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stuber et al., das allgemeine gleichbehandlungsgesetz in der betrieblichen praxis (2006)

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Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National
bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über
abrufbar.
ISBN 3448068756 BestellNr. 071320001
ISBN ab 1.1.2007: 9783448068757
© 2006, Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co. KG
Niederlassung München
Redaktionsanschrift: Postfach, 82142 Planegg bei München
Hausanschrift: Fraunhoferstraße 5, 82152 Planegg bei München
Telefon: (089) 895 170,
Telefax: (089) 895 17290
www.haufe.de

Lektorat: Ulrich Leinz
Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen
Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie die Auswertung durch Datenbanken,
vorbehalten.
Redaktion: Dr. Stephanie Kaufmann
DesktopPublishing: Peter Böke
Umschlag: HERMANNKIENLE, 70199 Stuttgart
Druck: BoschDruck GmbH, 84030 Ergolding
Zur Herstellung dieses Buches wurde alterungsbeständiges Papier verwendet.
Das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz
in der betrieblichen Praxis
Michael
Stuber
DiplomWirtschaftsingenieur
unter Mitarbeit von
Sonja Leyendecker


Assessorin
Haufe Mediengruppe
Freiburg · Berlin · München · Würzburg
4
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 8
Die häufigsten Fragen zum neuen Recht 9
1 Die Gleichbehandlung in der betrieblichen Praxis 13
1.1 Das AGG in der Praxis 13
1.2 Die sechs Gleichbehandlungsmerkmale 14
1.3 Die vier Tatbestände 14
1.4 Die Ausnahmen vom Tatbestand 16
1.5 Die praktischen Auswirkungen 17
1.6 Die Anwendungsbereiche des AGG 17
1.7 Der Betroffene muss beweisen 17
1.8 Die praktische Umsetzung des AGG 18
2 Ihre Pflichten als ArbeitgeberIn 19
2.1 Das Benachteiligungsverbot 20
2.2 Das Maßregelungsverbot 20
2.3 Die Organisationspflichten 20
2.4 Informationspflichten 22
2.5 Die Pflicht zur Einrichtung einer internen
Beschwerdestelle 23
2.6 Die Dokumentationspflicht 24
2.7 Die Aufbewahrungspflicht 24
2.8 Die dauerhafte Überwachungspflicht 25
2.9 Die Kooperationspflichten 25
2.10 Die Pflicht zur sozialen Verantwortung 26
3 Nutzen und Vorteile des AGG für Ihr Unternehmen 27
3.1 Gesellschaftliche Veränderungen 27

3.2 Unternehmensinterne Veränderungen 29
3.3 Erfahrungen mit „Diversity“ in anderen Staaten 30
3.4 Vorteile für Ihr Unternehmen 31
Inhaltsverzeichnis
5
4 Ihre Instrumente gegen Diskriminierung 33
4.1 Trennen Sie zwei Diskriminierungsarten: Benachteiligung
und Belästigung 34
4.2 Schritt für Schritt gegen Benachteiligung vorgehen 37
4.3 Schritt für Schritt gegen Belästigungen vorgehen 43
5 Stellenbeschreibungen benachteiligungsfrei gestalten 48
5.1 Unterscheiden Sie zwischen Stellenbeschreibung und
Stellenausschreibung 48
5.2 So erkennen Sie die Schwachpunkte 51
5.3 Anleitung für eine benachteiligungsfreie Gestaltung der
Stellenbeschreibung 58
5.4 So gehen Sie richtig mit den Ansprüchen der
BewerberInnen um 66
6 So wählen Sie BewerberInnen benachteiligungsfrei
aus 68
6.1 Was bei der Auswahl zu beachten ist 68
6.2 So erkennen Sie Ihre Schwachpunkte 69
6.3 Anleitung für eine benachteiligungsfreie Gestaltung der
BewerberInnenauswahl 76
6.4 So gehen Sie mit Ansprüchen der BewerberInnen richtig
um 84
7 Gestalten Sie Ihr Vergütungssystem
benachteiligungsfrei 87
7.1 So vergüten Sie richtig 87
7.2 So decken Sie die Schwachpunkte auf 90

7.3 Anleitung für eine benachteiligungsfreie Gestaltung der
Vergütung 96
7.4 So gehen Sie mit den Ansprüchen der
ArbeitnehmerInnen richtig um 103
Inhaltsverzeichnis
6
8 So gestalten Sie benachteiligungsfreie
Arbeitsbedingungen 107
8.1 Vier Faktoren sind zu unterscheiden 107
8.2 So decken Sie die Schwachpunkte der betrieblichen
Praxis auf 109
8.3 Anleitung für eine benachteiligungsfreie Gestaltung der
Arbeitsbedingungen 114
8.4 So gehen Sie mit den Ansprüchen der Beschäftigten
richtig um 121
9 Aus und Weiterbildung benachteiligungsfrei
gestalten 124
9.1 Drei Bereiche sind zu unterscheiden 124
9.2 So decken Sie die Schwachpunkte auf 126
9.3 Anleitung für eine benachteiligungsfreie Gestaltung der
Aus und Weiterbildung 129
9.4 So gehen Sie richtig mit den Ansprüchen der
ArbeitnehmerInnen um 135
10 Gestalten Sie Ihre Personalentwicklung
benachteiligungsfrei 139
10.1 Drei Bereiche sind zu unterscheiden 139
10.2 So decken Sie die Schwachpunkte auf 143
10.3 Anleitung für eine benachteiligungsfreie Gestaltung der
Personalentwicklung 150
10.4 So gehen Sie richtig mit den Ansprüchen der

