität an die Bedürfnisse von den Studierenden und die Anforderungen der
deutschen Firmen im Inland angepasst werden sollte.
Die Deutschabteilung an der Hochschule für Geistes- und Gesellschaftswissenschaften in HoChi-Minh Stadt ist bisher die einzige Institution in Vietnam, an der ein WirtschaftdeutschSeminar angeboten wird. Davon abgesehen stehen in Vietnam nur ein paar Lehrwerke von
unterschiedlichen deutschen Verlagen zur Verfügung, obwohl viele interkulturelle
Unterschiede zwischen dem Zielsprachenland, Deutschland und dem Herkunftsland, Vietnam
zu finden sind. Demzufolge wird unter den Lehrkräften der Deutschabteilung an der
Hochschule für Geistes- und Gesellschaftswissenschaften in Ho-Chi-Minh Stadt häufig
diskutiert, wie das Curriculum für das berufsspezifische Fach Wirtschaftsdeutsch und mit
welchen Lehr- und Lernmaterialien erstellt werden sollte.

Die vorliegende Arbeit widmet sich deswegen der Frage, nach welchen Kriterien man die
Lehrwerke im Wirtschaftsdeutsch-Unterricht in Vietnam auswählt und beurteilt. Konkreter
gesagt, liegt das Ziel der vorliegenden Arbeit in der Hilfestellung für die Lehrenden, damit
sie aus bestimmten Ausbildungs- und Lernzielen passende Lehr- und Lernmaterialien aus
unterschiedlichen Quellen, Lehrwerken für ihre Lerngruppen des WirtschaftsdeutschUnterrichtes herausfinden können.
1


Die Arbeit besteht aus sechs Kapiteln. Im ersten Kapitel wird auf theoretische Grundlagen
aufmerksam gemacht, indem zuerst verschiedene Definitionsversuche unter Betrachtung
linguistischer und fachlicher Charakteristika der Begriffe Fachsprache, Berufssprache,
Wirtschaftsdeutsch u.a. erläutert werden. Anschließend werden wesentliche sprachliche
Besonderheiten in interkultureller Wirtschaftskommunikation zur Verdeutlichung der
Charakteristika der deutschsprachigen Sprachen im Bereich Wirtschaft einerseits und
andererseits zur Hilfestellung für die Didaktisierung des Wirtschaftsdeutsch-Unterrichts
präsentiert. Im letzten Punkt dieses Kapitels geht es um didaktisch/methodische Merkmale
und prinzipielle Grundlagen des fachbezogenen Fremdsprachenunterrichts.


Im nächsten Kapitel werden die Lehr- und Lernsituation im DaF-Unterricht in Vietnam
anhand didaktischer und methodischer Grundlagen, die im ersten Kapitel erwähnt wurden,
dargestellt und analysiert. Weiterhin werden kulturbezogene Lehr- und Lerngewohnheiten der
vietnamesischen Lehrenden und Lernenden zum Beleuchten entscheidender interkulturellen
Differenzen beim Lernen berücksichtigt.

Im dritten Kapitel werden zuerst die Ausgangspunkte, Ausbildungsziele und Einrichtungen
des berufsspezifischen Fachs Wirtschaftsdeutsch an der Hochschule in Ho-Chi-Minh-Stadt in
Betracht gezogen, um einen besseren Überblick über den Wirtschaftsdeutsch-Unterricht in
Vietnam zu gewinnen. Als nächstes erfolgt die Vorstellung des viersemestrigen Curriculums
und der Lehrmaterialien für den Wirtschaftsdeutsch-Unterricht. Daran anschließend wird zur
Situation der DaF-Studierenden und der Lehrenden im Wirtschaftsdeutsch-Unterricht
übergegangen. Dieses Kapitel beinhaltet eine konkrete Beschreibung der Adressatengruppe
und der institutionellen Situation des vietnamesischen Wirtschaftsdeutsch-Unterrichtes, die
einen großen Beitrag zur Lehrwerkanalyse und -bewertung im fünften Kapitel leistet.

Im vierten Kapitel wird näher auf die Fragen eingegangen, welchen Stellenwert und welche
Funktionen ein Lehrwerk hat, welche Anforderungen ein Lehrwerk erfüllen und welche
Kriterien man bei der Lehrwerkanalyse sowie -beurteilung berücksichtigen sollte.

Darauf aufbauend, werden im fünften Kapitel die vier am häufigsten im WirtschaftsdeutschUnterricht benutzten Lehrwerke beschrieben und nach didaktisch/methodisch relevanten
Kriterien, die im vierten Kapitel erwähnt sind, analysiert und beurteilt. Die Ergebnisse der
Lehrwerkanalyse gelten als Basis der Vorschläge zur Lehrwerksauswahl und -gestaltung im
2


Wirtschaftsdeutsch-Unterricht an Universitäten in Vietnam, die im letzten Kapitel zum
Schluss präsentiert werden.


Zusammenfassend dienen die exemplarischen Lehrwerkanalyse und -beurteilung in der
vorliegenden

Arbeit

als

Hilfestellung

für

die

vietnamesischen

Wirtschaftsdeutschunterrichtenden, die bei der Entwicklung der berufsbezogenen Lehrwerke
mithilfe der die Analyse- und Beurteilungskriterien fokussierenden Vorschläge möglichst
entsprechende Lehr- und Lernmaterialien für ihre Lerngruppen herausfinden können.

3


1. Theoretische Grundlagen
Ziel der folgenden Ausführungen ist es, relevante Begriffe zum Thema der vorliegenden
Arbeit zu erläutern.

1.1 Begriffserklärung: Fachsprache

Für Fachsprachen generell liegen quantitativ viele Untersuchungen und Ergebnisse vor, die
sowohl auf linguistischer als auch auf didaktischer Seite zu zahlreichen ausführlichen

Monographien geführt haben. Nebenbei sind schlüssige Kriterien zur Beschreibung von
Fachsprachen entwickelt worden, die aus verschiedenen Aspekten wie linguistischer,
textlinguistischer oder stilistischer Art sind.

Der erste Teil dieses Kapitels kann deswegen nicht den Anspruch erheben, eine absolut
befriedigende Definition vom Begriff Fachsprache zu geben, aber mithilfe einiger
Definitionsversuche und allgemeiner Aussagen über Fachsprache, diesen komplexen Begriff
zu skizzieren.

Am Ende der 60er- Jahre orientierten sich die Begriffserklärungen und Definitionsversuche
des Terminus Fachsprache auf die spezifische Wortschatzebene. Schmidt (1969, zit. nach
Fluck 1997) ermittelt, dass Fachsprache von den Fachleuten zur Verständigung über ein
Fachgebiet benutzt wird. Sie verfügt über einen spezifischen Fachwortschatz und bei der
Auswahl, Verwendung sowie Frequenz lexikalischer und grammatischer Mittel muss man auf
spezielle Normen Rücksicht nehmen.

Im Laufe der Zeit wurde der Begriff Fachsprache nicht nur durch den fachsprachlichen
Wortschatz definiert, sondern über andere Aspekte wie Morphologie und Syntax. Hoffmann
stellt fest, dass Fachsprache eine Subsprache der Allgemeinsprache ist, das heißt, Fachsprache
ist ein Teil der Allgemeinsprache, bei der phonetische, morphologische und lexikalische
Elemente, syntaktische und textuelle Phänomene eine funktionelle Einheit bilden und die
Kommunikation innerhalb der verschiedenen Bereiche in einem Fach ermöglichen. (vgl.
Hoffmann 1976: 61f). Er vertritt die These, dass es nicht nur eine Fachsprache, sondern viele
Fachsprachen oder Fachrichtungen gibt.
4


Die Überlegung von einem fachsprachlichen Subsystem wurde in der laufenden Zeit von
vielen Wissenschaftlern weitergeführt. Schritt für Schritt wurde der Terminus Fachsprache
unter dem Verwendungszweckaspekt betrachtet und als Kommunikationsmittel modifiziert.

Nach Beier (1980, zit. nach Buhlmann 1989) wird der Begriff Fachsprache als „ein komplexer
Bereich (ein Ausschnitt, eine Varietät) der Sprachverwendung, der – bedingt durch die
Spezifika der Sprachverwendung – eine Binnendifferenzierung aufweist.“ bezeichnet. Er
ergänzt weiter, dass die Fachsprache von fachlich kompetenten Schreibern oder Sprechern
benutzt wird, um mit anderen Fachleuten über ein bestimmtes fachliches Thema zu
diskutieren. Hoffmann steht auch auf dem gleichen Standpunkt: Fachsprache – das ist die
Gesamtheit

aller

sprachlichen

Mittel,

die

in

einem

fachlich

begrenzbaren

Kommunikationsbereich verwendet werden, um die Verständigung der dort tätigen Fachleute
zu gewährleisten (vgl. Hoffmann 1984: 71).

Hornung (1983: 196) betrachtet die Fachsprache „angesichts der raschen zeitlichen
Entwicklung der Fachsprachen“. Er steht auf dem Standpunkt, dass eine bestimmte
Fachsprache zu einem entsprechenden Zeitpunkt erscheint und sich entwickelt.


Anhand oben genannter Versuchsdefinitionen wird klar, dass Hornung den Zeitbezug zur
Definition des Begriffs Fachsprache nimmt, während Hoffmann die Begriffsdefinition um den
Bezug auf die Personen, wie Fachleute und Laien erweitert.

Unter Fachsprache verstehen Möhn/ Pelka (1984: 26) „die Variante der Gesamtsprache, die
der Erkenntnis und begrifflichen Bestimmung fachspezifischer Gegebenheiten sowie der
Verständigung über sie dient und damit den spezifischen kommunikativen Bedürfnissen im
Fach allgemein Rechnung trägt.“

Für einen Definitionsversuch des Begriffs Fachsprache haben Buhlmann/ Fearns (1987: 12)
folgende Überlegungen angestellt: Fachsprache wird als Kommunikationsmittel, als ein
Ergebnis der Sozialisation betrachtet und strahlt bestimmte Denkstrukturen zurück, die durch
die Methoden eines Faches festgelegt sind. Und dass jeder Fachsprachensprecher oder schreiber über sowohl unterschiedliche soziale Hintergründe, als auch persönliche Sprech-,
Schreibintentionen, also unterschiedliche Kommunikationszwecke, sowie seinen persönlichen
Kommunikationsstil verfügt, hat auch unterschiedliche Realisationen von Fachsprache zur
Folge. Buhlmann und Fearns betonen auch die Rolle der Fachsprache als wichtiges Mittel bei
5


der spezifischen Kommunikation und erwähnen noch andere vorhandene Bedingungen in
Bezug auf die Kommunikation wie Kommunikationsabsichten oder -stile.

Als letztes wird die Fachsprache auf der stilistischen Ebene betrachtet. „Als Fachsprache
betrachtet man eine Gesamtheit von Sprachmitteln […], die in einem bestimmten Bereich der
menschlichen Tätigkeit zweckgebunden und die für eine spezifische Stilsphäre kennzeichnend
sind und sich von anderen Stilschichten und -typen abheben“ (Drozd/Seibicke 1973: 81).

Zusammengefasst zeigen die zitierten Definitionsversuche zum einen die Bestimmung, dass
eine allgemein gültige Definition des Terminus Fachsprache nicht vorhanden ist, zum anderen

die Tatsache, dass im Laufe der Zeit kommunikations- und handlungsorientierte
Konzeptionen, die später bei Lehrwerkanalyse besonders berücksichtigt werden, im Rahmen
der fachsprachlichen Erforschung und Analyse verstärkt Beachtung finden.

1.2 Begriffserklärung: Wirtschaftsdeutsch

Es lässt zuerst mit einer Behauptung von Frenser (1991: 235) beginnen: Der Begriff
„Wirtschaftsdeutsch“

wird

sowohl

in

Anlehnung

an

die

analogen

Begriffe

„Wirtschaftsenglisch“, „Wirtschaftsfranzösisch“ und „Wirtschaftsspanisch“ beibehalten.

Nach Pitch (1987) wird „Wirtschaft“ in Bezug auf Inhalte und Themen des
Fremdsprachenunterrichtes nicht mehr als „Fach“, sondern als „Praxisfeld“ diskutiert. Und
Buhlmann (1990: 48f) nennt in diesem Zusammenhang:

die Fachsprachen, die der Industriekaufmann, der Bankkaufmann, der Kaufmann in Groß- und
Einzelhandel, der Speditionskaufmann, der Schifffahrtskaufmann, der Kaufmann im Zeitungs-,
Zeitschriftenverlag, der Buchhändler, der Substitut und Verkaufstrainer, der Versicherungskaufmann, der
Werbekaufmann, der Luftverkehrskaufmann, der Reiseverkehrskaufmann, der Kaufmann im Hotel- und
Gaststättengewerbe, der Datenverarbeitungskaufmann, der staatlich geprüfte Informatiker oder der
Wirtschafstassistent lernt.

Anhand der aufgelisteten Bereiche möchte Buhlmann hier die enge Beziehung zwischen den
Praxisfeldern des Bereichs Wirtschaft und den Berufsgruppen erwähnen. Weiterhin ist es in
der

Praxis,

also

bei

der

didaktischen/methodischen

Vorgehensweise

im

Fremdsprachenunterricht notwendig, die Zielgruppen und dadurch die passenden Lernziele
exakt zu analysieren und zu bestimmen. Aerdem ermưglicht eine konkrete Beschreibung
6



den Lernenden einen Überblick über die verfügbaren Bereiche in der Fachsprache
Wirtschaftsdeutsch im Arbeitsmarkt, mit denen Lernende sich mit hoher Wahrscheinlichkeit
im späteren Berufsleben beschäftigen.
Kurz zusammengefasst nennt Buhlmann konkrete wirtschaftliche Arbeitsfelder als Beispiele
statt einen Definitionsversuch für den Terminus Wirtschaftssprache.