ArbeitnehmerInnen um 157
11 So führen Sie Entlassungen benachteiligungsfrei
durch 161
11.1 Unterscheiden Sie zwischen Aufhebung, Beendigung und
Kündigung 161
11.2 So decken Sie die Schwachpunkte auf 164
11.3 Anleitung für eine benachteiligungsfreie Gestaltung der
Entlassung 168
11.4 Ihr richtiger Umgang mit Ansprüchen der
ArbeitnehmerInnen 176
Inhaltsverzeichnis
7
12 Der benachteiligungsfreie KundInnenkontakt 180
12.1 Benachteiligungen im Zivilrechtsverkehr 180
12.2 So decken Sie die Schwachpunkte auf 182
12.3 Anleitung für eine benachteiligungsfreie Gestaltung des
Kundenkontakts 186
12.4 Ihr richtiger Umgang mit Ansprüchen von
InteressentInnen und KundInnen 191
13 Schaffen Sie eine benachteiligungsfreie
Unternehmenskultur 194
13.1 Unternehmenskultur: Was ist das eigentlich? 194
13.2 So decken Sie die Schwachpunkte Ihrer
Unternehmenskultur auf 197
13.3 Anleitung für eine belästigungsfreie Gestaltung der
Unternehmenskultur 202
13.4 So gehen Sie mit Belästigungsbeschwerden richtig um 209
14 DiversityControlling sorgt für dauerhafte Ergebnisse 213
14.1 DiversityControlling: Was ist das eigentlich? 213
14.2 So decken Sie Schwachpunkte auf 218

14.3 Anleitung für ein effektives DiversityControlling 224
15 Die rechtlichen Grundlagen des AGG 228
15.1 Die bisherige Rechtslage 228
15.2 Die Europäischen Richtlinien 229
15.3 Das AGG 230
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) 245
Stichwortverzeichnis 263
8
Vorwort
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
als ich vor bald 10 Jahren meine Diversity-Beratung gründete, war
Diversity nur in Fachkreisen bekannt. Seitdem hat das Thema Kar-
riere gemacht und viele Befürworter gewonnen. In größeren Unter-
nehmen gehört es inzwischen zum Alltag.
Aber auch auf politischer Ebene hat das Thema Einzug gehalten und
ist nun, gewissermaßen durch die Hintertür, für alle Arbeitgeber als
Folge des AGG verpflichtend geworden. Personalprozesse und Kun-
denkontakte müssen benachteiligungsfrei gestaltet werden; andern-
falls drohen Prozesse und Imageschäden.
Unternehmer empfinden die Verpflichtung durch das Gesetz häufig
als maßregelnd. Mit diesem Buch will ich auf einen Leitgedanken
des Gesetzes aufmerksam machen, den es angesichts gesellschaftli-
cher und ökonomisch rasanter Veränderungen nicht aus dem Blick
zu verlieren gilt: Unterschiede gezielt in die Management- und Per-
sonalprozesse einzubeziehen, erhöht die Produktivität, stärkt die
Innovationskraft und macht letztendlich Ihre Kunden zufriedener
und Ihr Unternehmen erfolgreicher.
Mit diesem Buch biete ich Ihnen daher an, die zentralen Personal-
prozesse in Ihrem Unternehmen gemeinsam zu überprüfen und –
soweit rechtlich erforderlich und unternehmerisch sinnvoll – neu

auszurichten. Nutzen Sie die Pflicht des Gesetzes als Chance, nutzen
Sie die Vielfalt Ihrer Belegschaft und Ihrer Kunden!
Wenn Sie Fragen oder Anregungen haben, finden Sie auf
www.ungleich-besser.de weitere Informationen. Autorenkontakt:

Viel Erfolg wünscht Ihnen
M
ichael Stuber
9
Die häufigsten Fragen zum neuen
Recht
War ein Gleichbehandlungsgesetz nötig?
Mit dem „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“ setzte die
Bundesregierung vier EU-Richtlinien aus den Jahren 2000, 2002 und
2004 um. Diese wollen, Diskriminierungen auf Grund von Rasse
oder ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschau-
ung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung
eines Menschen bekämpfen und verhindern.
Deutschland hat zusammen mit allen EU Staaten diese Richtlinien
erlassen, um die europäische Menschenrechtspolitik weiter umzu-
setzen und neuen Rahmenbedingungen der Wirtschaft wie Globali-
sierung und Migration zu begegnen.
Für Arbeitgeber ist es wirtschaftlich sinnvoll, die Regeln zu beachten
und eventuell benachteiligte Gruppen einzubinden und deren Po-
tenziale zu nutzen (siehe Kapitel 1, 2 und 15).
Auf welche Unternehmensbereiche wirkt sich
das AGG aus?
Das AGG betrifft viele Bereiche, vor allem aber die Bereiche Beschäfti-
gung und Beruf. Mit dem AGG müssen sich künftig alle Arbeitgeber-
Innen auf neue rechtliche Anforderungen an ihr Personalwesen ein-