Bolten (1991: 72) weist darauf hin, dass die Heterogenität des Begriffs Wirtschaft so groß sei,
dass man Fachsprache Wirtschaft von den anderen Fachsprachen wie die der Technik, der
Medizin oder der Naturwissenschaften fundamental unterscheiden soll und dass konkrete
Teilbereiche der Fachsprache Wirtschaftsdeutsch wie z.B. Sprache der Wirtschaftspolitik, der
Börse oder Fachsprache im Handel und Industrie bestimmt werden sollen.

Schon in den achtziger Jahren wurde im Deutschunterricht auf der ganzen Welt eine stärker
beruflich-fachliche Orientierung zur Qualifizierung einiger Firmenmitarbeiter gefordert, die
noch einen großen Sprachbedarf besaßen. Dies führt dazu, dass sowohl eine LehrwerkInflation entstand, als auch weitere Begriffe wie Berufssprache, berufsbezogene Sprache,
berufsorientierte Sprache, fachbezogene Sprache u.a. hinzu gekommen sind (vgl. Brauert
1999: 98). Deswegen äußert Hahn (1993: 92) sich folgendermaßen:
Diskussionen

zum

Vielschichtigkeit

Gegenstandsbereich

des

Bereiches

des


Wirtschaftsdeutschen

Wirtschaft

deutlich.

Wir

machen

verwenden

Heterogenität
den

und

allgemeinen

Begriff‚Wirtschaftsdeutsch‘ und meinen damit sowohl die wirtschaftsbezogene Fachsprache im
wissenschaftlich-theoretischen Bereich als auch die Berufssprachen in der Wirtschaft und die
fachbezogene Umgangssprache bzw. fachexterne Kommunikation.

Bolten (1991: 75f) zeigt eine Einteilung für die Wirtschaftssprache in Theoriesprache,
Berufssprache

und

fachbezogene


Umgangssprache,

die

nach

Textsorten

und

Kommunikationspartnern differenziert sind.

Textsorte

Kommunikationspartner

a) Theoriesprache
Monographien, Forschungsberichte,

Wissenschaftler, Studenten (VWL, BWL,

Lehrbücher u.a.

Jura, Politik), Unternehmensführer,
Stabstellenleiter in der Unternehmensführung,
Bereichsleiter, Wirtschaftspolitiker
7



b) Berufssprache
Geschäftsberichte, Bilanzen, Verträge,

Überwiegend die unter a) genannten, Vertreter

Protokolle, branchen- und fachbezogene

des operativen Management,

Zeitschriften- und Zeitungsartikeln, inter- und Fachjournalisten, Fachübersetzer und innerbetriebliche Besprechungen u.a.

dolmetscher

c) Fachbezogene Umgangssprache
Geschäftsberichte, Werbespots, Prospekte,

Überwiegend die unter a) und b) genannten,

populärwissenschaftliche Texte zum

Vertreter der Ausführungsebene in

Wirtschaftsgeschehen, Verkaufshandlungen,

Unternehmen, Konsumenten

u.a.

Bolten stellt fest, dass die Wirtschaftssprache selbst ihre Eigenschaften in den Textsorten, die
sie enthalten, darstellt. Daher ist es seiner Meinung nach am besten, die bezogenen Textsorten

nach Branchen, nach Situationsbedingungen, Verwendungssituationen und Adressanten zu
sortieren.

Die Wirtschaftssprache lässt sich weiter von Frenser (1991: 237) nach mündlichen und
schriftlichen Textsorten differenzieren:
Wirtschaftskommunikation im
Produktionsbetrieb

außerbetrieblich

innerbetrieblich

schriftlich

mündlich

schriftlich

mündlich

- Mitteilungen

- Informations-

- Geschäfts-

- Telefonate

- Produktionspläne


gespräche

korrespondenz

- Verhandlungs-

- Notizen

- Besprächungen

als Brief, Telex,...

u. Verkaufs-

-…

- Mitteilungen

- „Kundenpflege“

gespräche

- Anweisungen

- Werbematerial,

- Terminabsprachen

Prospekte


- „Kundenpflege“
-…
8


Hier betrachtet Frenser in einer weit fortgeschrittenen Stufe die Wirtschaftssprache als
Wirtschaftskommunikation. Sie steht auf dem Standpunkt, dass es nicht nur um den Ausdruck
und die Vermittlung von Sachverhalten, sondern auch z.B. eine Veränderung der
Einstellungen bei einer bestimmten Zielgruppe und mögliche Andersdenkende gehen soll.

Es ist also festzustellen, dass im Vergleich zu rhetorisch-stilistischen Aspekten in
naturwissenschaftlich-technischen Fachsprachen die rhetorisch-stilistischen Aspekte in der
Wirtschaftskommunikation eine wichtigere Bedeutung haben (vgl. Frenser 1991, 237).
Beim Versuch, die Begriffe Wirtschaftsdeutsch und Berufsdeutsch im Rahmen methodischer
und didaktischer Konzepte abzugrenzen, stellt Evans (2001: 6) fest, während das
Berufsdeutsch „als eine Einführung in die Fachsprache Deutsch in der Arbeitswelt gesehen
wird, was sich eher für Anfänger im Sprachunterricht anbietet, auf praktische Bereiche
bezogen ist und auch auf Allgemeinwissen basiert“, beschäftigt sich Wirtschaftsdeutsch
hingegen „mit der Weiterführung und Intensivierung der im Berufsdeutschunterricht
erworbenen sprachlichen und fachlichen Kenntnisse und konzentriert sich inhaltlich
vorwiegend

auf

abgehobene,

theoretische

Konzepte


aus

dem

Bereich

der

Wirtschaftswissenschaften„

Anhand der wesentlichen aufgezeigten Konstituenten für die Termini Wirtschaftssprache und
Wirtschaftsdeutsch, wo linguistische, textlinguistische, stilistische und inhaltliche Kriterien
berücksichtigt werden, ist es sehr komplex, eine zufriedenstellende Definition für die zwei
Termini zu verfassen. Zusammengefasst kann die folgende Äußerung von Buhlmann (1989:
85f) als die allgemeine Beschreibung des Terminus Wirtschaftsdeutsch akzeptiert werden:
„Der Ausdruck „Wirtschaftsdeutsch“ oder „Fachsprache Wirtschaft“ ist ein Sammelbegriff für
diverse

Fachsprachen,

die

von

Personengruppen

mit

unterschiedlicher


Vorbildung,

unterschiedlichen Tätigkeiten und unterschiedlichen Kommunikationszielen und -formen in
einem beruflichen, akademischen und/ oder ausbildungsbedingten Umfeld benutzt werden, das
irgendwie mit Wirtschaft zu tun hat.“

1.3 Interkulturelle Wirtschaftskommunikation

Wenn es heute um das Thema Wirtschaftsdeutsch geht, darf der Begriff interkulturelle
9


Wirtschaftskommunikation nicht vergessen werden.
Im Rahmen des fremdsprachlichen Unterrichts stieß ab Mitte der 1980er Jahre die
Vermittlung des Wirtschaftsdeutschen, -englischen und französischen auf eine deutlich
zunehmende Nachfrage. Dies bedingte eine Erweiterung der Wirtschaftslinguistik auf
handlungsbezogene Fragestellung eine Fachkommunikationsforschung. Das heißt, unter den
interaktiv-interkulturellen Aspekten versuchte man fachkommunikatives als interkulturelles
Handeln zu initiieren.

Wegen der starken Prägung des Globalisierungsprozesses auf den Bereich Wirtschaft erleben
wir heute „eine Internationalisierung des Wirtschaftslebens, das in einem bisher unbekannten
Ausmaß die direkte Kommunikation, Interaktion und Kooperation zwischen Angehörigen
verschiedener Kulturen verlangt.“ (Kelz 2001: 248). Deswegen vertritt Bolten (vgl. 2007:
250) den Standpunkt, dass die Vermittlung verbalsprachlicher Kenntnisse und Fertigkeiten
jetzt

nicht

mehr


im

Vordergrund,

sondern

die

Vermittlung

kommunikativer

Handlungskompetenzen, die zweifellos einen großen Beitrag sowohl zu einem erfolgreichen
Interagieren auf internationalen Märkten, als auch zur Vermeidung der Schwierigkeiten,
Konflikten, Missverständnisse und Misserfolge bei der Durchführung von wirtschaftlichen
Projekten leisten.

Interkulturelle Wirtschaftskommunikation orientiert sich nach Bolten (2007: 7) auf die
folgenden nachgefragten Praxisfelder: interkulturelle Organisationslehre, interkulturelles
Marketing und interkulturelle Personalorganisation und -entwicklung. Dies hebt die Tatsache
hervor, dass bezogen auf Inhalte und Themen des Fremdsprachenunterrichts „Wirtschaft“
nicht mehr als „Fach“, sondern als „Praxisfelder“ diskutiert wird.

Zusammen mit der Tatsache, dass „interkulturelle Wirtschaftskommunikation“ im Kontext des
Wirtschaftsdeutsch-Unterrichts mehr und mehr Aufmerksamkeit gewinnt, entsteht eine
Entwicklung von entsprechenden Lehrwerken, die nach Kelz (2001: 253) drei verschiedenen
Tendenzen zugeordnet werden können:
− textorientierte Lehrwerke,
− fachorientierte Lehrwerke,

− kommunikationsorientierte Lehrwerke.
Diese drei Tendenzen von Lehrwerken im fachbezogenen Fremdsprachenunterricht werden
im fünften Kapitel Lehrwerkanalyse berücksichtigt.
10


Mithilfe der unten dargestellten Abbildung, die Entwicklung der interkulturellen
Wirtschaftskommunikation präsentiert, und der in diesem Teil des ersten Kapitels genannten
Behauptungen von Bolten und Kelz wird erläutert, dass es kein Zufall ist, wenn die Titel von
allen vier Lehrwerken, die im fünften Kapitel analysiert und beurteilt werden, explizit oder
implizit auf den Bereich „interkulturelle Wirtschaftskommunikation“ hinweisen. Die
erwähnten Lehrwerke sind: Kommunikation in der Wirtschaft, Deutsch lernen für den Beruf –
Kommunikation am Arbeitsplatz, Wirtschaftskommunikation Deutsch und Dialog Beruf.

Weitere Soz.
und
Geisteswissenschaf
ten

Philologien

(ik) Sozialpsychologie

Ik Wirtschaftskommunikation

(Wirtschafts-)
ethnologie

hist.
Volkswirtschaftslehre


wirtschaftssprachlichnationenwiss.
Forschung;
Wirtschaftsgermanistk

Außenhandelslehre

Ik
Managementforschung

Fachsprachendi daktik/ -methodik
Gram.-Übersetzung
Methode

Terminologielehre

30er/ 40er

Kulturvergl.
Managementforschung

50er

60er

audiolinguale
Methode

Fachtextlinguist.


70er

kommunikative Methode

interaktivinterkulturelle M

Fachkomm.
forschung

80er

90er

Ik Fachtextpragmatik

2000

(Bolten 2007: 251)

11


1.4 Sprachliche Besonderheiten der Wirtschaftssprache

Fachwörter spielen eine wesentliche Rolle und sind Indikatoren für die Fachsprachen. Sie
tragen Hauptinformationen bei der fachlichen Kommunikation. Im Vergleich zu den
gemeinsprachlichen Wörtern sind die Fachwörter durch ihren fachbezogenen Inhalt und ihre
weitgehende Kontextautonomie gekennzeichnet (vgl. Fluck 1997: 35).

Hinzu kommt, dass die Fachsprache wie ein Werkzeug betrachtet werden muss, das heißt:

wenn man bestimmte Werkzeuge für bestimmte Produktionsvorgänge effizient benutzen
möchte, sollte man solche Werkzeuge sowie ihre Funktionen gut kennen. Dies gilt genauso
bei den sprachlichen Strukturen, die man zur Beschreibung fachlicher Zusammenhänge
benutzt, die nicht zufällig ausgewählt werden sollten. Sprachliche Elemente einer Sprache wie
Lexik und syntaktische Strukturen haben jeweils bestimmte Leistungen. Manche haben einen
sehr breiten Anwendungsbereich, während andere nur in einem sehr eingegrenzten Bereich
funktionieren können. Unabhängig von der Breite des Anwendungsbereichs sollte sich das
Sprachbewusstsein der Lernenden im Unterricht mithilfe sprachlicher Strukturen entwickeln.
Dies kann man nur verwirklichen, wenn sprachliche Merkmale einer Sprache gut erkannt
werden.
Im folgenden Abschnitt wird daher versucht, sprachliche Merkmale der Wirtschaftssprache
darzustellen, die auch in der Methodik/Didaktik berücksichtigt werden sollen.

Auf der lexikalischen Ebene verfügt Wirtschaftsdeutsch über eine Anzahl spezifischer
Adjektive (kontinuierlich, akzeptabel, kundenorientiert, marktorientiert) und bevorzugt
bestimmte Wortbildungsweisen wie:
− Ableitung durch Präfigierung, ein Mittel der Wortbildung. Das sind Verben, die meist
den Zweck, bestimmte Tätigkeiten und Prozesse genauer zu bezeichnen und von
anderen abzugrenzen. Die Präfixe: „ent-“, „ver-“, „be-“, „ge-“, „er-“, „ent-“, u.a. und
Halbpräfixe wie „an-“, „durch-“, „ein-“, „um-“, etc. werden dazu verwendet.
Zum Beispiel: Zum Thema „Zahlungsarten“ sind verschiedene Verben mit dem
Stammwort „zahlen“ vorhanden wie anzahlen, nachzahlen, vorauszahlen.
− Komposita sind Spezialitäten der Fachsprachen. Zum Beispiel kommen im
Wirtschaftsbereich folgende Komposita zum Thema „Lohn“ sehr häufig vor:
Arbeitslohn, Stundenlohn, Prämienlohn, Hungerlohn, Mindestlohn.
Die Existenz der Fremd- und Lehnwörter sollten wegen der Globalisierung im
12


wirtschaftlichen Bereich auch nicht vergessen werden, z.B. Broschüre, Prospekte,

Management, Marketing, Import, Export, Skonto.