stellen. Betroffen sind aber auch Rechtsbeziehungen zwischen Privat-
personen. So soll künftig verhindert werden, dass etwa Senioren mit
70 Jahren grundsätzlich keine Kredite mehr erhalten, ein gleichge-
schlechtliches Paar im Hotel kein Doppelbett erhält oder Behinderte
in Restaurants nicht erwünscht sind. Ihr Unternehmen muss also
künftig sicherstellen, dass Benachteiligungen sowohl von KundInnen
als auch Beschäftigten vermieden werden (siehe Kapitel 2, 12).
Die häufigsten Fragen zum neuen Recht
10
Drohen meinem Unternehmen künftig viele
Klagen?
Nach den Erfahrungen vieler anderer Länder ist keine Flut von Klagen
zu erwarten. Das AGG ermöglicht beispielsweise abgelehnten Be-
werberInnen, wenn Indizien beweisen, dass eine Benachteiligung
vorliegen könnte, Klage zu erheben. ArbeitgeberInnen müssen dann
nachweisen, dass dies nicht der Fall war. Dieses Buch bereitet Sie
darauf vor, Benachteiligungen zu erkennen und hilft Ihnen, Nach-
weise darüber zu führen, dass es keine Benachteiligung gegeben hat
(siehe Kapitel 1, 15).
Entstehen meinem Unternehmen zusätzliche
Kosten?
Es ist davon auszugehen, dass insbesondere für kleine und mittlere
Unternehmen, nur geringe oder keine zusätzlichen Kosten entste-
hen, wenn sie die Vorschriften umsetzen.
Ihnen entstehen am ehesten Kosten aus der Überprüfung Ihrer der-
zeitigen Personalpraxis und für Informationsaktivitäten. Doku-
mentationen Ihrer Personalprozesse sollten im Rahmen professio-
neller Personalarbeit ohnehin erfolgen.
Durch die Beachtung des AGG stellen Sie sicher, die Qualifikationen
und Potenziale all Ihrer Beschäftigten und der Märkte auszuschöpfen

(siehe Kapitel 2, 3).
Muss ich mein Personalwesen komplett neu
gestalten?
Das AGG soll verhindern, dass Menschen z. B. wegen ihrer sexuellen
Identität, ihres Alters oder ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt
werden. Sind Ihre Personalprozesse für alle Beschäftigten und Be-
werberInnen gleichermaßen fair und ist sichergestellt, dass niemand
benachteiligt wird, hat das Gesetz kaum Einfluss auf Ihre Personal-
praxis. Sie sollten jedoch systematisch überprüfen, ob dies der Fall
ist. Hierfür liefert dieses Buch eine Anleitung (siehe Kapitel 5, 12).
Die häufigsten Fragen zum neuen Recht
11
Wie kann ich mein Unternehmen auf das AGG
vorbereiten?
Das AGG schreibt keine spezifischen Maßnahmen vor. Um sich
jedoch vor Schadenersatzklagen zu schützen, sollten Sie Ihre Be-
schäftigten über das Gesetz informieren und Ihre Personalprozesse
bzw. Ihre Unternehmenskultur auf Benachteiligungs- bzw. Belästi-
gungspotenziale hin überprüfen. Durch Informationsveranstaltun-
gen, Schulungen, Broschüren oder im Intranet können Führungs-
kräfte und MitarbeiterInnen darüber informiert werden, was
konkret zu beachten ist (siehe Kapitel 4, 13, 14).
Mein Unternehmen diskriminiert doch
niemanden, oder?
Nicht immer sind Benachteiligungen offensichtlich oder leicht er-
kennbar. Sie können subtil auftreten, beispielsweise wenn Frauen
überwiegend wenig anspruchsvolle Aufgaben erhalten. Dieses Buch
hilft Ihnen, die verschiedenen Formen von Benachteiligung und die
negativen Auswirkungen für die Beteiligten und für Ihr Unterneh-
men oder Ihre Organisation zu erkennen (siehe Kapitel 4, 7, 11).

Wer muss die Benachteiligung beweisen?
Das AGG sieht eine Beweislasterleichterung vor, jedoch keine Be-
weislastumkehr. Das bedeutet, dass Betroffene Indizien beweisen
müssen, die eine Diskriminierung oder Belästigung vermuten lassen.
Dann muss der Beklagte, meist der Arbeitgeber, beweisen, dass keine
Benachteiligung oder Belästigung vorgelegen hat. Daher sollten Sie
rechtzeitig Benachteiligungspotenziale erkennen, diese auflösen und
sich darauf vorbereiten, den Nachweis der Nichtbenachteiligung zu
führen (siehe Kapitel 1.7, 4).
Die häufigsten Fragen zum neuen Recht
12
Führt das AGG zu umgekehrter
Diskriminierung?
Das AGG führt nicht dazu, dass einzelne Gruppen künftig bevorzugt
behandelt werden. Spezifische Fördermaßnahmen – z. B. Frauenför-
derprogramme oder Maßnahmen für Menschen mit Behinderun-
gen – bleiben weiterhin zulässig.
Lohnt sich eine Vorbereitung auf das AGG?
Wie hoch ist das Risiko?
Bislang existierten nur wenige Antidiskriminierungsregelungen im
deutschen Arbeitsrecht. Deshalb ist es kaum möglich abzuschätzen,
wie groß das Potenzial für Vorwürfe auf Basis des AGG für Sie sein
wird. Auch die konkreten Auswirkungen können noch nicht abge-
schätzt werden – jedenfalls drohen Ihnen keine Schadenersatzforde-
rungen in Millionenhöhe wie das in den USA der Fall sein kann. Das
Risiko negativer Schlagzeilen besteht aber auch hier. Arbeitgeber
sehen hierin eine wesentliche Gefahr, da das Image und Ansehen
immer wichtiger für den Markterfolg, den Erfolg auf Finanzmärkten
und bei Fachkräften wird.
13

1 Die Gleichbehandlung in der
betrieblichen Praxis
Durch das Inkrafttreten des AGG ergeben sich für Sie als Arbeitge-
berIn vielfältige Anforderungen an eine benachteiligungs- und belä-
stigungsfreie Gestaltung Ihrer Personalprozesse und Ihrer Unter-
nehmenskultur. Dieses Kapitel stellt die Grundlagen des Konzepts
„Allgemeine Gleichbehandlung“ und die Kerninhalte des AGG im
Überblick dar. Eine detaillierte Darstellung der rechtlichen Grundla-
gen finden Sie in Kapitel 15.
1.1 Das AGG in der Praxis
Basierend auf drei Richtlinien der Europäischen Union
1
trat zum
01.08.2006 in Deutschland das AGG in Kraft, das zuvor unter dem
Namen „Antidiskriminierungsgesetz“ für kontroverse politische und
gesellschaftliche Diskussionen gesorgt hat.
Achtung: Lassen Sie sich nicht von Begriffen in die Irre führen!
Das AGG ersetzt die Begriffe „Diskriminierung“ durch „Benachteiligung“
und im Gesetzestitel „Antidiskriminierung“ durch „Gleichbehandlung“.
Damit zog man vor allem Konsequenzen aus den heftigen emotionalen
Reaktionen auf die ersten Entwürfe eines Antidiskriminierungsgesetzes.
Der Begriff „Diskriminierung“ löst in Deutschland – vor dem Hintergrund
unserer Geschichte – starke negative Gefühle aus. Dies ist auch für Sie
bei der innerbetrieblichen Arbeit von Bedeutung. Es ist daher wichtig,
dass Sie zwischenmenschliche Aspekte im Auge behalten und das AGG
nicht als formalistische Übung betrachten. Dabei müssen Sie auch be
achten, dass die Begriffe „Gleichbehandlung“ und „Benachteiligung“
häufig nicht wörtlich im umgangssprachlichen Sinn interpretiert wer
den dürfen. Sie wurden gewählt, „um deutlich zu machen, dass nicht
j

ede unterschiedliche Behandlung, die mit der Zufügung eines Nachteils

1
2000/43/EG, 2000/78/EG und 2002/73/EG.
1 Die Gleichbehandlung in der betrieblichen Praxis
14
verbunden ist, diskriminierenden Charakter hat“. Es gibt indessen auch
Fälle der zulässigen unterschiedlichen Behandlung. Umgekehrt müssen
Sie jedoch beachten, dass Gleichbehandlungen nicht selten zu unge
rechtfertigen Benachteiligungen führen, wenn man Unterschiede igno
riert. Auch existieren viele subtile Formen von Diskriminierung, die
durch unser Alltagsverständnis von Benachteiligung nicht abgedeckt
sind. Achten Sie deshalb in der betrieblichen Umsetzung des AGG au
f
die Definitionen, Merkmale und Geltungsbereiche – dieses Buch stellt
hierfür eine systematische Hilfestellung dar. In allen Kapiteln werden
die Begriffen Benachteiligung, Diskriminierung oder Gleichbehandlung
so verwendet, wie es der Autor für effektiv im Sinne der Verständlich
keit erachtet.
Das Gesetz normiert ein zentrales Benachteiligungsverbot hinsicht-
lich sechs verschiedener Merkmale für den arbeits- und zivilrechtli-
chen Bereich. Es gibt vier verschiedene Arten des Verstoßes gegen
dieses Verbot, die verschiedene Rechte der Beschäftigten nach sich
ziehen und als deren Kehrseite Sie als ArbeitgeberIn eine ganze Reihe
von Pflichten treffen.
1.2 Die sechs Gleichbehandlungsmerkmale
Das Gesetz beinhaltet insgesamt sechs Merkmale auf Grund derer
keine Benachteiligung erfolgen darf:
1. Alter
2. Behinderung

3. Rasse/ethnische Herkunft
4. Geschlecht
5. Religion/Weltanschauung
6. Sexuelle Identität.
1.3 Die vier Tatbestände
Mit Blick auf diese Merkmale definiert das Gesetz vier verschiedene
Tatbestände, die jeweils einen Verstoß gegen das Benachteiligungs-
verbot darstellen:
Die vier Tatbestände 1
15
1. Tatbestand: Die unmittelbare Benachteiligung
Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person we-
gen eines Merkmals eine weniger günstige Behandlung erfährt, als
eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfah-
ren hat oder erfahren würde.
Beispiel: Ignoriert auf Grund des Alters
Ein/eine BewerberIn wird auf Grund seines/ihres Alters nicht zum Vor
stellungsgespräch eingeladen. Hierbei handelt es sich um einen Fall der
unmittelbaren Benachteiligung.
2. Tatbestand: Die mittelbare Benachteiligung
Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach
neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen
eines Merkmals gegenüber anderen Personen in besonderer Weise
benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften,
Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich
gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels ange-
messen und erforderlich.
Beispiel: Unfairer Ausschluss
Eine Weiterbildungsveranstaltung findet in Räumlichkeiten statt, die
für RollstuhlfahrerInnen nicht zugänglich sind. Hierbei handelt es sich