Wortabkürzungen sind in der Wirtschaftssprache auch sehr oft zu finden. Sie stellen „als
Folge der Tendenz zur Vereinfachung und Sprachökonomie ein produktives und aktives
Wortbildungsverfahren dar“ (Fluck 1997: 69). Als Beispiele sind die Abkürzungen wie LKW
= Lastkraftwagen, GmbH = Gesellschaft mit beschränkter Haftung, EXW = ex works, b.f.n =
brutto für netto.

Im Bereich der Syntax werden folgende Merkmale präsentiert:
− Besonders im Wirtschaftsdeutsch werden zahlreiche Nomen-Verb-Verbindungen
sowohl in der schriftlichen, als auch in der mündlichen Kommunikation benutzt, z.B.
in Kontakt nehmen, etwas in Betrieb setzen, unter Druck stehen, in Kraft treten, zum
Einsatz kommen.
− Infinitivkonstruktionen sind als Passiversatzformen mit sein + zu + Infinitiv zu
bezeichnen. „Sie drücken eine passivische Bedeutung aus und weisen gleichzeitig auf
eine Notwendigkeit oder Möglichkeit hin. Diese Fügungen lassen sich in
Passivkonstruktionen mit den Modalverben müssen, kưnnen oder sollen umformen“
(Fluck 1997: 98). Aerdem werden die Konstruktionen mit lassen + sich + Infinitiv
im Bereich Wirtschaft auch auffallend häufig verwendet.
− Dass die passivische Ausdrucksweise ein beliebtes und funktionsgerechtes
Ausdrucksmittel der deutschen Fachsprache ist, wird kaum bestritten (vgl. Fluck 1997:
92).

1.5 Didaktische und methodische Spezifika des fachbezogenen DaF-Unterrichts

Das Ziel des Abschnittes ist der Versuch, sowohl die wichtigen Rahmenbedingungen, als auch
didaktische und methodische Merkmale des fachbezogenen DaF-Unterrichts darzustellen, die
als Hilfestellungen für die Lehrenden bei der Auswahl passender Lehr- und Lernmaterialien
und bei der effizienten Unterrichtsgestaltung gelten.
Dass anhand der Präsentation relevanter Thesen und Theorien über Gegenstandsbereiche wie

fachbezogenen

DaF-Unterricht,

Fachsprachenunterricht

und

berufsbezogener

Deutschunterricht die Hauptmerkmale des Wirtschaftsdeutschunterrichts an der Hochschule in
Vietnam implizit skizziert werden sollen, ist ein weiteres Ziel des folgenden Abschnitts.
13


Unter

„Fachsprachenunterricht“

wird

nach

Fearns

(2003:169)

ein

fachbezogener


Fremdsprachenunterricht verstanden, „eine Variante des Fremdsprachenunterrichts mit dem
spezifischen Ziel, die fremdsprachliche Handlungskompetenz im Fach gemäß den
Bedürfnissen der Lernenden auf- und auszubauen. Fremdsprachliche Handlungsfähigkeit im
Fach kann umschrieben werden als die Fähigkeit des Lerners, sich in der Zielsprache fachlich
angemessen zu informieren und zu verständigen.“
Das bedeutet, dass die Lernenden im Fachsprachenunterricht in der Lage sein sollten, die
vermittelten Arbeitsstrategien und sprachliche Mitteln zum grưßtmưglichen Entnehmen
nưtiger fachlicher Informationen zu nutzen. Aerdem sind sie auch fähig, sich auf einem
bestimmten Wissensstand in einem fachlichen Bereich eindeutig und sachlich äern zu
kưnnen (vgl. Buhlmann/Fearns 1991: 9).

Das Verfügen über die Denkelemente des Faches, die Fachbegriffe sind, und die
Denkstrukturen im Fach, die bestimmte logische und nachvollziehbare Operationsweisen
sind, setzt den Erfolg der Kommunikation im Fach fest. Infolgedessen muss der
Fachsprachenunterricht die fachbezogenen Denk- und Mitteilungsstrukturen in der
Zielsprache bewusst und nachvollziehbar machen, sowie den Lernenden die notwendigen
morphologischen, lexikalischen, syntaktischen und strukturellen Sprachmittel zur Verfügung
stellen (vgl. ebd.).
Zu allgemeinen Voraussetzungen für einen Fachsprachenunterricht hat Fearns (2003: 170)
gệert:
„Fachsprachenunterricht ist, wenn rezeptive und produktive Fertigkeiten gleichermen gefưrdert werden
sollen, im Mittelstufenbereich anzusiedeln und setzt mindestens 400 Stunden Fremdsprachenunterricht
voraus. [..] Bei Schülern und Lernern, die sich auf eine akademische oder berufliche Ausbildung
vorbereiten oder diese beginnen, die also keine Fachkenntnisse besitzen, tritt zum Fachsprachenunterricht
ein Fachunterricht in der Fremdsprache, der eigenen Gesetzmäßigkeiten unterliegt, da er in das Sach- und
Fachgebiet einführen muss und damit sie Sozialisierung im Fach einleitet.“

Ziele sowie sprachliche, strategische, landeskundliche und interkulturelle Lerninhalte des
fachbezogenen DaF-Unterrichts sind besonders stark auf die konkreten Bedürfnissen,

berufliche Ziele und persönliche Wünsche der Lernenden ausgerichtet. Lernziele und
Lerninhalte werden darüber hinaus noch durch mögliche organisatorische Gegebenheiten und
Lernvoraussetzungen ausgemacht (vgl. Fearns 2003: 171).
14


Nach Fluck (vgl. 1997: 150) setzt fachbezogener DaF-Unterricht bei den Lernern prinzipiell
Fachkompetenz voraus. Aber folgende Fragen tauchen hier sofort auf: Was unter dem Begriff
Fachkompetenz

wirklich

verstanden

wird?