um einen Fall von mittelbarer Belästigung.
3. Tatbestand: Die Belästigung
Eine Belästigung liegt vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen,
die mit einem Merkmal in Zusammenhang stehen, bezwecken oder
bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein
von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdi-
gungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen
wird.
Beispiel: Feindliche Witze
Ein/eine MitarbeiterIn erzählt am Arbeitsplatz wiederholt schwulen
feindliche Witze. Hierbei handelt es sich um einen Fall von Belästigung.
1 Die Gleichbehandlung in der betrieblichen Praxis
16
4. Tatbestand: Die sexuelle Belästigung
Um eine sexuelle Belästigung handelt es sich, wenn ein uner-
wünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte
sexuelle Handlungen und Aufforderungen, sexuell bestimmte kör-
perliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie uner-
wünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen
Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der
betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Ein-
schüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen
oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
Beispiel: Pornokalender im Büro
Im Büro haben Kalender mit pornografischen Darstellungen nichts zu
suchen. Hängen solche an der Wand, kann ein Fall der sexuellen Belä
stigung vorliegen.
Achtung:
Eine Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen. Sie ist
auch dann gegeben, wenn der/die Benachteiligende das Vorhandensein

eines Merkmals irrig annimmt. Auch die Anweisung zu einer Benachtei
ligung wird mit dieser selbst gleichgesetzt.
1.4 Die Ausnahmen vom Tatbestand
Ausnahmen vom Tatbestand der Benachteiligung gelten für beson-
dere berufliche Merkmale und Anforderungen, für bestimmte Kon-
stellationen im Hinblick auf das Alter und für positive Maßnahmen.
Beispiel: Minderheiten bevorzugt
Eine zulässige unterschiedliche Behandlung kann beispielsweise vorlie
gen, wenn eine Organisation der in Deutschland anerkannten nationalen
Minderheiten Personen bevorzugt einstellt, die diesen jeweiligen Gruppen
angehören.
Näheres hierzu finden Sie in Kapitel 15.
Die praktischen Auswirkungen 1
17
1.5 Die praktischen Auswirkungen
Der Tatbestand der unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligung
betrifft im Wesentlichen Ihre Unternehmensprozesse. Im Gegensatz
dazu betrifft der Tatbestand der Belästigung vor allem Ihre Unter-
nehmenskultur.
1.6 Die Anwendungsbereiche des AGG
1.6.1 Der arbeitsrechtliche Bereich
Das Gesetz umfasst eine Reihe von Anwendungsbereichen, die die
gesamte Wertschöpfungskette des Personalmanagements abdecken:
• Zugang zur Beschäftigung (Suche, Auswahl, Einstellung)
• Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen (inklusive Arbeitsent-
gelt und Entlassung)
• Mitgliedschaft in Organisationen (inklusive Gewerkschaften)
1.6.2 Der zivilrechtliche Bereich
Zudem wird auch ein Teil des zivilrechtlichen Bereichs mit einem
Benachteiligungsverbot belegt. Hierauf wird in Kapitel 12 ausführ-

lich eingegangen.
1.7 Der Betroffene muss beweisen
Das Gesetz bestimmt in § 22, dass der/die Betroffene die ungünstige
Behandlung beweisen und Indizien beweisen muss, die eine Be-
nachteiligung oder Belästigung vermuten lassen. Der/die Beklagte,
im Allgemeinen Sie als ArbeitgeberIn, muss dann nachweisen, dass
keine solche vorgelegen hat oder zulässig war (so genannte Beweis-
lasterleichterung).
Achtung:
Um unternehmensintern die Maßgaben des AGG zu erfüllen und gege
benenfalls den Beweis der Benachteiligungsfreiheit führen zu können,
müssen Sie im Allgemeinen Auditierungen Ihrer Personalprozesse und
Analysen Ihrer Unternehmenskultur sowie gegebenenfalls Anpassungen
derselben vornehmen.
1 Die Gleichbehandlung in der betrieblichen Praxis
18
1.8 Die praktische Umsetzung des AGG
Insgesamt wird deutlich, dass das Konzept „Gleichbehandlung“
vielschichtig ist. Zusammen mit Konzepten, die für das deutsche
Rechtssystem neu sind, entsteht ein komplexes Handlungsfeld, das
nur teilweise durch juristische Ansätze abgedeckt werden kann.
Daher wählt dieses Buch bewusst eine pragmatische, management-
orientierte Perspektive bei der Bearbeitung des Themas. Es basiert
auf fundierten Kenntnissen der Konzepte, die den EU-
Antidiskriminierungsrichtlinien, dem AGG und damit auch der
künftigen Rechtsprechung für diesen Bereich zugrunde liegen. Juri-
stische Analysen und Empfehlungen nimmt das Buch nur ansatz-
weise vor (vgl. Kapitel 15). Dagegen stehen praktische Herange-
hensweisen und präventive Umsetzungsmöglichkeiten im Vorder-
grund.