Ob

die

Sprachkompetenz

neben

der

Fachkompetenz im Rahmen des fachbezogenen DaF-Unterrichts auch gefördert wird?
Mithilfe folgender Argumentationen von Vertretern des Bereichs

Didaktik/Methodik im


Fachsprachenunterricht könnten Antworten für die gestellten Fragen gefunden werden:
− Die Aufgabe des fachbezogenen DaF-Unterrichts liegt „weniger in der Vermittlung der
Terminologie als vielmehr in der Vermittlung fachspezifischer Wortbildungsmuster,
Satzschemata, Stilkonventionen, Argumentationsstrukturen etc.“ (Spiller 1983: 18f;
zit. nach Schröder 1988)
− Buhlmann und Fearns (2000: 390) führen weiter, dass die Bedeutung der fachlichen
Terminologie und die Funktion der spracharmen Kommunikationsverfahren wie
Tabelle, Diagramme, Statistiken, etc. im Unterricht bewusst gemacht wird, damit die
Lernenden die Funktionen dieser Lerngegenstände zur Verständnissicherung und
Beweisführung erfahren kưnnen. Fearns (2003: 171f) ergänzt besonders zum
Wirtschaftsdeutsch-Unterricht folgendermen ergänzt:
„Für die Wirtschaftskommunikation ist darüber hinaus das Wissen um die Organisationstruktur
eines Betriebes, seine Unternehmenskultur und die damit verbundenen Führungs- und
Kommunikationsstile mit den entsprechenden Rollenverteilungen unerlässlich.“

− Eine weitere wichtige Aufgabe der Didaktik des fachbezogenen DaF-Unterrichts ist
die Ermittlung der entsprechenden Arbeitsverfahren und Denkoperationen des Faches
und der Fachtexte. Es wird noch betont, dass es im Fachsprachenunterricht nicht um
„das Wissen über eine Sprache“, sondern um das „Können“ in bestimmten Situationen
gehe (vgl. Schröder 1988: 30). Die zentralen Grundlagen dafür sind die funktional
orientierten Fachtexte sowie Sprachgebrauch und die Interaktionsmuster. Der
Fachsprachenunterricht ist textstrukturbezogen. Er macht dem Lerner den im Fach
üblichen Diskurs bewusst, der reflektiert und thematisiert ist (vgl. Buhlmann/Fearns
1991: 85).
− Während eine anwendungs- und berufszielspezifische Differenzierung anhand der vier
15


Hauptfertigkeiten, also Lese-, Hör-, Sprech- und Schreibfertigkeit, sowie die fünfte

Fertigkeit das Übersetzen von Fluck (1997: 150) erwähnt werden, betont Fearns
(2003: 171) die nötige Vermittlung und Entwicklung der strategischen Kompetenz als
ein Hauptziel des Fachsprachenunterrichts, die den Lernenden dabei helfen, in
wechselnden fachlichen und beruflichen Situationen sprachlich handlungsfähig zu
bleiben. Zuerst werden Lese-, Hör-, Schreib- und Sprechstrategien auf der
sprachlichen Ebene ermittelt und eingeübt, dann erwerben sich die Lernenden auf der
fachlichen Ebene die Strategien zum Agieren und Reagieren im mehrsprachigen
Kontext (Helmolt von 1994; zit. nach Fearns 2003) sowie Strategien der
Gesprächsführung, des Präsentierens und Verhandelns.

Im nächsten Punkt dieses Abschnittes soll es darum gehen, die Bedingungsgefüge der
Didaktik/Methodik des fachbezogenen Fremdsprachenunterrichts anhand des folgenden
Schemas zu erläutern.
Fachbezogener
Fremdsprachenunterricht

Ort:

Ausland

Zielsprachenland

Zielbereich:

berufbezogen

fachliche Kompetenz

wissenschaftbezogen


Nichtfachleute

der Lerner:

Fachleute

Fachleute

Zielfertigkeit:

fertigkeitsspezifisch

lesen

fachliche Kompetenz

angehende

hoch

hören

sprechen

fertigkeitsintergrierend

schreiben

niedrig


der Lehrer:

Vermittlungssprache:

L1

L2
(Gnutzmann, 1988: 109)
16


Wie die bisherige Darstellung gezeigt hat, ist die Fachsprachenvermittlung besonders
adressaten-, inhalts- und textsortenbezogen. Darüber hinaus muss sie noch unterschiedlichen
Bedingungsgefügen Rechnung tragen. Das bedeutet, es spielt eine wichtige Rolle, die
Antworten für folgende Fragen zu finden, ob der fachbezogene Fremdsprachenunterricht im
Zielsprachenland oder im Ausland stattfindet, ob er studienvorbereitend, -begleitend oder qualifizierend, ob die Zielgruppen über fachliche Vorkenntnisse oder keine Fachvorkenntnisse
verfügen, welche Zielfertigkeiten hauptsächlich angestrebt werden sollen, über welche
fachliche Kompetenz die Lehrer verfügen und mit welcher Unterrichtssprache sprachliche
und fachliche Kenntnisse vermittelt werden.

Für Schröder (1980: 34) „hätte eine Didaktik des fachbezogenen Fremdsprachenunterrichts
[…]

eine

kommunikativ-pragmatische

Richtung

einzuschlagen.“


Das

heißt,

der

Ausgangspunkt ist der Text als kommunikative Einheit, in dem die Lexik und Syntax je nach
kommunikativen Funktionen zuzuordnen wären.

Nachfolgend werden die allgemeinen Prinzipien einer Didaktik des fachbezogenen
Fremdsprachenunterrichts

nach

Buhlmann

(1983:63,

zit.

nach

Schrưder

1988)

folgendermen präsentiert:
- Sie muss die im Fach gängigen Denk- und Mitteilungsstrukturen bewusst und/oder nachvollziehbar
machen.

- Sie muss die nötigen lexikalischen und syntaktischen Mittel vermitteln.
- Sie muss die im Fach gängigen Textbaupläne bewusst und/oder verfügbar machen.

Weiterhin weist Schröder (1980: 35) mithilfe folgender Merkmale spezialisierter
Didaktik/Methodik

des

fachbezogenen

Fremdsprachenunterrichts

darauf

hin,

dass

fachbezogener Fremdsprachenunterricht kein Fachsprachenunterricht mehr ist, dass er
vielmehr als interkultureller Fachkommunikationsunterricht verstanden wird:
− Die Didaktik des fachbezogenen Fremdsprachenunterrichts soll adressatenorientiert
und fachorientiert sein. Das heißt, sie basiert auf den Strukturen und der Didaktik des
Fachs.
− Sie soll text- und kommunikationsorientiert sein, d.h. von authentischen Fachtexten
und dem konkreten Kommunikationsbedürfnis der Lernenden ausgehen.
− Sie soll schließlich eine interkulturelle und interdisziplinäre Unterrichtswissenschaft
sein, wobei die Förderung interkultureller Verständigung ein Ausschnitt der
fremdsprachlichen Fachkommunikation ist.
17



Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Hauptmissionen der Didaktik/Methodik
des fachbezogenen Fremdsprachenunterrichts oder des Wirtschaftsdeutsch-Unterrichts darin
liegen, „durch die Berücksichtigung der Besonderheiten des Faches und seines
Kommunikationssystems den Lerner anzusprechen“ (Fearns 2003: 174), landeskundliches
Wissen

und

kulturspezifische

funktionierenden

interkulturellen

Unterschiede

zur

Gewährleistung

Kommunikation

zu

vermitteln,

einer

möglichst


unterschiedliche

fachspezifische Fertigkeiten sowie strategische Kompetenzen stärker miteinander zu
vernetzen und den Lerner dadurch herauszufordern, seine Kenntnisse, Erfahrungen und
Denkweisen zur Lösung der Arbeitsaufträge einzubringen.

2. Fremdsprachenlehren und -lernen am Beispiel des DaF-Unterrichts in
Vietnam
Das Kapitel bietet einen Überblick sowohl über die Situation des Deutschlehrens und -lernens
in Vietnam, als auch über die Lehr- und Lerngewohnheiten von vietnamesischen
Deutschlehrenden und -lernenden. Ohne Zweifel spielt dies eine große Rolle bei der
Lehrwerkanalyse und -bewertung, welche Rücksicht auf bestimmte Zielgruppen nehmen
müssen.

2.1 Deutschlehren und -lernen in Vietnam

Nach der Wiedervereinigung wurde der wirtschaftliche Markt in Vietnam eröffnet. Dies führte
dazu, dass eine Fremdsprache zu beherrschen oder im Ausland zu studieren, was eine bessere
Arbeitsstelle in der Zukunft ermöglichen könnte, in Vietnam ein Trend wurde. Obwohl die
Beliebtheit der deutschen Sprache noch hinter der Welt-Lingua-Franca Englisch liegt, hat
Deutsch in den letzten Jahren an Zustimmung im Land gewonnen.

Die Sprachverbreitungspolitik der Bundesrepublik Deutschland hat mit der Einrichtung des
DAAD-Lektorats im September 1992 in Ho-Chi-Minh-Stadt begonnen. Mit Hilfe des DAADSprachlektorats wurde im selben Jahr die Deutschabteilung an der Hochschule für Geistesund Gesellschaftswissenschaften, eine zur Nationaluniversität in Ho-Chi-Minh-Stadt
gehörende Institution und welche lediglich das DaF-Studium als Vollzeitstudium in
18


Südvietnam anbietet, begründet. Insgesamt sind dort jährlich ca. 240 Studierende

eingeschrieben. Die Studierenden in der dortigen Deutschabteilung besuchen in den zwei
ersten Studienjahren Sprachkurse und müssen ab dem 5. Semester sowohl verschiedene
Wahlfächer wie Linguistik, Übersetzung, Landeskunde, Literatur und Dolmetschen, als auch
eines der drei berufspezifischen Fächer Methodik/Didaktik, Tourismusdeutsch und
Wirtschaftsdeutsch zum Studieren auswählen.

Im Jahr 1999 wurde in Hanoi ein Vietnamesisch-Deutsches Zentrum an der Technischen
Universität Hanoi eingerichtet, wo seit 2003 eine DAAD-Aenstelle beherbergt wird.
Aerdem kưnnen vietnamesische Studierende in Nordvietnam Deutsch an der Hanoi
Universität, welche sich an der Ausbildung zum Übersetzer und Dolmetscher orientiert, und
an der Fremdsprachenhochschule Hanoi, wo die Hauptziele der Ausbildung in den Fächern
Übersetzung, Dolmetschen und Methodik/Didaktik liegen. Genauso wie bei der universitären
Deutschabteilung in Südvietnam sollen die Studierenden an diesen zwei öffentlichen
Universitäten in Hanoi nach dem Abschluss des Bachelorstudiums das C1-Niveau erreichen.
Außerdem existiert seit 2008 eine Vietnamesisch-Deutsche Universität in Ho-Chi-Minh-Stadt,
ein von der vietnamesischen Regierung und dem Land Hessen initiiertes Hochschulprojekt.
Die Unterrichtssprache dort ist zwar Englisch, aber seit 2009 werden obligatorisch
Deutschkurse angeboten.

Auf der Schulebene gab es Deutschunterricht zuerst an der Vietnamesisch-Deutschen
Oberschule und am Sprachbegabtengymnasium in Hanoi. Schritt für Schritt ist das
Lernangebot für Deutsch stark erweitert geworden. Seit 2008 nehmen die Lomonossov
Grundschule, Dong Da Mittelschule und Phuong Nam Schule in Hanoi, Tran Dai Nghia und
Nguyen Thi Minh Khai Gymnasien in Ho-Chi-Minh-Stadt und Nguyen Thi Minh Khai
Gymnasium in Haiphong am Projekt „Schulen-Partner der Zukunft“ teil, in welchen Deutsch
als ein Schulfach unterrichtet wird.

Das Goethe-Institut in Hanoi als grưßter und wichtigster Anbieter von Sprachkursen wurde im
Jahr 1997 gegründet. 2003 folgte das Goethe-Institut in Ho-Chi-Minh-Stadt (vgl. Schöningh
2010: 1840). Das Goethe-Institut in Vietnam bietet den Deutschstudierenden und -lernenden,

die

das

C1-Niveau

erreichen,

einmal

im

Jahr

einen

methodisch-didaktischen

Lehrerausbildungskurs an. Daneben sind Deutschkurse in vielen privaten Sprachschulen zu
finden.
19


Gutzat (1996: 446) hat in seinem Bericht den zunehmenden Bedarf an Deutsch könnenden
Arbeitsnehmern in Vietnam festgestellt: „Deutschland gehört bislang zwar nicht zu den ersten
20 Investorenländern in Vietnam, so dass der Bedarf deutscher Firmen zur Zeit noch relativ
gering ist, es lässt sich aber eine zunehmende Präsenz der deutschen Wirtschaft in Vietnam
beobachten.“ Diese Behauptung von Gutzat war im Jahr 1996 und im Jahr 2012, also 16
Jahre später, hat man öffentlich mitgeteilt, dass Deutschland als einer der grưßten Investoren
in Vietnam den sechsten Platz 6 belegte. Dies ist ein gutes Signal für die weitere Entwicklung

der deutschen Sprache in Vietnam und führt dazu, dass Deutschkurse in Vietnam nicht nur
quantitativ, sondern auch qualitativ in Betracht gezogen werden müssen. Wie oben skizzierte
Zusammenfassung stellt dar, dass sich die Ausbildungsziele von allen Deutschabteilungen an
den Universitären in Vietnam an den wichtigen Bedarfsfeldern für die deutsche Sprache:
Methodik/Didaktik, Tourismus, Wirtschaft, Übersetzen und Dolmetschen, orientieren. Das
bedeutet, dass universitäre Ausbildungsinstitutionen in Vietnam die tendenzielle Entwicklung
von deutscher Sprache auf dem vietnamesischen Markt, sowie den steigenden Bedarf an den
Arbeitskräften, die Deutsch beherrschen, gut erkennen konnten. Daher darf ein gut vorbereites
und hochqualitatives Ausbildungsumfeld im Umfang der deutschen Sprache in Vietnam
erwartet werden.