19
2 Ihre Pflichten als ArbeitgeberIn
Das AGG beinhaltet eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Vorschriften zur
Schaffung und Erhaltung eines benachteiligungsfreien Arbeitsum-
felds. Dadurch kommen auf Sie als ArbeitgeberIn eine Reihe unter-
schiedlicher Pflichten zu.
Achtung:
Noch gibt es keine Rechtsprechung. In den gerichtlichen Verfahren wer
den aber zukünftig Konkretisierungen und Detaillierungen vorgenommen,
die zu mehr Rechtssicherheit führen.
Dieses Kapitel beschreibt folgende Pflichten, die Sie als Arbeitgeber-
In beachten müssen:
Übersicht: Arbeitgeberpflichten
Pflichten Paragraph Kapitel
Benachteiligungsverbot § 7 2.1
Maßregelungsverbot § 16 2.2
Organisationspflichten 2.3
• Schutzpflichten § 12 Abs. 1 2.3.1
• Sanktionspflichten § 12 Abs. 3 2.3.2
• Prüfungs und Mitteilungspflichten § 13 Abs. 1 S. 2 2.3.3
Informationspflichten 2.4
• Hinweis und Schulungspflichten § 12 Abs. 2 2.4.1
• Bekanntmachungspflichten 2.4.2
Pflicht zur Schaffung einer internen Beschwer
destelle
§ 13 2.5
Dokumentationspflicht 2.6
Aufbewahrungspflicht § 15 Abs. 4 2.7
Dauerhafte Überwachungspflicht/Monitoring 2.8
Kooperationspflichten 2.9

Pflicht zu sozialer Verantwortung § 17 Abs. 1 2.10
2 Ihre Pflichten als ArbeitgeberIn
20
Diese Aufgaben bestehen in allen Geltungsbereichen des Gesetzes,
nehmen allerdings in den verschiedenen Personalmanagement-
Disziplinen unterschiedliche Gestalt und Intensität an.
2.1 Das Benachteiligungsverbot
Aus § 7 AGG als zentraler Norm ergibt sich für Sie als ArbeitgeberIn
(aber auch für KollegInnen und Dritte) in erster Linie ein umfassen-
des Benachteiligungsverbot hinsichtlich aller sechs Benachteili-
gungsmerkmale (Näheres dazu siehe unten in Kapitel 15).
Jede Verletzung dieses Verbots löst nicht nur die in § 15 AGG nor-
mierten Entschädigungs- und/oder Schadensersatzansprüche von
benachteiligten MitarbeiterInnen oder BewerberInnen aus, sondern
stellt zudem auch eine Verletzung Ihrer arbeitsvertraglichen Pflich-
ten gemäß § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar, wie § 7
Abs. 3 AGG zur Verdeutlichung ausführt. Entsprechendes gilt für
den vorvertraglichen Bereich gemäß § 311 Abs. 2 BGB.
2.2 Das Maßregelungsverbot
Gemäß § 16 AGG dürfen diejenigen Beschäftigten nicht benachtei-
ligt werden, die ihre Rechte aus diesem Gesetz wahrnehmen. Dieser
Schutz wird ausgedehnt auf Personen, die die Beschäftigten unter-
stützen sowie auf ZeugInnen. Die Ausführung einer Anweisung, die
andere Beschäftigte benachteiligen würde, wäre nach § 7 Abs. 1
ebenso rechtswidrig wie die Erteilung der Anweisung selbst. Die
Weigerung, eine derartige Weisung auszuführen, darf vom Arbeit-
geber nicht mit Sanktionen belegt werden.
2.3 Die Organisationspflichten
Zu den Organisationspflichten gehören die Schutz-, Sanktions-,
Prüfungs- und Mitteilungspflichten:

Die Organisationspflichten 2
21
2.3.1 Schutzpflichten
Sie sind gemäß § 12 Abs. 1 AGG verpflichtet, die erforderlichen
Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung und Belästigung zu
treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen. Was
erforderlich ist, bestimmt sich nach objektiven Gesichtspunkten.
Welche Maßnahmen geboten sind, kann je nach Größe und Struk-
tur des Betriebs unterschiedlich ausfallen. Die Verpflichtung besteht
nur insoweit, wie Sie als ArbeitgeberIn dazu rechtlich und tatsäch-
lich in der Lage sind.
Achtung:
Wichtig ist, dass Beschäftigte mit geeigneten Maßnahmen vor Benach
teiligungen durch andere Beschäftigte und Dritte geschützt werden
müssen (Näheres dazu im Kapitel 15). Allein aus diesem Grund ist es
sinnvoll, wenn Sie ein unbürokratisches, niederschwelliges, internes
Beschwerdeinstrument schaffen, um zeitnah Kenntnis von Benachteili
gungsfällen oder potenzialen zu erlangen und schnell und effizient
geeignete Maßnahmen ergreifen zu können.
Wenn Ihre Beschäftigten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit durch
Dritte (z. B. KundInnen, GeschäftspartnerInnen) benachteiligt wer-
den, haben Sie gemäß § 12 Abs. 4 AGG ebenfalls die im Einzelfall
geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum
Schutz der Beschäftigten zu ergreifen.
2.3.2 Sanktionspflichten
Im Falle des Verstoßes eines/einer Mitarbeiters/in gegen das Be-
nachteiligungsverbot müssen Sie gemäß § 12 Abs. 3 AGG die im
Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen disziplina-
rischen Maßnahmen, wie z. B. Abmahnung, Umsetzung, Versetzung
oder Kündigung, zur Unterbindung einer Benachteiligung treffen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die einzelne Maßnahme verhält-
nismäßig sein muss, d. h. der verfolgte Zweck muss mit dem Mittel
überhaupt erreicht werden können, es darf keine mildere Maßnah-
me mit demselben Erfolg möglich sein und der beabsichtigte Zweck
darf nicht außer Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehen.
2 Ihre Pflichten als ArbeitgeberIn
22
2.3.3 Prüfungs und Mitteilungspflichten
Nach § 13 Abs. 1 S. 2 AGG haben Sie eine bei der zuständigen Stelle
des Betriebs oder Unternehmens eingelegte Beschwerde zu prüfen
und das Ergebnis dem/der BeschwerdeführerIn mitzuteilen. Gerade
für den Fall, dass Sie der Beschwerde – aus welchen Gründen auch
immer nicht abhelfen – sollte die Mitteilung möglichst ausführlich
sein. Sofern dies tatsächlich möglich ist, empfiehlt es sich, eine spe-
zielle Beschwerdestelle einzurichten, deren Mitglieder über eine
hohe Verhandlungs- und Schlichtungskompetenz verfügen. Zudem
sollten Sie für eine möglichst enge Vernetzung zwischen Ihnen und
dieser Stelle sorgen.
2.4 Informationspflichten
Zu den Informationspflichten gehören zum einen die Hinweis- und
Schulungspflichten und zum anderen die Bekanntmachungspflich-
ten.
2.4.1 Hinweis und Schulungspflichten
Gemäß § 12 Abs. 2 AGG haben Sie die Pflicht, auf die Unzulässigkeit
von Benachteiligungen hinzuweisen und darauf hinzuwirken, dass
solche Benachteiligungen unterbleiben.
Beispiel: Rechtzeitige Aufmerksammachen
Ihrer Hinweispflicht kommen Sie beispielsweise nach, wenn Sie aus
drücklich auf die Unzulässigkeit von Benachteiligungen in der nächsten
Betriebsversammlung hinweisen. In diesem Fall können Sie gemäß § 43

Abs. 3 S. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vom Betriebsrat, sofern
dieser bei Ihnen vorhanden ist, verlangen, dass er eine Versammlung
einberuft und diesen Punkt auf die Tagesordnung setzt.
Diese Pflicht besteht nur, soweit wie Sie dazu rechtlich und auch
tatsächlich in der Lage sind. Wichtig ist daher, dass Sie allen Mitar-
beiterInnen deutlich machen, dass Benachteiligungen unzulässig
sind und daher zu unterbleiben haben.
Die Pflicht zur Einrichtung einer internen Beschwerdestelle 2
23
Achtung:
Wenn Sie sich erfolgreich darauf berufen wollen, dass Sie alles Notwen
dige getan haben, dann sollten Sie Ihre Beschäftigten umfassend und
im Hinblick auf Ihre spezielle betriebliche Situation schulen. Alle damit
verbundenen Maßnahmen sollten Sie dokumentieren und aufbewahren,
damit Sie im Fall einer (gerichtlichen) Auseinandersetzung die erforder
lichen Beweise erbringen können.
2.4.2 Bekanntmachungspflichten
Das AGG müssen Sie im Betrieb genauso bekanntmachen wie § 61b
Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) sowie Informationen über die für die
Behandlung von Beschwerden zuständigen Stellen. Die Bekanntma-
chung kann durch Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle
oder den Einsatz der im Betrieb üblichen Informations- und Kom-
munikationstechnik (z. B. Intranet) erfolgen.
2.5 Die Pflicht zur Einrichtung einer internen
Beschwerdestelle
Obwohl § 13 AGG nur von einem Beschwerderecht der Beschäftig-
ten bei der zuständigen Stelle des Betriebs oder Unternehmens
spricht, erscheint die Einrichtung einer möglichst kompetenten und
effizienten Stelle sinnvoll. Mangels gesetzlicher Konkretisierungen
haben Sie als ArbeitgeberIn einen umfassenden Spielraum hinsicht-

lich der genauen Ausgestaltung. Angesichts der Tatsache, dass eine
Beschwerde gemäß § 13 Abs. 1 AGG umfassend zu prüfen und das
Ergebnis dem/der Betroffenen mitzuteilen ist, empfiehlt es sich, eine
Stelle mit entsprechender Ermittlungskompetenz einzurichten.
Diese kann beispielsweise paritätisch mit Mitgliedern aus Arbeit-
nehmerInnen- und ArbeitgeberInnenkreisen besetzt sein. Wichtig
ist, dass die dort tätigen Personen über eine hohe Schlichtungskom-
petenz verfügen, um einem gerichtlichen Verfahren vorzubeugen.
2 Ihre Pflichten als ArbeitgeberIn
24
Achtung:
Im Rahmen einer Ermittlung sollten Sie immer zuerst an ein Gespräch
zwischen den betroffenen Parteien denken, um den Vorfall möglichst
einvernehmlich regeln zu können. Zudem sollten Sie beachten, dass es
im Einzelfall durchaus sinnvoll sein kann, weitere Personen (z. B.
die/den Gleichstellungsbeauftragte/n, Mitglieder des Betriebsrats) in das
Beschwerde bzw. Schlichtungsverfahren einzubeziehen.
2.6 Die Dokumentationspflicht
Aus dem AGG ergibt sich schließlich – gerade im Hinblick auf dro-
hende Entschädigungs- und/oder Schadensersatzansprüche – eine
umfassende Dokumentationspflicht Ihrerseits. Ein Vorwurf der
Benachteiligung kann sich richten gegen:
• alle Personalmaßnahmen und -entscheidungen, die Sie in Ihrem
Unternehmen zukünftig treffen
• das Verhalten von KollegInnen und Dritten gegenüber Ihren
Beschäftigten
• Ihr Verhalten gegenüber InteressentInnen und KundInnen
Auf Grund der Beweislasterleichterung liegt es nach erfolgreichem
Beweis einer ungünstigen Behandlung und erfolgreichem Indizien-
beweis einer Benachteiligung an dem/der Beklagten – meist Ihnen