2.2 Kulturbezogene Lehr- und Lerngewohnheiten

Parallel zu dem definierten Lernverhalten von Deutschstudierenden am Beispiel des DaFUnterrichts an der Hochschule für Geistes- und Gesellschaftswissenschaften in Ho-Chi-MinhStadt werden in diesem Abschnitt die am meisten bestehenden Lehr- und Lerngewohnheiten
der Vietnamesen beim Fremdsprachenlernen beschrieben.

Die Lerngewohnheiten von den Vietnamesen werden in den Büchern oder Fachzeitschriften
ganz wenig behandelt. Im folgenden werden die am meisten bestehenden Lehr- und
Lerngewohnheiten von vietnamesischen Lehrenden und Lernenden unter Betrachtung von
Gutzat erwähnt und verdeutlicht.
-

Zuerst betont Gutzat (1996: 444) die Erziehung zur Selbständigkeit und Mündigkeit
als eines der wichtigen Bildungsziele, welche die Fähigkeit beinhalten, „verschiedene
Möglichkeiten kritisch zu beurteilen und gegeneinander abzuwägen, Fragen nach der
Legitimation zu stellen, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese auch
20


argumentativ begründen zu können“. Er bedauert die Tatsache, dass wegen der starken

Prägung des Konfuzianismus in einer langen Zeit der Kernpunkt pädagogischer
Überlegungen nicht in den Entfaltungsmöglichkeiten des Einzelnen liegt, sondern in
dem, was die Gesellschaft erwartet und einnimmt. Dies führt dazu, dass die Lerner
nicht gelehrt werden und dadurch nicht daran gewöhnt sind, mit dem Stoff selbständig
umzugehen, ihn kritisch zu reflektieren und die Zusammenhänge herzustellen.

-

Gutzat steht auf dem Standpunkt, dass bei der Verwirklichung der Erziehungsziele die
Lehrperson eine wichtige Rolle spielt. Der Lehrer gibt dem Lerner nicht fertige
Urteile, sondern hilft ihm dabei, seine eigenen Urteile selbst zu finden und seine
Meinungen zu bilden. Das heißt, dass der Lehrer als ein Helfer und Partner während
des Lernprozesses des Lerners bereit sein muss, sich mit abweichenden Meinungen
des Lerners auseinanderzusetzen und sich auf eine Diskussion einzulassen (vgl. Gutzat
1996: 444). Im Gegensatz dazu ist der Lehrer dank des hohen Stellenwertes der
Bildung in Vietnam und seinem hohen Sozialprestige eine absolute Autoritätsperson.
Die Rückfragen oder Vorschläge der Lerner zum Unterricht sind nicht erwartet oder
sogar verboten (vgl. ebd.: 444).

-

Die Lernenden in Vietnam sind während der Schuljahre an den Frontalunterricht
gewöhnt, in dem die Interaktion zwischen den Lernenden sehr selten gefunden wird.
Im Unterricht gibt es eine einzige zwischen der Lehrperson von den Lernern. Und das
ist so wenig, dass die Lerner eine Fremdsprache nicht richtig beherrschen können.
Genau zu diesem Punkt behauptet Gutzat (vgl. ebd.: 445), dass in Vietnam der
lehrerzentrierte Frontalunterricht sehr dominant ist und es keinen Platz für Kreativität
gibt, weil das zentrale Lernverfahren das Auswendiglernen zur identischen
Reproduktion ist.


Zusammengefasst können im Gutzats Beitrag im Jahr 1996 die auffallendsten Lehr- und
Lerngewohnheiten von den Vietnamesen gefunden werden: mangelnde Kritikfähigkeit,
mangelnde Bereitschaft zur Durchführung von Diskussionen auf der Lehrerseite, fehlender
Mut zum Nachfragen und Vorschlag seitens der Lerner, die Passivität der Lerner im
Unterricht und die Beherrschung des Auswendiglernens.
Diese Urteile von Gutzat wurden vor fast 20 Jahren beschrieben und innerhalb diesen Jahren
sind nicht viele Studien mit dem Thema Lehr- und Lerngewohnheiten der Vietnamesen
21


durchgeführt worden. Um einen aktuellen und richtigen Überblick über die Lehr- und
Lerngewohnheiten von vietnamesischen Deutschlernenden zu gewinnen, wurde für die
vorliegende

Arbeit

eine

quantitative

Forschung

durchgeführt,

deren

Methode,

Vorgehensweisen und Ergebnisse folgendermaßen zusammenfassend präsentiert werden.


Empirische Forschung:
- Thema: Lehr- und Lerngewohnheiten von vietnamesischen Deutschlernenden in Ho-ChiMinh-Stadt
- Das Forschungsziel liegt darin, aktuelle und genaue Daten über Lehr- und
Lerngewohnheiten von vietnamesischen Deutschlernenden zu gewinnen.
-

Methode: Anhand der oben genannten Urteile von Gutzat, die als Hypothesen der

Forschung dienen, werden die Daten mithilfe einer online-Umfrage erhoben und aufbereitet.
Die online-Umfrage hat neun Fragen, die sich auf die Urteile von Gutzat fokussieren.
-

Probanden

sind

DaF-Studierende

Gesellschaftswissenschaften

in

an

der

Ho-Chi-Minh-Stadt

Hochschule
und


die

für

Geistes-

Studierenden

an

und
der

Vietnamesisch-Deutschen Universität. Insgesamt haben 40 Studierende an der Forschung
teilgenommen.
- Zeit der Durchführung: Die Umfrage wurde am 13. Juni 2013 auf die Webseite
„surveymonkey“ hochgeladen. Am 18. Juni 2013 wurde die Umfrage beendet.
- Forschungsergebnisse:


Durch die Umfrage bestätigen 95% der Befragten, dass sie im Deutschunterricht oft

die Gelegenheit haben, zu zweit oder in einer Gruppe Arbeitsaufträge auszuführen und
miteinander über ein bestimmtes Thema zu diskutieren. Schon vor zwanzig Jahren, wo
die Deutschabteilung in Ho-Chi-Minh-Stadt neu gegründet worden ist, wurde bei der
Planung des Grundstudiums, den zwei ersten Studienjahren, festgelegt, dass in den
ersten Semestern die Studierenden auch andere Unterrichtsformen kennen lernen und
mit ihnen vertraut gemacht werden sollen. Gutzat (1996: 448) wendet zu genau diesem
Punkt ein, dass „über Aufgaben in Partnerarbeit die Studierenden an Gruppenarbeit

herangeführt werden, so dass sie Lernen nicht nur als Interaktion zwischen einem
einzelnen Studenten und dem Lehrer erfahren, sondern als einen Prozess, der zwischen
ihnen organisiert und vollzogen wird.“ Das heißt, die Studierenden konzentrieren sich
im DaF-Unterricht nicht nur auf die Erklärungen und Arbeitsanweisungen vom Lehrer,
sondern auch auf Beiträge der Kommilitonen. Glücklicherweise ist für 78% der
befragten Studierenden die Gruppenarbeit die beliebteste Unterrichtsform und 60% der
22


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