als ArbeitgeberIn – darzulegen und zu beweisen, dass keine solche
vorgelegen hat oder dass diese ausnahmsweise zulässig war. Dies
wird Ihnen vor allem dann gelingen, wenn Sie nachvollziehbar fest-
halten, welche Gründe oder Kriterien zu einer bestimmten Maß-
nahme, Entscheidung oder einem bestimmten Verhalten geführt
haben.
2.7 Die Aufbewahrungspflicht
Ihre umfassenden und genauen Dokumentationen müssen Sie im
Hinblick auf die Klagefrist über einen Zeitraum von mindestens fünf
Monaten aufbewahren. Gemäß § 15 Abs. 4 AGG besteht eine Frist
zur schriftlichen Geltendmachung von Ansprüchen im außerge-
Die dauerhafte Überwachungspflicht 2
25
richtlichen Bereich von zwei Monaten ab Kenntnis. Eine Ausnahme
gilt, wenn ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung eine län-
gere Frist vorsehen. Gemäß § 61b Abs. 1 ArbGG gilt eine Klagefrist
für Entschädigungen von drei Monaten nach Geltendmachung eines
Anspruchs. Es ist davon auszugehen, dass auf Grund dieser neuarti-
gen Dokumentationspflicht auch die entsprechenden datenschutz-
rechtlichen Normen geändert bzw. angepasst werden.
Achtung:
Zwar spricht das Gesetz ausdrücklich nur von einer Frist für eine Klage
auf Entschädigung. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch für Kla
gen auf Schadensersatz diese kurze Frist gilt. Der/die ArbeitgeberIn soll
laut Gesetzesbegründung nicht mit einer über Gebühr langen Aufbe
wahrungspflicht entsprechend der allgemeinen Verjährung belastet
werden.
2.8 Die dauerhafte Überwachungspflicht
Mit Blick auf drohende Benachteiligungs- und Belästigungsvorwürfe
ergibt sich aus dem AGG die Pflicht, Ihre Unternehmenskultur sowie

die Neutralität Ihrer Personalprozesse regelmäßig zu überprüfen. Dies
wird ausführlich unten in Kapitel 13 behandelt.
2.9 Die Kooperationspflichten
Kooperationspflichten sind mit einer Ausnahme im AGG nicht
geregelt. Dennoch bieten sich Kooperationen mit dem Betriebsrat,
der Frauen- oder Schwerbehindertenbeauftragten und weiteren
Institutionen und Personen an, die sich für die ArbeitnehmerInnen-
belange einsetzen.
Zum einen sorgt eine solche Kooperation dafür, dass die Beschäf-
tigten erkennen, dass Ihnen das Thema Antidiskriminierung wichtig
ist.
Zum anderen zeigt es, dass Sie sich nicht nur an die rechtlichen
Vorgaben halten, sondern auch darüber hinaus engagiert sind. Au-
ßerdem führen solche Kooperationen, wenn sie auch extern kom-
2 Ihre Pflichten als ArbeitgeberIn
26
muniziert werden, zu einer Steigerung des öffentlichen Ansehens
Ihres Unternehmens. Schließlich können Sie durch Kooperationen
schneller und umfassender Kenntnis von Problemfällen erlangen
und entsprechend tätig werden.
Vor allem mit dem Betriebsrat erscheint eine Zusammenarbeit mit
Blick auf dessen Möglichkeit, gemäß § 17 Abs. 2 AGG, § 23 Abs. 3
S. 1 BetrVG auf Unterlassung, Duldung oder Vornahme einer be-
stimmten Handlung zu klagen, sinnvoll.
2.10 Die Pflicht zur sozialen Verantwortung
In § 17 Abs. 1 AGG ist ausdrücklich geregelt, dass die Tarifvertrags-
parteien, ArbeitgeberInnen, Beschäftigte und deren Vertretungen
aufgefordert sind, im Rahmen ihrer Aufgaben und Handlungsmög-
lichkeiten an der Verwirklichung des Ziels „Gleichbehandlung“
mitzuwirken. Die Verwirklichung des Benachteiligungsverbots

durch eine Beobachtung der betrieblichen Praxis, durch Tarifverträ-
ge, Verhaltensregeln, Forschungsprojekte und Erfahrungsaustausch
soll gefördert werden.

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